Rz. 5
§ 14 ErbStG kann nur bei Erwerben von denselben Personen angewendet werden, d.h. bei jedem Erwerb ist Personenidentität sowohl des Erwerbers wie des Zuwendenden in natura und rechtlich erforderlich. Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolge führt zur Änderung der Personenidentität. Deshalb ist der Erwerb von einem Gesamtrechtsnachfolger (Erben) grundsätzlich kein Erwerb vom Rechtsvorgänger (Erblasser). Vom künftigen Erblasser angefallene Vermögensvorteile können bei der Besteuerung der Abfindung, die von künftigen gesetzlichen Erben für den vor dem Ableben des Erblassers vereinbarten Pflichtteilsverzicht gezahlt wird, nicht als Vorerwerb berücksichtigt werden.
Aufgrund der Sonderregelung der Vor- und Nacherbschaft ergeben sich Auswirkungen auf die Zusammenrechnung. Nach § 6 ErbStG gilt der Nacherbe abweichend vom Zivilrecht als Erbe des Vorerben. Überträgt ein Vorerbe mit Rücksicht auf die angeordnete Nacherbschaft Vermögen auf den Nacherben, handelt es sich auch dann um einen gemäß § 14 Abs. 1 ErbStG mit einem späteren Erwerb des Nacherben vom Vorerben zusammenzurechnenden Erwerb vom Vorerben, wenn der Nacherbe nach §§ 6 Abs. 2 S. 2, 7 Abs. 2 S. 1 ErbStG beantragt, der Versteuerung der Vermögensübertragung sein Verhältnis zum Erblasser zugrunde zu legen. Eine Zusammenrechnung mit Erwerben vom ursprünglichen Erblasser findet nach h.M. nicht statt; der Antrag betrifft nur die Anwendung der Steuerklasse.
Bei Aufhebung einer Stiftung etc. (vgl. § 7 Abs. 1 Nr. 9 ErbStG) findet fiktiv ein Erwerb vom Stifter oder von der Person, die das Vermögen übertragen hat, statt. Dies kann relevant sein, wenn der Stifter dem Erwerber auch persönlich etwas geschenkt hat. § 15 Abs. 2 S. 2 ErbStG betrifft nur die Steuerklasse.
Gilt bei einem Berliner Testament die Schlusserbschaft als Erwerb vom Erstverstorbenen (§ 15 Abs. 3 ErbStG), ist der Erwerb des Schlusserben nur mit Vorerwerben von diesem zusammenzurechnen. Eine Zusammenrechnung mit Vorerwerben vom Letztverstorbenen kommt zusätzlich dann in Betracht, wenn gleichzeitig Vermögen des Letztverstorbenen erworben wird. Ohne Anwendung des § 15 Abs. 3 ErbStG kann es nur im Verhältnis des Schlusserben zum letztversterbenden Ehegatten zur Zusammenrechnung kommen.
Erhält ein Zwischenerwerber Vermögen mit der Auflage zur aufschiebend bedingten Weitergabe, erwirbt der Letzterwerber vom Schenker und nicht vom Zwischenerwerber. Eine Zusammenrechnung ist daher nur mit Vorerwerben vom ursprünglichen Schenker möglich. Durch Einschaltung eines "Zwischenerwerbers mit Weitergabeverpflichtung" kann die Zusammenrechnung demnach nicht vermieden werden.
Zur Personengleichheit beim Verzicht auf Renten- oder Nutzungsrechte siehe noch H E 14.1 (am Ende) ErbStH 2019.
Rz. 6
Bei Erwerben von oder durch eine Personengesellschaft kommt es bzgl. des Zuwendenden und des Erwerbers auf den einzelnen Gesellschafter und dessen quotale Beteiligung an. Wendet V einer Personengesellschaft etwas zu, an der seine Kinder A und B Gesellschafter sind, liegt je eine Zuwendung von V an A bzw. an B vor. Wendet eine Personengesellschaft zu Lasten des Gesellschafters V seinen Kindern A und B als Gesellschaftern etwas zu, liegen anteilig Zuwendungen des V an A bzw. an B vor. Wird die Personengesellschaft vor einer weiteren Zuwendung in eine GmbH umgewandelt und wendet die GmbH dem A und B erneut etwas zu, liegt m.E. kein Erwerb von derselben Person vor. Wendet eine GmbH den Gesellschaftern A und B und später der Hauptgesellschafter V den Gesellschaftern A und B etwas zu, liegen Erwerbe von verschiedenen Personen vor. Grundsätzlich sind Kapitalgesellschaften (Körperschaften, z.B. auch Stiftungen) und ihre Gesellschafter/Mitglieder/Destinatäre verschiedene Personen.
Bei einer Schenkung durch eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft i.S.v. § 7 Abs. 8 ErbStG schreibt § 15 Abs. 4 ErbStG aus Billigkeitsgründen vor, der Besteuerung das persönliche Verhältnis des Erwerbers zu derjenigen unmittelbar oder mittelbar beteiligten natürlichen Person oder Stiftung zugrunde zu legen ist, durch die sie veranlasst ist. D.h. die Berechnung der Steuer richtet sich nach der Steuerklasse des Erwerbers im Verhältnis zu der betreffenden unmittelbar oder mittelbar beteiligten natürlichen Person oder der beteiligten Stiftung. In diesem Fall gilt die Schenkung bei der Zusammenrechnung früherer Erwerbe als Vermögensvorteil, der dem Bedachten von dieser beteiligten Person anfällt. Die Zuwendung der Kapitalgesellschaft ist ebenso bei späteren Schenkungen des veranlassenden Gesellschafters, der Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft oder anderer Kapitalgesellschaften oder Genossenschaften, an der der veranlassende Gesellschafter beteiligt ist, nach § 14 ErbStG zu berücksichtigen. Lt. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages v. 21.10.2011 regelt § 15 Abs. 4 (neu) ErbStG lediglich die Rechtsfolgen der Schenkung. Die Kapitalgesellschaft bleibt Schenker, so dass sich hinsichtlich der Steuerpflicht (§ 2 ErbStG) und der ...