Rz. 47
§ 5 Abs. 2 ErbStG stellt klar, dass die Ausgleichsforderung i.S.v. §§ 1378 ff. BGB nicht zum steuerpflichtigen Erwerb i.S.d. §§ 3, 7 ErbStG mangels freigebiger Zuwendung zählt. Erfasst werden von der Steuerfreiheit auch Ansprüche gegen Dritte nach § 1390 BGB. Eine zinslose Stundung der Ausgleichsforderung durch den ausgleichsverpflichteten Ehegatten bzw. Lebenspartner steht der Anwendung des § 5 Abs. 2 ErbStG nicht entgegen. Die Steuerfreiheit gilt jedoch nur für den Erwerb der Ausgleichsforderung durch den ausgleichsberechtigten Ehegatten bzw. Lebenspartner. Geht der Anspruch dagegen auf die Erben des ausgleichsberechtigten Partners über, handelt es sich für diese um einen steuerpflichtigen Erwerb nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die Steuerfreistellung erfasst – über den Wortlaut hinaus – auch Vermögensübertragungen unter Eheleuten bzw. eingetragenen Lebenspartnern zum Zwecke der Durchführung des Versorgungsausgleichs, §§ 1587 ff. BGB. Ist der Ehegatte bzw. Lebenspartner weder Erbe noch Vermächtnisnehmer geworden (z.B. auch durch Ausschlagung der Erbschaft), stellt die güterrechtliche Zugewinnausgleichsforderung für den Erben in Höhe ihres Nennwertes eine abzugsfähige Nachlassverbindlichkeit i.S.v. § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG dar. In diesem Fall belastet die Ausgleichsforderung – vergleichbar dem Pflichtteil – den Nachlass insgesamt und steht somit in wirtschaftlichem Zusammenhang mit jedem Nachlassgegenstand. Nach Ansicht der Finanzverwaltung soll die Zugewinnausgleichsforderung auf die einzelnen Nachlassgegenstände verteilt und um die auf die steuerbefreiten Vermögensgegenstände entfallenden Anteile nach den Regeln für Pflichtteile gekürzt werden. Durch die Neuregelung in § 10 Abs. 6 S. 5 ff. ErbStG ist diese anteilige Zurechnung von Schulden, die nicht im Zusammenhang zu bestimmten Vermögensgegenständen stehen, nunmehr allgemein gesetzlich kodifiziert (siehe dazu auch § 10 ErbStG).
Rz. 48
Zu beachten sind evtl. ertragsteuerliche Folgen, wenn die Zugewinnausgleichsforderung nicht in Geld, sondern durch die Übertragung von Vermögensgegenständen erfüllt wird. Es können steuerpflichtige Veräußerungsgeschäfte i.S.d. §§ 17, 23, 16 Abs. 4 i.V.m. § 34 EStG in Betracht kommen, da es sich ertragsteuerlich um eine entgeltliche Vermögensübertragung handelt. Im Einzelfall ist zudem fraglich, inwieweit ein lebzeitiger Zugewinnausgleich Vermögensschutz vor Gläubigerforderungen gewähren kann.
Rz. 49
§ 5 Abs. 1 S. 4–6 ErbStG finden auf die güterrechtliche Ausgleichsforderung i.S.v. § 5 Abs. 2 ErbStG keine Anwendung. Insbesondere ist die steuerfreie Ausgleichsforderung nicht durch eine verhältnismäßige Kürzung nach den Steuerwerten des Endvermögens zu dessen Verkehrswerten zu ermitteln (siehe Rdn 26). Da bei Tod des Ehegatten bzw. Lebenspartners der Überlebende durch die Möglichkeit der zivilrechtlichen Ausschlagung der Erbschaft bzw. des Vermächtnisses im Ergebnis zwischen beiden Ausgleichsmethoden (§ 5 Abs. 1 oder Abs. 2 ErbStG) wählen kann, sollten auch diese unterschiedlichen steuerlichen Folgen in die Überlegungen, ob eine Ausschlagung aus taktischen Gründen in Betracht kommt, einbezogen werden.
Rz. 50
Wird die Ausgleichsforderung durch Ehevertrag (§ 1408 BGB) oder im Zusammenhang mit einer Ehescheidung nach § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB modifiziert (durch Herausnahme einzelner Vermögenswerte aus dem Zugewinn, der Bestimmung des Anfangs- bzw. Endvermögens oder dem Ausschluss des Zugewinnausgleiches nur für den Fall der Scheidung), greift § 5 Abs. 2 ErbStG zugunsten des ausgleichsberechtigten Partners ebenfalls ein. In Ausnahmefällen kann es sich bei einer vertraglichen Erhöhung der Forderung um eine teilweise freigebige Zuwendung i.S.v. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG handeln, wenn sich die Beteiligten bewusst weit von dem gesetzlichen Ausgleichsmodell entfernen. Dies ist nach Ansicht des BFH aber lediglich dann der Fall, wenn einem Ehegatten bzw. Lebenspartner eine überhöhte Ausgleichsforderung verschafft wird, die über den Rahmen einer güterrechtlichen Vereinbarung hinausgeht. Keine überhöhte Ausgleichsforderung liegt danach vor, wenn die Vereinbarung zum Ziel hat, die Partner angemessen an den während des Zusammenlebens erarbeiteten Vermögenswerten zu beteiligen. Die strengere Ansicht der Finanzverwaltung, wonach eine überhöhte Ausgleichsforderung immer dann anzunehmen sei, soweit die tatsächlich vereinbarte Ausgleichsforderung (z.B. durch Vereinbarung eines vor dem Zeitpunkt des Vertragsabschlusses liegenden Beginns des Güterstandes oder eines abweichenden Anfangsvermögens) die sich nach den §§ 1373–1383 und 1390 BGB ohne Modifizierung ergebende Ausgleichsforderung übersteigt, ist nach den eigenen Feststellungen der Finanzverwaltung überholt und nicht mehr anzuwenden.
Rz. 51
Führt die Modifizierung dazu, dass die gesetzliche Ausgleichsforderung reduziert wird, beinhaltet dies keine freigebige Zuwendung an den ausgleichsverpflichteten Ehegatten bzw. Lebenspartner. Da die Zugewinna...