Gesetzestext
(1) Die Gerichte, Behörden, Beamten und Notare haben dem für die Verwaltung der Erbschaftsteuer zuständigen Finanzamt schriftlich Anzeige zu erstatten über diejenigen Beurkundungen, Zeugnisse und Anordnungen, die für die Festsetzung einer Erbschaftsteuer von Bedeutung sein können.
(2) Insbesondere haben anzuzeigen:
1. |
die Standesämter: die Sterbefälle; |
2. |
die Gerichte und die Notare: die Erteilung von Erbscheinen, Europäischen Nachlasszeugnissen, Testamentsvollstreckerzeugnissen und Zeugnissen über die Fortsetzung der Gütergemeinschaft, die Beschlüsse über Todeserklärungen sowie die Anordnung von Nachlasspflegschaften und Nachlassverwaltungen; |
3. |
die Gerichte, die Notare und die deutschen Konsuln: die eröffneten Verfügungen von Todes wegen, die abgewickelten Erbauseinandersetzungen, die beurkundeten Vereinbarungen der Gütergemeinschaft und die beurkundeten Schenkungen und Zweckzuwendungen. |
A. Allgemeines
Rz. 1
Da die Pflicht zur Abgabe einer Erklärung erst durch die Aufforderung der Erbschaftsteuerstelle entsteht, muss die Erbschaftsteuerstelle zunächst in die Lage versetzt werden zu prüfen, ob ein Besteuerungsverfahren voraussichtlich mit der Festsetzung einer Steuer enden wird. Zur Vorprüfung benötigt die Erbschaftsteuer die Mitteilung, dass ein der Besteuerung unterliegender Vorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 ErbStG stattgefunden hat, wer an ihm beteiligt ist und wie werthaltig der Vorgang gewesen ist. Die in §§ 33, 34 ErbStG genannten Stellen sind von Gesetzes wegen verpflichtet, entsprechende Angaben zu machen, um diese Vorprüfung durchführen zu können. Die Anzeige beendet zwar die Anlaufhemmung des § 170 Abs. 2 AO, führt aber zu der im Rahmen des § 170 Abs. 5 S. 2 ErbStG maßgebenden Kenntnis der für die Besteuerung zuständigen Erbschaftsteuerstelle, die als letztmöglicher Zeitpunkt spätestens den Lauf der Verjährungsfrist in Gang setzt.
Rz. 2
Zur Mitwirkung verpflichtet sind zunächst die mit dem Meldewesen befassten öffentlichen Stellen (Standesämter, Gerichte und Notare), die alle beurkundeten Zeugnisse und Anordnungen offenlegen müssen. Näher ausgeführt wird das Mitteilungsverfahren durch die §§ 4–10 ErbStDV, für die durch das Gesetz zur Reform des Personenstandsrechts zum 1.1.2009 geänderte Formalien eingeführt hat. So ist ab dem 1.1.2009 durch das Standesamt nicht mehr die Durchschrift der Eintragung in das Sterbebuch oder der Durchschrift der Sterbeurkunde, sondern die Sterbeurkunde selbst zu übersenden (§ 4 Abs. 1 ErbStDV). Anstelle des Sterbebuches ist zum 1.1.2009 das Sterberegister eingeführt worden, so dass die Sterbefälle unter Benennung der laufenden Nummer des Sterberegisters mitzuteilen sind (§ 4 Abs. 2, 3 und 4 ErbStDV).
Rz. 3
Durch das Gesetz zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften vom 29.6.2015 wurde die Erteilung des Europäischen Nachlasszeugnisses in den Katalog der für die Nachlassgerichte anzeigepflichtigen Vorgänge aufgenommen. Dies gilt für Erwerbszeitpunkte nach dem 16.8.2015. Das Europäische Nachlasszeugnis ist in Erwerbsfällen mit Auslandsbezug hilfreich, da der inländische Erbschein nur innerhalb Deutschlands Geltung beansprucht. Antragsberechtigt nach § 37 IntErbRVG sind Erben, dingliche Vermächtnisnehmer, Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker, die bei dem für Nachlasssachen zuständigen Gericht (§ 34 Abs. 4 IntErbRVG) oder der zuständigen Behörde am letzten gewöhnlichen Aufenthaltsort des Erblassers das Europäische Nachlasszeugnis beantragen können. Obgleich der Gesetzgeber mit der Einführung des Europäischen Nachlasszeugnisses durch Kapitel VI der EU-ErbVO und den §§ 33–44 IntErbRVG eine weitergehende Gleichbehandlung mit dem Erbschein beabsichtigte, gibt es – verursacht ggf. durch das am letzten Wohnsitz geltende Recht oder aber durch das insoweit nicht vollständig auf das inländische Recht zugeschnittene Europäische Recht – eine Reihe von Unstimmigkeiten, die einer Klärung bedürfen. Insoweit die Erteilung des Europäischen Nachlasszeugnisses jedenfalls auf Erwerbsfälle mit Auslandsbezug beschränkt ist, gilt dies für den inländischen Erwerbsnachweis (§ 2353 BGB, §§ 342 ff. FamFG) nicht. Denkbar sind also Divergenzen zwischen zwei divergierenden Erbnachweisen, die sich mitunter durch Hinzunahme des internationalen Güterrechts klären lassen, im Ergebnis aber die Zirkulationsfähigkeit des Nachweises behindern.
Rz. 4
Für die Übermittlung der Anzeige sind die Muster 4, 5 und 6 zur ErbStDV durch die öffentlichen Stellen zu verwenden. Die Mitteilung an die nach § 35 ErbStG zuständige Erbschaftsteuerstelle (Ausnahme: Anzeige der Standesämter an das Finanzamt am Sitz des Standesamtes und der ausländischen Amtspersonen an das Bundesministerium für Finanzen) hat schriftlich zu erfolgen. Obgleich damit grundsätzlich auch ein elektronischer Auskunftsverkehr mit Signatur nach § 87a AO in Betracht kommt, sind elektronische Mitteilungen durch § 7 Abs. 1 S. 2, § 8 Abs. 1 S. 2, § 9 S. 2 und § 10 Abs. 1 S. 2 ErbS...