1. Nachsteuer bei (ausschließlichem) Verstoß gegen Behaltensregelungen
a) Neuberechnung der Steuer
Rz. 318
Wie sich bereits aus § 13a Abs. 6 S. 1 ErbStG ergibt, fallen die gewährten Vergünstigungen (also sowohl der Verschonungsabschlag nach Abs. 1 als auch der Abzugsbetrag nach Abs. 2) mit Wirkung für die Vergangenheit weg, soweit innerhalb der Behaltensfrist gegen die Fortführungsbedingungen (Nr. 1–5) verstoßen wird. Somit führen beispielsweise schädliche Verfügungen über Teile des begünstigten Vermögens (wesentliche Betriebsgrundlagen, Teilbetriebe, einer von mehreren Betrieben bzw. begünstigtes Vermögen nur einer von mehreren erworbenen Vermögensarten) auch nur zu einem teilweisen Entfall der Verschonungen. Für die übrigen, nach der schädlichen Verfügung noch verbleibenden Teile des begünstigten Vermögens sind sowohl der Verschonungsabschlag als auch ggf. der Abzugsbetrag (letzterer ggf. angepasst an die durch die schädliche Verfügung veränderten Verhältnisse) anzuwenden. Dies bedeutet, dass z.B. die Veräußerung/Aufgabe nur einer von mehreren begünstigt erworbenen wirtschaftlichen Einheiten nur zum Verlust der Verschonungen hinsichtlich dieser einen wirtschaftlichen Einheit führt und im Übrigen die – ggf. sogar vollständigen – Verschonungen der anderen wirtschaftlichen Einheiten unberührt bleiben.
Rz. 319
Im Übrigen ist die Nachversteuerung stets erwerberbezogen. Verstöße eines von mehreren Erwerbern wirken nur zulasten des jeweils Verstoßenden, lassen aber die Verschonungen zugunsten der anderen Erwerber grundsätzlich unangetastet.
Rz. 320
Die Nachversteuerung erfolgt, indem der steuerpflichtige Erwerb entsprechend dem Umfang der weggefallenen Verschonungen vollständig neu berechnet wird. Dabei kann ein (vorrangig zu prüfender) anteiliger Wegfall des Verschonungsabschlages zur Folge haben, dass der Abzugsbetrag nach § 13a Abs. 2 ErbStG in anderem Umfang zur Anwendung kommt als bei der ursprünglichen Steuerfestsetzung. Dies ist bei der Neufestsetzung der Steuer entsprechend zu berücksichtigen.
Rz. 321
Kommt es im Rahmen der Nachversteuerung zu einem vollständigen Wegfall des Abzugsbetrages i.S.v. § 13a Abs. 2 ErbStG, entfällt hiermit auch die Sperrfrist. Der Abzugsbetrag gilt dann als von vornherein nicht in Anspruch genommen, so dass er für nach dem Besteuerungszeitpunkt der ursprünglichen begünstigten Verfügung erfolgende weitere Zuwendungen zur Verfügung steht.
Schließlich entfällt bei Behaltensfristverstößen auch die ggf. in Anspruch genommene Tarifentlastung nach § 19a ErbStG. Denn gemäß § 19a Abs. 5 S. 1 ErbStG teilt sie das Schicksal des Verschonungsabschlags.
Auf die Bestimmung des Schwellenwerts nach § 13a Abs. 1 S. 1 ErbStG haben Behaltensfristverstöße keinen Einfluss. Der Wert des begünstigten Vermögens ändert sich nicht.
b) Bestimmung der Bemessungsgrundlage
Rz. 322
Im Rahmen der Nachversteuerung ist für die einer begünstigungsschädlichen Verfügung unterliegenden Wirtschaftsgüter jeweils deren erbschaftsteuerrechtlicher Wert nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Steuerentstehung zugrunde zu legen. Dies gilt auch dann, wenn bei der Veräußerung einer wesentlichen Betriebsgrundlage der Veräußerungserlös entnommen wird. Etwaige Wertsteigerungen zwischen dem Zeitpunkt des begünstigten Erwerbs und dem Zeitpunkt der Veräußerung wirken sich also erbschaftsteuerrechtlich nicht zu Lasten des Steuerpflichtigen aus. Die Nachversteuerung bleibt vielmehr auf den Wertanteil beschränkt, für den die Begünstigungen nach § 13a ErbStG in Anspruch genommen bzw. gewährt wurden. Andererseits kann sich der Steuerpflichtige aber auch nicht auf einen etwaigen Werteverzehr seit Inanspruchnahme der Verschonungen berufen.
Rz. 323
Allerdings ist im Falle von Überentnahmen i.S.v. § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 3 ErbStG auf den Wert der jeweiligen Entnahmen im Zeitpunkt ihrer Ausführung abzustellen. Dies gilt nicht nur für die Entnahme von Geld oder von auf Geld gerichteten Forderungen, sondern auch für die Entnahme von sonstigen (begünstigten) Wirtschaftsgütern. Deren Wert ist also – abweichend von den soeben dargestellten Regeln – auf den Stichtag der Entnahme festzustellen. Maßgeblich ist auch insoweit der sich nach ertragsteuerlichen Grundsätzen ergebende Wert.
Rz. 324
Die vorstehend skizzierten Regelungen erscheinen auf den ersten Blick sachgerecht und gegenüber dem Steuerpflichtigen auch fair. Nichtsdestotrotz bestehen im ...