Gesetzestext

 

(1) Die Erbschaftsteuer wird nach folgenden Prozentsätzen erhoben:

 
Wert des steuerpflichtigen Erwerbs (§ 10) bis einschließlich ... Euro Prozentsatz in der Steuerklasse
I II III
75 000 7 15 30
300 000 11 20 30
600 000 15 25 30
6 000 000 19 30 30
13 000 000 23 35 50
26 000 000 27 40 50
über 26 000 000 30 43 50

(2) Ist im Falle des § 2 Absatz 1 Nummer 1 ein Teil des Vermögens der inländischen Besteuerung aufgrund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung entzogen, ist die Steuer nach dem Steuersatz zu erheben, der für den ganzen Erwerb gelten würde.

(3) Der Unterschied zwischen der Steuer, die sich bei Anwendung des Absatzes 1 ergibt, und der Steuer, die sich berechnen würde, wenn der Erwerb die letztvorhergehende Wertgrenze nicht überstiegen hätte, wird nur insoweit erhoben, als er

a) bei einem Steuersatz bis zu 30 Prozent aus der Hälfte,
b) bei einem Steuersatz über 30 Prozent aus drei Vierteln,

des die Wertgrenze übersteigenden Betrags gedeckt werden kann.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

§ 19 Abs. 1 ErbStG enthält die Steuersätze für Erwerbe, für die die Steuer nach dem 31.12.2009 entsteht bzw. entstanden ist. Die Steuersätze sind formal nach drei Steuerklassen (entsprechend § 15 Abs. 1 ErbStG) unterteilt. Die bis 2008 geltende Steuersätze der Steuerklasse I blieben weitgehend unverändert, allerdings wurden die jeweiligen Tarifstufen, bis zu denen der jeweilige Steuersatz anzuwenden ist, aufgerundet.

Die Steuersätze der Steuerklasse II sind mit Wirkung ab 2010 zwischen denjenigen der Stkl I und III angesiedelt.[2] Nach der Gesetzesbegründung[3] sollte dadurch die steuerliche Belastung zwischen den Erwerbern der Steuerklassen II und III mittels eines unterschiedlichen Steuertarifs differenziert werden. Für Angehörige der Steuerklasse II (insbesondere Geschwister und Neffen) sollen niedrigere Steuersätze als für die Personen in Steuerklasse III gelten. Die Differenzierung der Steuersätze zwischen den Steuerklassen II und III soll dem familiären Näheverhältnis Rechnung tragen und auch die erbrechtliche Sonderstellung der nahen Verwandten gegenüber fremden Dritten berücksichtigen. Gerade vor dem Hintergrund der demographischen Entwicklung sei eine solche Differenzierung gerechtfertigt. Der Tarif steht im Übrigen in einem engen Zusammenhang mit den Freibeträgen. Z.B. sieht § 16 ErbStG für alle Erwerber der Steuerklasse I ab 2009 deutlich erhöhte persönliche Freibeträge vor. Dadurch vermindert sich die effektive Steuerbelastung der kleinen und mittleren Vermögensanfälle erheblich. Daher kann man auch die unmittelbar auf die Steuersätze einwirkenden Regelungen wie Steuerklassen, Freibeträge usw. m.E. zum Erbschaftsteuertarif zählen.[4] U.a. soll mit § 14 ErbStG (Zusammenrechnung mehrere Erwerbe) ausgeschlossen werden, dass die progressive Steigerung des Steuersatzes nach § 19 ErbStG durch Zerlegung einer größeren Schenkung in mehrere Teilschenkungen vermieden wird.[5]

Die Steuerklasse III ist nach h.M. der "Normalsteuertarif", die Steuersätze der Klassen I und II sind unter Anwendung von Art. 3, 6 GG zulässige Begünstigungen, insbesondere der Erwerbe im engsten Familienkreis und von näheren Verwandten.

 

Rz. 2

In 2009 und für Fälle des Art. 3 ErbStRG (für Erwerbe von Todes wegen, für die die Steuer nach dem 31.12.2006 und vor dem 1.1.2009 entstanden ist) gab es für Erwerber der Steuerklassen II und III einen gleichen Tarif mit nur noch zwei unterschiedlichen Steuersätzen – jeweils 30 und 50 % –, wobei der Steuersatz von 50 % schon für steuerpflichtige Erwerbe über 6.000.000 EUR gilt. § 19 Abs. 1 ErbStG 2009 weicht insoweit sowohl von den früheren Fassungen der Vorschrift[6] als auch von § 19 Abs. 1 ErbStG n.F. (ab 2010) ab, die für Erwerber der Steuerklasse II Steuersätze vorsehen, die von einzelnen Ausnahmen bei bestimmten Wertstufen abgesehen zwischen den Steuersätzen für Erwerber der Steuerklasse I und III liegen. Dieser Tarif war insbesondere in Hinblick auf das zu erzielende Steueraufkommen ausgestaltet. Trotz Kritik hatten die Bundesländer, denen das Erbschaftsteueraufkommen zusteht, dem Tarif zugestimmt. M.E. ist dem BFH[7] und dem FG Düsseldorf[8] zuzustimmen, dass die Gleichstellung der Erwerber der Steuerklasse II mit Erwerbern der Steuerklasse III durch § 19 Abs. 1 ErbStG (in 2009) nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstößt, d.h. insgesamt nicht verfassungswidrig ist. Das BVerfG[9] hat hierzu ebenfalls keine abweichende Meinung vertreten. Meincke[10] ist voll inhaltlich zuzustimmen, wenn er sagt, dass man zwischen einer Regelung, die vernünftigen steuerrechtlichen Überlegungen widerspricht, die aus steuerlicher Sicht als unzweckmäßig, unsachgerecht oder ärgerlich eingestuft werden muss, und einer Regelung, die gegen die Verfassung verstößt, unterscheiden muss. Entsprechend war der Gesetzgeber zu einer Differenzierung der Steuerbelastung von Personen der Steuerklasse II und III in Hinblick auf Art. 6 GG berechtigt (so dann auch die Neuregelung mit Wirkung ab 2010).

 

Rz. 3

Die Steuersätze beziehen sich auf den Wert des gesamten[11...

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