Rz. 12
Kein Auswahlermessen hat das Finanzamt, wenn Gegenstand der Feststellung der Anteil an einer Kapitalgesellschaft ist. In diesem Fall muss das Finanzamt die Erklärung von der Kapitalgesellschaft selber abfordern, wenn ein Vergleichswert nach § 11 Abs. 2 S. 2 BewG oder ein Basiswert nach § 151 Abs. 3 S. 1 BewG nicht zum Ansatz kommt. Obgleich die Kapitalgesellschaft am Erwerbsvorgang nicht beteiligt ist, trifft sie die alleinige Erklärungspflicht. Die Kosten, die zur Erstellung der Erklärung und ggf. weiterer Feststellungserklärungen entstehen, trägt die Kapitalgesellschaft, wenn diese nicht durch die Satzung auf den Anteilseigner übertragen wurden. Gehören zum Gesellschaftsvermögen Anteile an anderen Gesellschaften oder Grundstücke, so trifft die Gesellschaft ebenfalls die Erklärungslast (§ 153 Abs. 2 S. 1 3. Alt. BewG), soweit nicht wiederum ein Anteil an einer Kapitalgesellschaft gehalten wird, für den Letztere erklärungspflichtig ist. Kommt aus Sicht des Finanzamtes der Basiswert des § 151 Abs. 3 S. 1 BewG zum Ansatz, so kann der Antrag auf Feststellung nach Satz 2 ebenfalls nur durch die Kapitalgesellschaft gestellt werden. Die zur Bewertung erforderlichen Erkenntnisse wird regelmäßig nur die Kapitalgesellschaft haben, so dass diese Regelung die Durchführung des Feststellungsverfahrens erleichtert und beschleunigt, da der Verweis auf eine vermeintlich vorrangige Erklärungspflicht des Anteilseigners abgeschnitten wird. Die Aufforderung ist der Kapitalgesellschaft (Inhaltsadressat) bekannt zu geben, für die der Geschäftsführer (Bekanntgabeadressat) die Erklärung abzugeben hat. Wird die Gesellschaft zur Abgabe der Erklärung aufgefordert, ist eine Mitteilung an den Erwerber des Anteils nicht vorgesehen, aber sinnvoll. Ergeht eine entsprechende Mitteilung an den Erwerber, so ist diese Mitteilung kein Verwaltungsakt und kann daher nicht mit Einspruch angegriffen werden.
Befindet sich die Kapitalgesellschaft im Zeitpunkt der Aufforderung zur Abgabe der Feststellungserklärung in Liquidation, so ist generell der Liquidator zur Abgabe der entsprechenden Erklärungen verpflichtet. Nach Vollbeendigung und Abschluss der Liquidation könnte für die Erfüllung der Erklärungspflicht die Nachtragsliquidation beantragt werden. In diesen Fällen sollte jedoch genau geprüft werden, ob die Erkenntnisse eines Nachtragsliquidators besser sind als die des Anteilseigners der liquidierten Gesellschaft. Ist dem nicht so, könnten die Einleitung eines Verfahrens zur Bestellung eines Nachtragsliquidators und die hierdurch entstehenden Kosten gemessen an dem zu erwartenden Nutzen unverhältnismäßig sein.
Rz. 13
Existiert eine Kapitalgesellschaft infolge einer Umwandlung nicht mehr, so sind die Erklärungspflichten von dem aufnehmenden Rechtsträger als Rechtsnachfolger zu erfüllen (§ 45 Abs. 1 S. 1 AO). Dies gilt jedenfalls dann, wenn nach der Aufforderung aber noch vor Erfüllung der Erklärungspflicht die Umwandlung erfolgte. Eine Gesamtrechtsnachfolge i.S.d. § 45 Abs. 1 S. 1 AO wird von der Finanzverwaltung überdies in den Fällen der Verschmelzung auf einen neuen Rechtsträger (§ 1 Abs. 1 Nr. 1, §§ 2 ff. UmwG) und der Vermögensübertragung im Wege der Vollübertragung (§§ 1 Abs. 1 Nr. 3, 174, 175, 176, 178, 180 UmwG) bejaht. Einer stichtagsbezogenen Betrachtung wäre der Boden entzogen, könnte mit Blick auf sich stetig wandelnde Konzernstrukturen der Rechtsnachfolger nicht zur Abgabe der Feststellungserklärung herangezogen werden. Die örtliche Zuständigkeit des Finanzamtes der Geschäftsleitung ändert sich, wenn sich durch die Umwandlung die persönlichen und örtlichen Verhältnisse ändern. Nach Insolvenzeröffnung ist der Insolvenzverwalter gem. § 34 Abs. 3 AO zur Abgabe der Erklärung verpflichtet. Dieser wird sich häufig weigern, die Erklärung ohne eine entsprechende Kostenerstattung vorzunehmen, und das auffordernde Finanzamt um Schätzung des Wertes bitten. Jedoch scheint es ausgesprochen zweifelhaft, ob die Erkenntnisse des Insolvenzverwalters in Bezug auf die für die Bewertung des Betriebsvermögens maßgeblichen Umstände wirklich besser sind als die der Finanzverwaltung. Ist dies zweifelhaft, könnte sich die gleichwohl an den Insolvenzverwalter gerichtete Aufforderung als unverhältnismäßig und damit rechtswidrig erweisen. Vorzugswürdig erscheint es, den Wert sachgerecht zu schätzen. Wegen der ausschließlichen Erklärungspflicht des § 153 Abs. 3 BewG kommt die Inanspruchnahme anderer Personen nicht in Betracht. Solange der Insolvenzverwalter nicht die Unzulänglichkeit der Masse angezeigt hat (§ 208 InsO), ist er zur Abgabe der Erklärung verpflichtet. In diesen Fällen ist die Feststellung des Wertes häufig von Bedeutung, da durch die Insolvenz regelmäßig gegen die Bedingung für den Erhalt der Begünstigung nach § 13a Abs. 6 ErbStG verstoßen wurde. Der Wert des Anteils ist damit ungekürzt der Besteuerung zu unterwerfen. Ist die Gesellschaft beendet, kann allein für die Erfüllung der Erklärungspflicht die Nachtragsliquidation beim zustän...