Rz. 61
§ 12 Abs. 6 ErbStG regelt die Aufteilung des Werts wirtschaftlicher Einheiten, wenn diese im Eigentum mehrerer Personen stehen. Die Vorschrift gilt ausdrücklich nicht für die Aufteilung von Grundbesitzwerten, von Betriebsvermögenswerten, Mitunternehmeranteilen oder Anteilen an Kapitalgesellschaften (§ 151 Abs. 1 Nr. 1–3 BewG). In § 12 Abs. 6 ErbStG geht es vielmehr um Werte bzw. Wertanteile, die gem. § 151 Abs. 1 Nr. 4 BewG gesondert festzustellen (§ 179 AO) sind. Die Aufteilung richtet sich gem. § 12 Abs. 6 ErbStG nach dem dem jeweiligen Erwerber zustehenden Anteil an den jeweiligen Wirtschaftsgütern und Schulden. Der auf diesen Anteil jeweils entfallende Teilbetrag (bezogen auf den Bewertungsstichtag nach § 11 ErbStG) ist für den jeweiligen Erwerber anzusetzen.
Rz. 62
Ob es sich bei dem gemeinschaftlichen Eigentum zivilrechtlich betrachtet um Bruchteils- oder Gesamthandseigentum handelt, spielt keine Rolle. Denn gem. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO wird auch bei Gesamthandsgemeinschaften, die kein Betriebsvermögen haben, für steuerliche Zwecke ein Bruchteilseigentum fingiert, so dass der Erwerb eines solchen Anteils erbschaftsteuerlich als Erwerb der anteiligen Vermögensgegenstände und Schulden anzusehen ist (§ 10 Abs. 1 S. 4 ErbStG). Die Aufteilung des Werts nach § 12 Abs. 6 ErbStG setzt – ebenso wie die in § 3 BewG geregelte Vorgehensweise – gedanklich voraus, dass zunächst in einem ersten Schritt die jeweilige wirtschaftliche Einheit, also die Wirtschaftsgüter und Schulden, ohne Rücksicht auf die Eigentumsverhältnisse bewertet werden. Die Bewertung richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Hernach wird der festgestellte Wert auf die an der wirtschaftlichen Einheit Beteiligten entsprechend ihren Beteiligungsverhältnissen aufgeteilt.
Rz. 63
Hinsichtlich des Aufteilungsmaßstabs enthält § 12 Abs. 6 ErbStG selbst keine Regelungen. Über § 151 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 BewG ist insoweit aber § 3 S. 2 BewG anwendbar. Demnach richtet sich die Aufteilung primär nach dem maßgebenden Steuergesetz, ersatzweise nach dem Inhalt der vertraglichen Vereinbarung zwischen den Beteiligten und wiederum ersatzweise nach allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Vorschriften. Eine Maßgeblichkeit des ErbStG kann im Regelfall ausgeschlossen werden. Mithin kommt es im Rahmen der Bewertung von Erwerben von Todes wegen oder Schenkungen unter Lebenden in erster Linie auf die von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen (entweder bei Ausführung der Zuwendung oder im Rahmen von Gesellschaftsverträgen o.Ä.) sowie auf gesetzliche Regelungen an. Bei einer Erbengemeinschaft richtet sich die Aufteilung daher nach dem Verhältnis der Erbquoten, seien diese durch gesetzliche Erbfolge oder durch Testament festgelegt.
Rz. 64
Während sich bei Bruchteilsgemeinschaften die Wertanteile quasi von selbst aufgrund der zu ermittelnden Bruchteile ergeben, erfordert die Aufteilung bei Gesamthandsgemeinschaften zunächst die gedankliche ideelle Teilung der zu bewertenden Wirtschaftsgüter und Schulden. Denn bei Gesamthandseigentum bestehen regelmäßig keine festen Anteile hinsichtlich der einzelnen Objekte. Diese müssen daher zunächst rechnerisch ermittelt werden. Insoweit kommt es ausschließlich auf den aus der Berechtigung am Gesamthandsvermögen abgeleiteten Bruchteil bzw. Prozentsatz an. Etwaige Sonderrechte hinsichtlich einzelner Vermögensgegenstände (beispielsweise für den Fall der Auseinandersetzung der Gesellschaft) spielen keine Rolle.