Rz. 340
Wenn in mehrgliedrigen Beteiligungsstrukturen oder gar in Konzernverbünden das Verwaltungsvermögen jeweils auf Ebene der einzelnen Holding- bzw. nachgeordneten Gesellschaften ermittelt würde, könnten hierdurch unerwünschte Mitnahmeeffekte erzielt bzw. sogar missbräuchliche Gestaltung ermöglicht werden. Denn beispielsweise der Sockelbetrag nach § 13b Abs. 4 Nr. 5 S. 1 ErbStG oder auch die anteilige Schuldenkürzung nach § 13b Abs. 6 ErbStG sowie das unschädliche Verwaltungsvermögen (§ 13b Abs. 7 ErbStG) könnten sich dann mehrfach auswirken.
Rz. 341
Gem. § 13b Abs. 9 S. 1 ErbStG ist daher für den Fall, dass zum begünstigungsfähigen Vermögen (übertragungsgegenständlicher Betrieb bzw. Gesellschaft) unmittelbar oder mittelbar gehaltene Beteiligungen an (in- oder ausländischen) Personen- und/oder Kapitalgesellschaften gehören, das Verwaltungsvermögen nicht nur für jede Gesellschaft separat zu ermitteln. Vielmehr sind zur Anwendung der Vorgaben von § 13b Abs. 2–8 ErbStG auf Ebene des die jeweiligen Beteiligungen haltenden Betriebs (oder der Gesellschaft) anstelle der Beteiligungen (als solcher) die (anteiligen) Werte der diesen zuzurechnenden Vermögensgegenstände des (normalen) Verwaltungsvermögens, des jungen Verwaltungsvermögens, der jungen Finanzmittel und der Schulden zu berücksichtigen.
Rz. 342
Das bedeutet insbesondere bei mehrstufigen Beteiligungsverhältnissen (nicht aber bei nebeneinander bestehenden Beteiligungen desselben Steuerpflichtigen, die gemeinsam bzw. gleichzeitig übertragen werden), dass auf der obersten Holdingebene, also auf Ebene des übertragungsgegenständlichen Betriebs bzw. der übertragungsgegenständlichen Gesellschaft, sämtliche Vermögenswerte (und Schulden) der nachgeordneten Gesellschaften, die für den Verwaltungsvermögenstest relevant sind, (anteilig entsprechend der Beteiligungsquote) zu konsolidieren sind. Dies geschieht mit Hilfe einer sog. Verbundvermögensaufstellung, in der insbesondere die unmittelbar oder mittelbar gehaltenen Finanzmittel (§ 13b Abs. 4 Nr. 5 ErbStG), die Vermögensgegenstände des (sonstigen) Verwaltungsvermögens (§ 13b Abs. 4 Nr. 1–4 ErbStG) sowie die Schulden zusammengefasst werden (§ 13b Abs. 9 S. 2 ErbStG).
Gegenstände des jungen Verwaltungsvermögens sowie junge Finanzmittel sind dabei jeweils gesondert aufzuführen (§ 13b Abs. 9 S. 2 Hs. 2 ErbStG). Hieraus ist zu schließen, dass auch die qualitative Einordnung von Vermögensgegenständen zum jungen Verwaltungsvermögen bzw. zu den jungen Finanzmitteln auf der Ebene der jeweiligen Gesellschaft (eigenständig) erfolgt.
Gehören zum Verbund auch Kapitalgesellschaftsbeteiligungen, deren Umfang nicht mehr als 25 % ausmacht und bei denen auch nicht durch eine Poolung oder Konzernzugehörigkeit die Mindestbeteiligungsquote erreicht bzw. überschritten wird, sind diese gem. § 13b Abs. 9 S. 5 ErbStG mit ihrem jeweiligen gemeinen Wert zu berücksichtigen; eine anteilige Erfassung des von diesen Kapitalgesellschaften gehaltenen Verwaltungsvermögens in der Verbundvermögensaufstellung findet nicht statt.
Rz. 343
Im Rahmen der Verbundvermögensaufstellung sind gem. § 13b Abs. 9 S. 3 ErbStG Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen einzelnen einzubeziehenden Gesellschaften (untereinander) nicht anzusetzen. Dasselbe gilt auch für Forderungen und Verbindlichkeiten zwischen solchen Gesellschaften und dem übertragungsgegenständlichen Betrieb bzw. der übertragungsgegenständlichen Gesellschaft.
Das gesetzlich statuierte Ansatzverbot gilt nach seinem Wortlaut allerdings nur, wenn bzw. soweit beim Gläubiger- und beim Schuldnerunternehmen (aus der Sicht des übertragungsgegenständlichen Betriebs) sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach Beteiligungsidentität besteht. Entscheidend ist insoweit also der genaue Beteiligungsumfang. Das führt dazu, dass eine Konsolidierung nur in dem Umfang erfolgt, in dem sich die Beteiligungsumfänge decken; im Übrigen sind die Forderungen/Verbindlichkeiten anzusetzen.
Diese Auffassung teilt auch die Finanzverwaltung, die in R E 13b.29 Abs. 5 S. 2 ErbStR 2019 den Nichtansatz nur vorsieht, "soweit" Forderung und Verbindlichkeit sich innerhalb der übertragenen Beteiligungsstruktur gegenüberstehen.
Der Steuerpflichtige hat die Voraussetzungen für den Nichtansatz einer Forderung nach § 13 Abs. 9 S. 3 ErbStG gegenüber dem Betriebsfinanzamt nachzuweisen. Das für die Feststellung der Finanzmittel zuständige Betriebsfinanzamt teilt die entsprechenden Feststellungen dem für die Feststellung der Schulden zuständigen Betriebsfinanzamt mit und umgekehrt.
Rz. 344
Ist der übertragungsgegenständliche Betrieb z.B. an der Gläubiger-Gesellschaft zu100 % beteiligt, an der Schuldner-Gesellschaft aber nur zu 75 %, wird die Forderung noch zu 25 % in der Verbundvermögensaufstellung angesetzt. Nur der deckungsgleiche Teil wird konsolidiert, was dazu führt, dass die Verbindlichkeit in die Verbundvermögensaufstellung gar nicht einzubeziehen ist. Denn in...