Rz. 8
Nach der Begründung des Regierungsentwurfes zum ErbStRG vom 4.1.2008 dient die Regelung dazu, den Erwerb von dem Grunde nach gem. § 13b ErbStG begünstigtem Vermögen von der Steuerbefreiung des § 13a ErbStG (nicht aber des § 19a ErbStG) auszunehmen, wenn der Erwerb vor dem 1.1.2011 erfolgt ist und einen erneuten Erwerb durch dieselbe Person darstellt. Dies ist bei Zuwendungen der Fall, die bereits vor dem 1.1.2007 an dieselbe Person ausgeführt und nach §§ 13a, 19a ErbStG entlastet wurden, dann aber nach dem 11.11.2005 aufgrund eines vertraglichen Widerrufs- und Rücktrittsrechtes rückabgewickelt wurden. Hinzutreten muss, dass mit der Rückabwicklung die Erstattung der bereits entrichteten Steuer gem. § 29 Abs. 1 ErbStG einhergegangen sein muss. Der Gesetzgeber will so steuerlichen Missbrauch unterbinden, da aus seiner Sicht bereits im Koalitionsvertrag vom 11.11.2005 die umfassende steuerliche Begünstigung der Übertragung betrieblichen Vermögens für Erwerbszeitpunkte ab dem 1.1.2007 greifbar war und ggf. in der Zwischenzeit ausgeführte Betriebsübertragungen mit entsprechenden vertraglichen Klauseln versehen wurden. Die Regelung ist eine Reaktion auf verschiedentlich in der Praxis geäußerte Gestaltungstipps. Der Gesetzgeber hat aber die Begünstigung nicht in Fällen ausgeschlossen, in denen gesetzliche Rückforderungsrechte (z.B. nach § 134 InsO, falls über das Vermögen des Schenker innerhalb einer Frist von fünf Jahren ab Schenkung das Insolvenzverfahren eröffnet wird, oder nach § 530 BGB, falls der Betrieb wegen groben Undanks des Beschenkten zurückgefordert wird) ausgeübt werden oder der Wiedererwerb von Todes wegen (Schenker als Erbe des Beschenkten) erfolgt. In letzterem Fall ist jedweder Gestaltungsmissbrauch ausgeschlossen. Widerrufs- oder Rücktrittsrechte sollten nur in den Fällen ausgeübt werden, in denen hinreichend sichergestellt ist, dass ein erneuter Erwerb von Todes wegen oder unter Lebenden bis zum 31.12.2010 ausgeschlossen ist. Der Zeitraum, binnen der die Rückabwicklung des Schenkungsfalles im Sinne des Absatzes 3 schädlich ist, endet am 31.12.2006. Dies ist nur so zu erklären, dass die Anwendung des neuen Rechtes für Erwerbe ab dem 1.1.2007 nach Art. 3 ErbStRG uneingeschränkt zur Verfügung steht und daher regelmäßig kein Anlass für die Rückabwicklung besteht, um die ggf. günstigeren Verschonungsregeln nach neuem Recht zu erlangen. Neben dem Ausschluss der Verschonung des § 13a ErbStG ist bei Wiedererwerb auch die Ermäßigung nach § 27 ErbStG ausgeschlossen. Hiernach kann die festzusetzende Steuer je nach Zeitablauf ermäßigt werden, wenn derselbe Vermögensgegenstand zuvor einer Person der Steuerklasse I angefallen ist. Allerdings erlöscht nach der Rückabwicklungsvorschrift des § 29 Abs. 1 ErbStG die Steuer mit Wirkung für die Vergangenheit, so dass insoweit keine den § 27 ErbStG auslösende Erhebung einer Steuer erfolgt ist. Wird derselben Person weiteres begünstigtes Vermögen zugewendet, so schließt Abs. 3 die Verschonung auch dann nicht aus, wenn die zehnjährige Frist des § 13a Abs. 1 S. 2 ErbStG a.F. noch nicht abgelaufen ist.
Rz. 9
Gegen die Vorschrift des Absatzes 3 sind verfassungsrechtliche Bedenken erhoben worden. Zum einen wird angezweifelt, ob die Bekanntgabe der ab dem 1.1.2007 geltenden weitreichenden Verschonung des Betriebsvermögens für die Schlechterstellung einer nach dem 11.11.2005 erfolgten Rückabwicklung gegenüber einer, die vor dem 11.11.2005 bewirkt wurde, sachlich gerechtfertigt ist oder aber eine gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßende Ungleichbehandlung darstellt. Bedenken dahingehend, dass die Regelung gegen das Rückwirkungsverbot verstoßen könnte, greifen wohl nicht durch. Die Besteuerung des ersten Erwerbsfalls wird nicht geändert. Ob die nicht trennscharfe Bezeichnung der in Frage kommenden Rückabwicklungsgründe im Gesetz vor dem Hintergrund des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatzes bedenklich sein könnte, ist zweifelhaft. Die Konkretisierung des Begriffes "Rückforderungsrecht" durch die Rechtsprechung wird abzuwarten sein. Zutreffend ist wohl die Auslegung dahingehend, dass es sich auch um ein vertragliches Widerrufsrecht handeln könne.
Rz. 10
Da neben der Person des Beschenkten auch der Vermögensgegenstand identisch sein muss, um die Sperre des Absatzes 3 auszulösen, könnte in zweierlei Hinsicht Abhilfe geschaffen werden. Zum einen könnte die erneute Übertragung in der Weise erfolgen, dass eine andere Person als der ursprünglich Bedachte für diesen handelt oder die Übertragung an eine Personengesellschaft erfolgt, an der der ursprünglich Beschenkte maßgeblich beteiligt ist. Zum anderen könnte der Vermögensgegenstand umgewandelt werden, so dass nicht länger ein Betrieb, sondern Anteile an einer Kapitalgesellschaft, die zuvor den betreffenden Betrieb übernommen hat, übertragen werden. Bei diesen Überlegungen ist stets zu beachten, dass auch außersteuerliche Überlegungen in diese Gestaltungsüberlegungen eingeflossen sein müssen...