Gesetzestext
(1) Der Kapitalwert von lebenslänglichen Nutzungen und Leistungen ist mit dem Vielfachen des Jahreswerts nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzusetzen. Die Vervielfältiger sind nach der Sterbetafel des Statistischen Bundesamtes zu ermitteln und ab dem 1. Januar des auf die Veröffentlichung der Sterbetafel durch das Statistische Bundesamt folgenden Kalenderjahres anzuwenden. Der Kapitalwert ist unter Berücksichtigung von Zwischenzinsen und Zinseszinsen mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent als Mittelwert zwischen dem Kapitalwert für jährlich vorschüssige und jährlich nachschüssige Zahlungsweise zu berechnen. Das Bundesministerium der Finanzen stellt die Vervielfältiger für den Kapitalwert einer lebenslänglichen Nutzung oder Leistung im Jahresbetrag von einem Euro nach Lebensalter und Geschlecht der Berechtigten in einer Tabelle zusammen und veröffentlicht diese zusammen mit dem Datum der Veröffentlichung der Sterbetafel im Bundessteuerblatt.
(2) Hat eine nach Absatz 1 bewertete Nutzung oder Leistung bei einem Alter
1. |
bis zu 30 Jahren nicht mehr als 10 Jahre, |
2. |
von mehr als 30 Jahren bis zu 50 Jahren nicht mehr als 9 Jahre, |
3. |
von mehr als 50 Jahren bis zu 60 Jahren nicht mehr als 8 Jahre, |
4. |
von mehr als 60 Jahren bis zu 65 Jahren nicht mehr als 7 Jahre, |
5. |
von mehr als 65 Jahren bis zu 70 Jahren nicht mehr als 6 Jahre, |
6. |
von mehr als 70 Jahren bis zu 75 Jahren nicht mehr als 5 Jahre, |
7. |
von mehr als 75 Jahren bis zu 80 Jahren nicht mehr als 4 Jahre, |
8. |
von mehr als 80 Jahren bis zu 85 Jahren nicht mehr als 3 Jahre, |
9. |
von mehr als 85 Jahren bis zu 90 Jahren nicht mehr als 2 Jahre, |
10. |
von mehr als 90 Jahren nicht mehr als 1 Jahr |
bestanden und beruht der Wegfall auf dem Tod des Berechtigten oder Verpflichteten, so ist die Festsetzung der nicht laufend veranlagten Steuern auf Antrag nach der wirklichen Dauer der Nutzung oder Leistung zu berichtigen. § 5 Abs. 2 Satz 2 gilt entsprechend. Ist eine Last weggefallen, so bedarf die Berichtigung keines Antrags.
(3) Hängt die Dauer der Nutzung oder Leistung von der Lebenszeit mehrerer Personen ab und erlischt das Recht mit dem Tod des zuletzt Sterbenden, so ist das Lebensalter und das Geschlecht derjenigen Person maßgebend, für die sich der höchste Vervielfältiger ergibt; erlischt das Recht mit dem Tod des zuerst Sterbenden, so ist das Lebensalter und Geschlecht derjenigen Person maßgebend, für die sich der niedrigste Vervielfältiger ergibt.
(4) Ist der gemeine Wert der gesamten Nutzungen oder Leistungen nachweislich geringer oder höher als der Wert, der sich nach Absatz 1 ergibt, so ist der nachgewiesene gemeine Wert zugrunde zu legen. Der Ansatz eines geringeren oder höheren Werts kann jedoch nicht darauf gestützt werden, daß mit einer kürzeren oder längeren Lebensdauer, mit einem anderen Zinssatz als 5,5 Prozent oder mit einer anderen als mittelschüssigen Zahlungsweise zu rechnen ist.
A. Allgemeines
Rz. 1
Wie schon zu § 13 BewG erläutert, hängt der Barwert von Nutzungen und Leistungen unter anderem von ihrer Laufzeit ab. Ist sie unbekannt, muss sie prognostiziert oder geschätzt werden.
Rz. 2
Unbekannt ist die Laufzeit, wenn sie von der Lebenszeit des Berechtigten abhängt. Denn die individuelle Lebenszeit lässt sich nicht berechnen. Mit Hilfe statistischer Verfahren berechnen lässt sich nur die künftige durchschnittliche Lebenserwartung einer Person, die ein bestimmtes Alter erreicht hat. Sie wird in sog. Sterbetafeln dargestellt. Davon ausgehend, ließe sich der Barwert von Nutzungen oder Leistungen durchaus finanzmathematisch berechnen. Aber das wäre fehlerhaft, denn dabei würde implizit unterstellt, dass die Rente eine feste Laufzeit in Höhe der durchschnittlichen Lebensdauer hat. So ist es aber nicht, denn der Berechtigte kann vor dem Ende der Lebensdauer sterben. Deshalb muss der Barwert versicherungsmathematisch berechnet werden. Dabei wird nicht nur die statistische Lebenserwartung berücksichtigt, sondern auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Berechtigte die künftigen Rentenzahlungen erlebt. In der Praxis wird der Barwert der Rente mit Hilfe von Leibrentenbarwertfaktoren berechnet, die auf den Jahresbetrag der Rente angewendet werden.
Rz. 3
Auch § 14 BewG regelt die Berechnung des Kapitalwerts von Nutzungen und Leistungen außerhalb eines Betriebsvermögens.
Rz. 4
Die ungewisse individuelle Lebensdauer bedeutet ein Risiko, das in die Bewertung einfließen muss. Denn Menschen sind risikoavers, weshalb drohende Verluste stärker ins Gewicht fallen als erwartete Gewinne. In der Konsequenz verlangt das eine asymmetrische Bewertung: Der gemeine Wert aus der Sicht des Berechtigten oder eines gedachten Erwerbers ist niedriger als der gemeine Wert aus der Sicht des Verpflichteten. Im ersten Fall besteht das Risiko, dass der Berechtigte vorzeitig stirbt, im zweiten das Risiko, dass er länger lebt. Gegenläufig besteht im ersten Fall die Chance, dass der Berechtigte länger lebt, und im zweiten die Chance, dass er vorzeitig stirbt. Angesichts der Risikoaversion wird das Risiko höher eingeschä...