Rz. 7
Beginn und Ende der 10-Jahresfrist sind vom Datum der Entstehung der Steuer nach § 9 ErbStG, d.h. vom jeweiligen Besteuerungszeitpunkt, abhängig. Durch aufschiebende Bedingungen, betagtes Vermächtnisse etc. kann der Entstehungszeitpunkt in die Zukunft gelegt, durch Widerrufsklauseln rückwirkend aufgehoben werden. In § 9 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a–j ErbStG wird für verschiedene Fälle der Erwerbe von Todes wegen abweichend vom Regelentstehungszeitpunkt "Tod der Erblassers" ein besonderer späterer Entstehungszeitpunkt bestimmt. Insofern können bei einem Erben/Bedachten zeitversetzte Erwerbe vorliegen. Diese sind nach Maßgabe des § 14 ErbStG zusammenzurechnen, es sei denn, dass dazwischen – beabsichtigterweise – mehr als 10 Jahre liegen. Entsprechendes gilt bei Schenkungen, z.B. bei aufschiebend bedingten Schenkungen. Näheres zum Zeitpunkt der Entstehung siehe Erläuterungen zu § 9 ErbStG.
Rz. 8
Für die Anwendung des § 14 ErbStG müssen die Erwerbe innerhalb eines 10-Jahreszeitraums liegen. Bei der Anwendung des § 14 Abs. 1 S. 1 ErbStG werden nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG hintereinander geschaltete Zeiträume von 10 Jahren zugrunde gelegt, zu einer Ausnahme siehe Rdn 9.
Die 10–Jahresfrist ist nach den allgemeinen Regeln der Fristenberechnung zu ermitteln (§§ 187 ff. BGB, § 108 Abs. 1 AO). Der Einbezug der Vorerwerbe erfolgt durch eine Rückwärtsrechnung vom (Besteuerungs-)Zeitpunkt des Letzterwerbs, d.h. taggenau. Dabei ist der Tag des letzten Erwerbs mitzuzählen. Der 10-Jahreszeitraum beginnt demnach – wegen der Rückwärtsberechnung – mit dem Ende des Tages, an dem der letzte Erwerb erfolgt ist. Bei mehreren Erwerben im 10-Jahreszeitraum ist die Rückrechnung bis zum Vortag des Tages vorzunehmen, der in seiner Benennung im Kalender dem Tag der Steuerentstehung für den letzten Erwerb entspricht. Eine derartige Rechtsfolge ergibt sich aus der Anwendung des § 187 Abs. 1 BGB, demzufolge bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet wird, in welchen das Ereignis fällt. Ausgehend von dem Tag der Steuerentstehung ist also der weitere Tag der Tag des Fristbeginns. Erforderlich ist somit zunächst ein Schritt in die Zukunft. Bei einem Letzterwerb am 11.9.2021 beginnt die Frist folglich am 12.9.2021. Sodann ist eine rückwärts gewandte Sicht maßgebend. Gemäß § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB endet die Frist mit Ablauf des Tages des letzten Monats, der durch seine Benennung oder seine Zahl dem Tag entspricht, in den das Ereignis fällt. Die rückwärtsgewandte Sicht führt dazu, dass das Ende der Frist außerhalb des zu bestimmenden Zeitraums liegt. Bei einem Letzterwerb am 11.9.2021 erstreckt sich die 10-Jahresfrist bis zum 12.9.2011. Schenkungen am 11.9.2011 und früher sind demnach nicht mehr zu berücksichtigen. Insbesondere bei Schenkungen ist ggf. die Einhaltung der 10-Jahresfrist zu beachten.
Rz. 9
Erwerbe von beschränkt Steuerpflichtigen können nur insoweit zusammengerechnet werden, soweit sie auf Inlandsvermögen entfallen. Bei Wechsel der persönlichen Steuerpflicht (beschränkte zu unbeschränkter sowie umgekehrt) können nur Vorerwerbe von Vermögen bei der Zusammenrechnung erfasst werden, soweit das Vermögen sowohl bei beschränkter als auch bei unbeschränkter Steuerpflicht der deutschen Erbschaftsteuer unterliegt/unterlag (steuerpflichtiges Inlandsvermögen i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG), z.B. ein unbeschränkt Steuerpflichtiger hatte als beschränkt Steuerpflichtiger Erwerbe von Inlands- und Auslandsvermögen. Hatte der unbeschränkt Steuerpflichtige auch schon Auslandsvermögen, ist dies in diesem Fall nicht zu berücksichtigen.
Bis 24. 6.2017 konnte nach § 2 Abs. 3 ErbStG i.d.F. des BeitrRLUmsG v. 7.12.2011 auf Antrag des Erwerbers ein Vermögensanfall, zu dem Inlandsvermögen i.S.d. § 121 BewG gehört, insgesamt als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden, wenn der Erblasser zur Zeit seines Todes, der Schenker zur Zeit der Ausführung der Schenkung oder der Erwerber zur Zeit der Entstehung der Steuer (§ 9 ErbStG) seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat hat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, und die Staatsangehörigkeit eines dieser Staaten besitzt (Näheres siehe § 2 Rdn 54 ff.). § 2 Abs. 3 ErbStG a.F. enthielt eine besondere Zusammenrechnungsregelung. Nach § 2 Abs. 3 S. 2 ErbStG a.F. waren/sind mehrere innerhalb von 10 Jahren vor dem Vermögensanfall und innerhalb von 10 Jahren nach dem Vermögensanfall von derselben Person anfallende Erwerbe auf Antrag als unbeschränkt steuerpflichtig zu behandeln und nach Maßgabe des § 14 ErbStG zusammenzurechnen. Der Wortlaut der Vorschrift legt mithin einen Zeitraum von 20 Jahren zugrunde, auf den § 14 ErbStG mit etwaigen Überschneidungen jeweils anzuwenden ist. Inzwischen ist § 2 Abs. 3 ErbStG durch Art. 4 Nr. 1 Buchst. b StUmgBG v. 23.6.2017 mit Wirkung vom 25.6.2017 aufgehoben worden.
Rz. 10
Liegen innerhalb des 10-Jahreszeitraums mehr als zwei Schenkungen, werden alle E...