1. Grundsätzliches
Rz. 392
Nach § 13a Abs. 10 ErbStG besteht – auch nach dem ErbStG 2016 – die Möglichkeit, unter diversen verschärfenden Voraussetzungen, eine vollständige Steuerbefreiung für das begünstigt erworbene Vermögen zu erlangen. Im Einzelnen gilt hierzu Folgendes:
2. Voraussetzungen der Optionsmöglichkeit
Rz. 393
Die Möglichkeit, zur Vollverschonung zu optieren, besteht nur dann, wenn das begünstigte Vermögen nicht zu mehr als 20 % aus Verwaltungsvermögen besteht, § 13b Abs. 2 S. 1 i.V.m. § 13a Abs. 10 S. 2 ErbStG. Der insoweit maßgebliche Anteil bestimmt sich nach dem Verhältnis der Summe der gemeinen Werte der Einzelwirtschaftsgüter des Verwaltungsvermögens (Bruttowert) zum gemeinen Wert des Betriebs (§ 13a Abs. 10 S. 3 ErbStG). Eine Saldierung mit (anteilig auf das Verwaltungsvermögen entfallenden) Schulden sowie der Abzug des unschädlichen Verwaltungsvermögens sind insoweit prinzipiell nicht vorgesehen. Allerdings ist auch im Anwendungsbereich von § 13a Abs. 10 S. 3 ErbStG das Verwaltungsvermögen i.S.v. § 13b Abs. 3 S. 1 ErbStG auszusondern. Hierbei handelt es sich um die Vermögensteile, die der Deckung von Altersvorsorgeverpflichtungen dienen, und zwar begrenzt auf den Wert der entsprechenden Verbindlichkeiten (vgl. hierzu § 13b ErbStG Rdn 179 ff.).
Rz. 394
Außerdem ist zu beachten, dass nur das (tatsächliche) Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 3 und 4 ErbStG in die Prüfung einzubeziehen ist. Demzufolge stellt der Sockelbetrag nach § 13b Abs. 4 S. 1 Nr. 5 (15 % des Werts des Betriebsvermögens) kein Verwaltungsvermögen i.S.v. § 13a Abs. 10 S. 3 ErbStG dar, wohl aber – wie erwähnt – das unschädliche Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 7 ErbStG (denn diese Vorschrift ist in § 13a Abs. 10 S. 3 ErbStG nicht genannt). Vor diesem Hintergrund kann es für den Steuerpflichtigen in bestimmten Fällen interessant sein, beispielsweise durch die Anwendung des vereinfachten Ertragswertverfahrens einen höheren Unternehmenswert der Besteuerung zugrunde zu legen. Im Übrigen ist im Rahmen des 20 %-Tests auch die Möglichkeit einer Umqualifizierung von Verwaltungsvermögen durch Investitionen nach § 13b Abs. 5 ErbStG zu berücksichtigen.
Rz. 395
Soweit für das begünstigte Vermögen der Anteil des Verwaltungsvermögens wegen Vorliegens mehrstufiger Strukturen (Konzernverhältnisse) in einer Verbundvermögensaufstellung (§ 13b Abs. 9 ErbStG) zu ermitteln ist, kommt es für die Anwendung von § 13a Abs. 10 S. 3 ErbStG natürlich auf diese an. Eine isolierte Betrachtung der einzelnen betrieblichen Einheiten/Beteiligungen scheidet dann aus.
Rz. 396
Auch wenn dies aus dem Wortlaut des Gesetzes nicht abgeleitet werden kann, geht die Finanzverwaltung – nach wie vor – davon aus, dass die Optionsausübung durch einen Erwerber stets nur einheitlich für alles im Zuge ein und desselben Erbfalls bzw. ein und derselben Schenkung vom selben Erblasser/Schenker erworbenes begünstigtes Vermögen erfolgen könne, und nicht separat für unterschiedliche (begünstigte) Erwerbsgegenstände. Demzufolge setzt die Anwendung von § 13a Abs. 10 S. 3 ErbStG über die Verbundvermögensaufstellung hinaus eine globale Betrachtung sämtlicher erworbener begünstigter Einheiten voraus. Hieraus folgt, dass – unter Zugrundelegung der Verwaltungsauffassung – für keine von mehreren gleichzeitig übergehenden wirtschaftlichen Einheiten die Optionsverschonung in Anspruch genommen werden kann, wenn infolge der einheitlichen Betrachtung insgesamt ein Verwaltungsvermögensanteil von mehr als 20 % vorliegt.
Richtig (und auch dem Wortlaut des Gesetzes entsprechend) ist aber, jede eigenständige Einheit begünstigten Vermögens (Betrieb, Gesellschaftsbeteiligung etc.) gesondert zu betrachten und insoweit jeweils auf ihren (isolierten) Wert bzw. ihr (eigenes) Verwaltungsvermögen abzustellen.