Gesetzestext

 

Von der Festsetzung der Erbschaftsteuer ist abzusehen, wenn die Steuer, die für den einzelnen Steuerfall festzusetzen ist, den Betrag von 50 Euro nicht übersteigt.

 

Rz. 1

Für Erwerbe von unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen gilt ab 1.1.2002 aus Vereinfachungsgründen für jeden Erwerb und bei jedem Erwerber die Kleinbetragsgrenze von 50 EUR. Als Steuerfall im Sinne des § 22 ErbStG ist nicht der "Erbfall" und damit bei mehreren Beteiligten nicht die Gesamtzahl der Erwerbe anzusehen, sondern – wie bei Zuwendungen unter Lebenden – der einzelne Vermögensanfall. Es kommt auf die errechnete Steuer und nicht etwa auf den stpfl. Erwerb an. Durch die Erhöhung der Steuersätze in Steuerklasse II und III ist die Bedeutung der Kleinbetragsgrenze noch weiter als bisher zurückgegangen. Schon bei einem Erwerb ab 340 EUR bzw. ab 200 EUR (in 2009) nach Abzug der Freibeträge ist in Steuerklasse II (bisher 400 EUR) und in Steuerklasse III eine Steuer festzusetzen.[1] Die Kleinbetragsgrenze ist sowohl bei der Steuerfestsetzung wie auch bei allen anderen Steuerberechnungen, z.B. im Rahmen des § 14 ErbStG, zu berücksichtigen. Die Kleinbetragsgrenze ist von Amts wegen zu beachten; die Nichtbeachtung kann ggf. nur im Rahmen des Einspruchs gegen den gesamten Bescheid angefochten werden. Im Ergebnis erhöhen sich durch die Freigrenze von 50 EUR ab 2002 die in § 16 ErbStG und §§ 13a und 13c ErbStG geregelten Freibeträge noch etwas; dazu kommt eine weitere Entlastung durch die Abrundungsvorschrift in § 10 Abs. 1 S. 6 ErbStG. Demnach können an einen Geschwisterteil 20.399,99 EUR steuerfrei geschenkt werden (da die zusätzlichen abgerundeten 300 EUR nur 45 EUR Steuer (15 %) auslösen.

 

Rz. 2

Nicht zu verwechseln ist die Kleinbetragsgrenze i.S.d. § 22 ErbStG mit der Grenze nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 der Kleinbetragsverordnung betr. Änderung oder Berichtigung von Steuerfestsetzungen.[2] Danach unterbleiben Korrekturen von Erbschaft-/Schenkungsteuerfestsetzungen, wenn die Abweichung von der bisherigen Festsetzung bei einer Änderung oder Berichtigung zugunsten des Steuerpflichtigen mindestens 10 EUR oder bei einer Änderung oder Berichtigung zuungunsten des Steuerpflichtigen mindestens 25 EUR beträgt. Zur Korrektur in den Fällen des § 25 ErbStG (anzuwenden auf Erwerbe mit Steuerentstehungszeitpunkt vor dem 1.1.2009) siehe OFD Frankfurt v. 31.1.2017.[3] Im Bereich des Erhebungsverfahrens, d.h. bei Erhebung festgesetzter Steuern, gelten – etwa bzgl. Säumniszuschlägen – ebenfalls Kleinbetragsregelungen.[4] Von der Einhaltung der Kleinbetragsgrenzen kann abgesehen werden, wenn diese vom Steuerpflichtigen missbräuchlich ausgenutzt werden.

 

Literaturtipps

Literaturhinweis:

Vogt, Der "maximale Erbschaftsteuerfreibetrag" nach der Umstellung auf Euro, DStR 2001, 1148.

[1] Vogt, DStR 2001, 1148.
[2] Kleinbetragsverordnung v. 19.12.2000 (BGBl I, 1790, 1805), geändert durch Art. 3 des Gesetzes zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens v. 18.7.2016, BGBl I 2016, 1679).
[3] OFD Frankfurt/M. v. 31.1.2017 – S 3900 A-009-St 119, ofix HE ORG/923.

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