Rz. 184
Mit dem Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 7.12.2011 wurde neben der Neufassung von § 15 Abs. 4 ErbStG mit Wirkung zum 14.12.2011 § 7 Abs. 8 ErbStG in das Gesetz aufgenommen. Er soll im Zusammenhang mit Kapitalgesellschaften nach dem Willen des Gesetzgebers vornehmlich eine Besteuerungslücke schließen, die sich aufgrund der Entscheidung des BFH vom 9.12.2009 ergab. Doch aufgrund des weit gefassten Wortlautes ist fraglich, welche Tatbestände tatsächlich von § 7 Abs. 8 ErbStG erfasst werden. Erstmals mit Koordiniertem Ländererlass vom 14.3.2012 äußerte sich die Finanzverwaltung zu § 7 Abs. 8 ErbStG. Außerdem findet sich in RE 7.5 ErbStR mittlerweile eine Stellungnahme der Finanzverwaltung zum Anwendungsbereich der Norm.
1. Schenkung durch einen Gesellschafter an die Kapitalgesellschaft
Rz. 185
Leistungen eines Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft beinhalten grds. keine freigebige Zuwendung an die Gesellschaft. Es fehlt bereits an einer Freigebigkeit der Zuwendung, wenn die Zuwendung in rechtlichem Zusammenhang mit einem Gesellschaftszweck steht. Eine Zuwendung, mit der das Vermögen der Kapitalgesellschaft erhöht werden soll, dient in der Regel dem Gesellschaftszweck und hat ihren Rechtsgrund in der allgemeinen mitgliedschaftlichen Zweckförderungspflicht. Dies gilt insbesondere für quotale Zuwendungen. Auch durch die Einfügung von § 7 Abs. 8 ErbStG n.F. hat sich hieran grds. nichts geändert.
2. Schenkung durch einen Gesellschafter an einen anderen Gesellschafter
a) Grundsätzliches
Rz. 186
Inwieweit in der Leistung eines Gesellschafters an die Kapitalgesellschaft eine freigebige Zuwendung an einen oder mehrere andere Gesellschafter gesehen werden kann, die zur Abkürzung des Leistungsweges direkt an die Gesellschaft erbracht wird, war bereits vor Einfügung des § 7 Abs. 8 ErbStG umstritten.
Rz. 187
Nach Ansicht der Finanzverwaltung und einem Teil der Literatur ist es ausreichend, wenn der Leistende mit seiner Zuwendung das Ziel verfolgt, die übrigen Gesellschafter durch die Werterhöhung der (vorhandenen) Gesellschaftsrechte unentgeltlich zu bereichern. Eine Substanzverschiebung ist danach nicht erforderlich. Es genügt jedoch nicht, dass sich die Gesellschaftsrechte der übrigen Gesellschafter in ihrem Wert lediglich als unvermeidbare Folge der Einlage oder des Gesellschafterbeitrages erhöhen. Entscheidend für die Bejahung einer freigebigen Zuwendung ist vielmehr, dass der Gesellschafter nicht nur die Förderung des Gesellschaftszwecks, sondern auch eine freigebige Zuwendung an die Mitgesellschafter beabsichtigt (zur Bereicherungsabsicht siehe oben Rdn 97) oder die Zuwendung in keinem Zusammenhang zum Gesellschaftszweck steht.
Rz. 188
Eine engere Ansicht in der Literatur lässt eine bloße Wertsteigerung bei den vorhandenen Anteilen nicht genügen, sondern verlangt eine substantielle Vermögensverschiebung. Damit scheiden die Fälle, in denen die Bereicherung allein in der Wertsteigerung der vorhandenen Anteile liegt, mangels Substanzverschiebung aus einer Besteuerung aus. In seinem Urt. v. 25.10.1995 hat der BFH ebenfalls auf das Erfordernis einer Substanzverschiebung abgestellt. Dem Urteil lag ein Darlehen eines Gesellschafters zugrunde, das dieser an die GmbH gewährt und für die Dauer von zehn Jahren auf eine Verzinsung verzichtet hatte. In dem Verzicht auf die Darlehensverzinsung liegt keine Zuwendung an den anderen Gesellschafter (Sohn), denn Empfänger der Zuwendung (Zinsverzicht) sei allein die GmbH als juristische Person und nicht der andere Gesellschafter. Entsprechend hat der BFH für den Fall der Errichtung einer GmbH durch Bargründung im Zuge einer Betriebsaufspaltung entschieden und die unmittelbar durch den günstigen Pachtvertrag eintretende Werterhöhung der GmbH-Anteile nicht als freigebige Zuwendung anerkannt. Nach der Rechtsprechung des BFH ist dagegen eine bloße Wertveränderung bei bereits vorhandenen Anteilen nicht ausreichend, wenn damit keine Substanzverschiebung (z.B. im Zuge einer Kapitalquoten verändernden Kapitalerhöhung) verbunden ist. Die durch die Werterhöhung eintretende Bereicherung bei den Gesellschaftern beruhe lediglich auf einem Reflex und nicht einer freigebigen Zuwendung. Insbesondere bloße disquotale Einlagen können danach keine freigebigen Zuwendungen darstellen. Dies hat der BFH mit Urt. v. 9.12.2009 ausdrücklich bestätigt. Die Finanzverwaltung hat sich nach einigem Zögern und mit Blick auf die Einführung des § 7 Abs. 8 ErbStG mit Wirkung ab dem 14.12.2011 der Ansicht des BFH grds. angeschlossen, jedoch mit besonderen Ausnahmetatbeständen (siehe dazu auch Rdn 19...