Rz. 9
Besteht beschränkte Steuerpflicht i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG, wird nach Abs. 2 für den Erwerb von Inlandsvermögen i.S.v. § 121 BewG grds. derselbe Freibetrag wie bei Erwerben im Fall unbeschränkter Steuerpflicht gewährt.
Rechtsentwicklung: Bis 2017 wurde bei beschränkter Steuerpflicht nur ein Freibetrag von 2.000 EUR gewährt. Die Freibetragsregelung für beschränkt Steuerpflichtige in § 16 Abs. 2 ErbStG wurde durch Art. 11 des Gesetzes zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften v. 7.11.2011 infolge der EuGH-Rechtsprechung modifiziert. Ab 2011 konnten (an sich beschränkt) Steuerpflichtige aus der EU bzw. aus dem EWR sowie aus Drittstaaten gem. § 2 Abs. 3 ErbStG zur unbeschränkten Steuerpflicht "optieren". Infolge der EuGH-Entscheidung v. 8.6.2016 wurde die Optionsmöglichkeit des § 2 Abs. 3 ErbStG wieder abgeschafft. Stattdessen wurde beschränkt Steuerpflichtigen grds. ein Anspruch auf die für unbeschränkt Steuerpflichtige geltenden Freibeträge eingeräumt (§ 16 Abs. 2 S. 1 ErbStG). Dies gilt generell also auch für Erwerber aus Drittstaaten. Die Neuregelung gilt für alle Erwerbe, für die die Steuer ab dem 25.6.2017 (Verkündung des StUmgBG) entsteht. Grds. kann aber festgehalten werden, dass – sofern Erwerbsfälle noch offen sind – bei beschränkter Steuerpflicht die für Erwerbe bei unbeschränkter Steuerpflicht geltenden Freibeträge – ggf. gemindert – in allen offenen Fällen zu gewähren sind.
Rz. 10
Voraussetzung für die Gewährung des vollen Freibetrags i.S.d. § 16 Abs. 1 ErbStG für Erwerbe ab dem 25.6.2017 ist, dass der gesamte Vermögensanfall und nicht nur das darin enthaltene Inlandsvermögen in Deutschland besteuert werden kann. Der gesamte Vermögensanfall kann in Deutschland besteuert werden, wenn der Vermögensanfall nur aus Inlandsvermögen besteht oder ein DBA das Besteuerungsrecht insgesamt der BRD zuweist. Wird/Wurde auch Auslandsvermögen erworben (welches nicht in Deutschland besteuert werden kann) und kann nur der Erwerb des Inlandsvermögens besteuert werden, darf das Finanzamt den in Betracht kommenden Freibetrag nur anteilig gewähren, und zwar soweit er auf das Inlandsvermögen entfällt (§ 16 Abs. 2 S. 1 ErbStG i.V.m. § 37 Abs. 14 ErbStG (für Erwerbe ab dem 25.6.2017). Dies gilt auch in Fällen der erweiterten beschränkten Steuerpflicht nach § 4 AStG.
Um den vollen Freibetrag zu erlangen, müsste letztlich angegeben werden, ob und in welchem Umfang bei dem betreffenden Erwerb auch Auslandsvermögen erworben wurde und ob frühere Erwerbe innerhalb der letzten zehn Jahre von derselben Person angefallen sind. Werden diese Angaben nicht gemacht, könnte das Finanzamt den Teil des Erwerbs, der vermeintlich auf das Auslandsvermögen entfällt, unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls so hoch schätzen, dass kein Freibetrag mehr übrig bleibt.
Um sicherzustellen, dass die Besteuerung unter Abzug eines nur anteiligen Freibetrags nicht durch in mehrere Teile aufgespaltene zeitlich gestaffelte Zuwendungen zwischen denselben Personen umgangen wird, werden frühere, innerhalb von zehn Jahren von derselben Person angefallene Erwerbe in die Berechnung des anteiligen Freibetrags einbezogen; d.h. die Besteuerung unter Abzug eines nur anteiligen Freibetrags kann nicht durch in mehrere Teile aufgespaltene zeitlich gestaffelte Zuwendungen zwischen denselben Personen umgangen werden: Die früheren Erwerbe sind mit ihrem früheren Wert anzusetzen (vgl. § 16 Abs. 2 Satz 2 und 3 ErbStG9.
Rz. 11
Die Freibeträge sind nach § 16 Abs. 2 ErbStG anteilig zu kürzen, wenn der gesamte Vermögensanfall nur teilweise aus Vermögen besteht, das im Inland steuerpflichtig ist. Berechnungsbeispiel in H E16 ErbStH 2019. Ob die Freibetragsminderung nach § 16 Abs. 2 ErbStG unionsrechtskonform ist, ist inzwischen geklärt. Der EuGH hat entschieden, dass die Freibetragsminderung nach § 16 Abs. 2 S. 2 und 3 ErbStG nicht gegen Unionsrecht verstößt. Die Bundesregierung hatte sich schon in den Verfahren vor dem EuGH darauf berufen, dass durch die Minderung des Freibetrags die "Kohärenz des deutschen Steuersystems" gewahrt werden müsse. Dies wurde bestätigt.
Der BFH hatte für Erwerbe, für die die Steuer bis zum 24.6.2017 entstanden ist (altes Recht), entschieden, dass nur der Gesetzgeber regeln könne, ob und nach welchem Maßstab der Freibetrag nach § 16 Abs. 1 ErbStG in Fällen beschränkter Steuerpflicht aufzuteilen ist. Dies ist durch § 16 Abs. 2 ErbStG geschehen
Anzumerken ist, dass beschränkt Steuerpflichtige auch den Versorgungsfreibetrag nach Maßgabe des § 17 Abs. 3 ErbStG erhalten können; Näheres siehe Kommentierung des § 17 Abs. 3 ErbStG.