Rz. 36
Wie sich aus § 9 Abs. 3 BewG ergibt, unterscheidet das Gesetz zwischen Verfügungsbeschränkungen, die nur für eine bestimmte Person gelten, und Verfügungsbeschränkungen, die sich auf den Bewertungsgegenstand beziehen und, wie der BFH sagt, in dem Wirtschaftsgut gründen und für alle Verfügungsberechtigten gelten. Persönliche Verfügungsbeschränkungen wirken sich nicht auf die Bewertung aus, wohl aber sachliche Verfügungsbeschränkungen; wie sie sich auswirken, ist eine Frage des Einzelfalls.
1. Persönliche Verfügungsbeschränkungen
Rz. 37
Persönliche Verfügungsbeschränkungen können auf Gesetz oder Rechtsgeschäft beruhen und absoluter oder relativer Art sein. Der Wechsel in der Geschäftsführung eines Unternehmens stellt nicht stets einen persönlichen Umstand dar; besonders bei einem mittelständischen Unternehmen, dessen Wahrnehmung am Markt maßgeblich von den geschäftsführenden Gesellschaftern geprägt wird, kann der Unternehmenswert durchaus entscheidend davon abhängen, dass diese Personen dem Unternehmen mit ihren Kenntnissen, Erfahrungen und Kontakten erhalten bleiben.
Rz. 38
Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilliger Anordnung beruhen, sind nach § 9 Abs. 3 S. 2 BewG persönliche Verfügungsbeschränkungen. Damit sind unter anderem Anordnungen des Erblassers über die Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft gemeint, also auch ein Teilungsverbot, ebenso die Anordnung einer Testamentsvollstreckung oder die Anordnung von Verfügungsbeschränkungen durch Vermächtnis oder Auflage. Bei einem Erbschaftskauf (§ 2371 BGB) oder einem ähnlichen Vertrag (§ 2385 BGB) ist zwar nicht die Stellung als Erbe der Vertragsgegenstand, sondern der Nachlass, weshalb der Verkäufer Erbe bleibt und nur verpflichtet ist, den Käufer wirtschaftlich so zu stellen, als ob er an seiner Stelle Erbe geworden sei. Eine Testamentsvollstreckung kann sich nur dann nachteilig auswirken, wenn der Testamentsvollstrecker seine nach § 2211 Abs. 1 BGB erforderliche Zustimmung zur Veräußerung des Nachlasses durch den Erben verweigert, was bei einer Dauervollstreckung nach § 2209 BGB innerhalb ihrer Dauer (dazu § 2210 BGB) immer der Fall sein wird. Auch Verfügungsbeschränkungen des Erben, die nach dem Verkauf mit Wirkung für den Verkäufer fortbestehen, weil sie auf einem Vermächtnis oder einer Auflage beruhen, mindern den Wert des Nachlasses. Denn der Erbe wird sie an den Käufer schuldrechtlich weitergeben, der sie seinerseits bei einem Weiterverkauf des Nachlasses beachten muss, wenn er sich nicht schadensersatzpflichtig machen möchte. Daher gelten solche Verfügungsbeschränkungen wirtschaftlich für jeden Inhaber des Nachlasses.
Rz. 39
Verfügungsbeschränkungen können auch auf einem Rechtsgeschäft beruhen (§ 137 BGB). Eine Verfügung, die gegen die Vereinbarung verstößt, ist wirksam, macht aber schadensersatzpflichtig. Rechtlich kommt der Beschränkung schuldrechtliche Wirkung zu, die in wirtschaftlicher Hinsicht auf eine umfassende Verfügungsbeschränkung hinausläuft. Hierher gehört, dass ein Arbeitgeber Aktien verbilligt überlässt, die innerhalb einer Sperrfrist nicht veräußert werden dürfen.
2. Sachliche Verfügungsbeschränkungen
Rz. 40
Sachliche Verfügungsbeschränkungen gelten für jeden Eigentümer des Wirtschaftsguts. Auch sie können sich aus dem Gesetz oder einem Rechtsgeschäft ergeben.
Rz. 41
Gesetzliche Verfügungsbeschränkungen bestehen im Recht der Personengesellschaften. Hier können die Gesellschafter unter Lebenden nicht über ihre Gesellschafterrechte verfügen (§ 717 S. 1 BGB, §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB), auch nicht über ihre Anteile am Gesellschaftsvermögen (§ 719 Abs. 1 BGB, §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB). Verfügungen von Todes wegen sind nur für den Kommanditanteil (§ 177 HGB) und den Anteil des stillen Gesellschafters (§ 234 Abs. 2 BGB) generell zugelassen.
Rz. 42
Sachliche Verfügungsbeschränkungen kraft Gesetzes bestehen auch im Erbrecht, so bei der Vor- und Nacherbfolge, bei der der Vorerbe nach gesetzlicher Regel über ein Grundstück, das zur Erbmasse gehört, nicht wirksam verfügen kann, wenn dadurch das Recht des Nacherben vereitelt oder beeinträchtigt wird (§ 2113 Abs. 1 BGB). Die Beschränkungen sind zwar Ergebnis einer letztwilligen Verfügung, da es keine Vor- und Nacherbfolge kraft Gesetzes gibt, aber das macht sie nicht zu Verfügungsbeschränkungen, die auf letztwilliger Anordnung beruhen (§ 9 Abs. 3 S. 2 BewG).
Rz. 43
Sachliche Verfügungsbeschränkungen können auch auf vertraglicher Vereinbarung beruhen. Dazu gehört der Ausschluss der Abtretung einer Forderung (§ 399 BGB). Die Vereinbarung be...