Rz. 36
Das BGB regelt die Konfusion nicht ausdrücklich. Es handelt sich dabei um eine Vereinigung von Rechten und Pflichten oder von Forderung und Schuld, wie dies gerade auch beim Erbfall vorkommen kann, in dem der Schuldner Erbe des Gläubigers wird oder umgekehrt. Auch die Konsolidation, also die Vereinigung von beschränktem Recht an einem Grundstück und dem Eigentum daran in einer Hand, wird von § 10 Abs. 3 ErbStG erfasst. Mit der Konfusion erlischt das Rechtsverhältnis, dies gilt jedoch nicht, wenn das Nachlassvermögen getrennt vom Eigenvermögen aufgrund gesetzlicher Grundlagen zu behandeln ist, wie es beispielsweise nach § 2143 BGB oder § 2175 BGB der Fall ist. § 10 Abs. 3 ErbStG stellt eine Fiktion dar, da der Fortbestand des Rechtsverhältnisses angenommen wird. Dies bedeutet, dass eine Forderung als Vermögensmehrung beim Erwerber hinzugerechnet und eine Verbindlichkeit beim Erwerber in Abzug gebracht werden muss. Die Geltendmachung eines Pflichtteils nach dem Tod des Pflichtteilsverpflichteten ist zwar auch dann möglich, wenn der Pflichtteilsberechtigte zugleich der Erbe des Pflichtteilsverpflichteten ist. Der aufgrund Konfusion zivilrechtlich erloschene Pflichtteilsanspruch ist gleichwohl nicht als Nachlassverbindlichkeit abziehbar, wenn er im Zeitpunkt der Geltendmachung nach zivilrechtlichen Grundsätzen verjährt ist. Im Erbschaftsteuerrecht werden zwar die erloschenen Rechtsverhältnisse nach § 10 Abs. 3 ErbStG als nicht erloschen angenommen. Die Berücksichtigung des Pflichtteilsanspruchs als Nachlassverbindlichkeit ist jedoch nicht mehr möglich, wenn dieser im Zeitpunkt der Geltendmachung bereits verjährt gewesen ist. Aufgrund des Zusammenfallens von Berechtigung und (verjährter) Verpflichtung in der Person des Pflichtteilsberechtigten treffen diesen keine wirtschaftlichen Belastungen.
Ist eine Mehrheit von Erben vorhanden, hatten jedoch die Forderungen oder Verbindlichkeiten des Erblassers nur gegen bestimmte und nicht gegen alle Miterben bestanden, so hat im Rahmen der Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft eine entsprechende Vorab-Berücksichtigung beim jeweiligen Miterben zu erfolgen. Nicht anzuwenden ist § 10 Abs. 3, Abs. 5 Nr. 1 ErbStG jedoch für den Fall, dass ein Erbe einen verjährten Pflichtteilsanspruch gegen sich selbst als Rechtsnachfolger des mit diesem Anspruch beschwerten Erblassers geltend macht.
Beispiel
Vater V und Mutter M setzen sich wechselseitig als Alleinerben ein und die Tochter T als Schlusserbin. Auf den ersten Erbfall hin hätte die Tochter ein Pflichtteilsanspruch, den sie nach § 2332 BGB innerhalb von drei Jahren geltend machen muss. Würde sie nun auf die Geltendmachung des Pflichtteilsanspruchs verzichten, ohne dafür von V ein Entgelt zu erlangen oder mit dem V eine Regelung über den Verzicht zu treffen, wäre der Pflichtteilsanspruch verjährt. Eine verjährte Forderung bleibt jedoch nach § 212 Abs. 2 BGB erfüllbar. Jedoch ist eine solche verjährte Pflichtteilsforderung nicht nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG abzugsfähig (im Falle der Konfusion), da eine wirtschaftliche Belastung des Erblassers nicht vorliegt und somit eine Abzugsfähigkeit als Nachlassschuld ausscheidet.
Rz. 37
Eine Konfusion oder Konsolidation kann auch im Rahmen einer lebzeitigen Zuwendung erfolgen. Beispielsweise in dem Fall, dass ein Grundstückseigentümer dem Grunddienstbarkeitsberechtigten, der dadurch berechtigt war, sein Grundstück in einer bestimmten Weise nach § 1090 BGB zu nutzen, lebzeitig unentgeltlich überträgt.
Rz. 38
Eine Anwendung von § 10 Abs. 3 ErbStG scheidet jedoch aus, sofern ein Recht, welches sich der Erblasser vorbehalten hatte, durch dessen Tod erlischt, wie bspw. ein Wohnungsrecht oder eine Leibrente. Dieser Wegfall einer Belastung durch Tod des Berechtigten hat nicht zur Folge, dass dies ein steuerbarer Vorgang beim Erben wird.