Gesetzestext

 

(1) Wird die Gütergemeinschaft beim Tod eines Ehegatten oder beim Tod eines Lebenspartners fortgesetzt (§§ 1483 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuchs), wird dessen Anteil am Gesamtgut so behandelt, als wäre er ausschließlich den anteilsberechtigten Abkömmlingen angefallen.

(2) Beim Tode eines anteilsberechtigten Abkömmlings gehört dessen Anteil am Gesamtgut zu seinem Nachlaß. Als Erwerber des Anteils gelten diejenigen, denen der Anteil nach § 1490 Satz 2 und 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zufällt.

A. Allgemeines

 

Rz. 1

Die in der Praxis selten gewordene Gütergemeinschaft kommt in zwei Formen vor: 1. Die einfache Gütergemeinschaft, die mit dem Tod eines Ehegatten bzw. Lebenspartners endet (§ 1482 Abs. 1 S. 1 BGB) und bei der der Anteil des vorverstorbenen Partners am Gesamtgut (§ 1416 Abs. 1 S. 1 BGB) regulär in seinen Nachlass fällt. 2. Die über den Tod eines Partners hinaus von dem überlebenden Ehegatten mit den gemeinschaftlichen Abkömmlingen fortgesetzte Gütergemeinschaft (§§ 1483 ff. BGB), die zwischen den Ehepartnern vereinbart werden muss. Dabei sieht das Zivilrecht ausdrücklich vor, dass der Anteil des vorverstorbenen Ehegatten am Gesamtgut nicht in seinen Nachlass fällt, § 1483 Abs. 1 S. 3 BGB. Die nachrückenden Abkömmlinge erwerben diesen Anteil am Gesamtgut daher nicht von Todes wegen, sondern im Wege güterrechtlicher Sonderrechtsnachfolge. Nur für diesen Fall regelt § 4 ErbStG die erbschaftsteuerlichen Folgen für die auf die anteilsberechtigten Abkömmlinge übergehenden Anteile am Gesamtgut und stellt den Fall einem Erwerb von Todes wegen nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG gleich. Auf diese Weise wird die durch die Fortsetzung der Gütergemeinschaft eintretende Bereicherung bei den Abkömmlingen erfasst.

Die schenkungsteuerpflichtige Bereicherung, die durch die erstmalige Vereinbarung der Gütergemeinschaft zwischen Ehegatten eintreten kann, wird von § 7 Abs. 1 Nr. 4 ErbStG erfasst (vgl. § 7 ErbStG Rdn 117).

B. Tatbestand

I. Absatz 1

 

Rz. 2

§ 4 Abs. 1 ErbStG regelt, dass bei Tod eines Ehegatten oder Lebenspartners dessen Anteil am Gesamtgut als ausschließlich den infolge der fortgesetzten Gütergemeinschaft anteilsberechtigten Abkömmlingen angefallen anzusehen ist. Nur insoweit wird ein Erwerb von Todes wegen fingiert. Diese Regelung beinhaltet zugleich die Klarstellung, dass der überlebende Partner durch die Fortsetzung der Gütergemeinschaft am Gesamtgut nicht bereichert wird, insoweit also kein erbschaftsteuerpflichtiger Erwerb in Betracht kommt. Dies gilt jedenfalls solange, wie sich sein Anteil am Gesamtgut durch den Tod nicht verändert (§§ 1514, 1512, 1513 Abs. 1 BGB).

 

Rz. 3

Seit dem 1.1.2009 erfasst die Norm nicht mehr nur die Ehegatten, die fortgesetzte Gütergemeinschaft vereinbart haben, sondern wird auf entsprechend ausgestaltete Lebenspartnerschaften ausgedehnt. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um eine fortgesetzte Gütergemeinschaft im Sinne des BGB handelt. Ausländische Güterrechtsgemeinschaften werden von § 4 ErbStG nicht erfasst.

 

Rz. 4

Der auf die Abkömmlinge übergehende hälftige Anteil am Gesamtvermögen (Aktiva wie Passiva) ist nach § 12 ErbStG zu bewerten und auf die Abkömmlinge entsprechend ihrem Beteiligungsverhältnis aufzuteilen. Das besondere Verwaltungsrecht des längerlebenden Ehegatten führt weder zu einer Wertminderung (§ 12 Abs. 1 ErbStG i.V.m. § 9 Abs. 2 BewG) noch einem Hinausschieben des Besteuerungszeitpunktes. Die Bestattungskosten zählen nicht zu den Verbindlichkeiten des Gesamtgutes, sondern zu den Nachlassverbindlichkeiten, die den Erben treffen (§ 1968 BGB). Sind die Abkömmlinge daher gleichzeitig Erben des vorverstorbenen Ehegatten, können sie die gezahlten Beerdigungskosten in Abzug bringen. Trägt der überlebende Ehegatte die Beerdigungskosten und ist er allein zugleich Erbe, können die von ihm übernommenen Bestattungskosten zur Hälfte auch den Anteil der Abkömmlinge mindern, soweit kein voller Abzug beim Ehegatten gerechtfertigt ist (§ 1499 Nr. 1 BGB). Ohne Erbenstellung lässt sich ein Abzug nur unter Hinweis auf die in § 4 ErbStG erfolgte gesetzliche Gleichstellung mit einem Erwerb von Todes wegen begründen.[1] Darauf, ob tatsächlich eine Verpflichtung zur Kostentragung besteht, soll es aufgrund dieser Fiktion nicht ankommen.

 

Rz. 5

Aufgrund der erbschaftsteuerlichen Erwerbsfiktion mit Beginn der fortgesetzten Gütergemeinschaft sind auch die Vorempfänge, die der Abkömmling im Vorfeld erhalten hat, bereits in diesem Zeitpunkt zu berücksichtigen. Zu beachten ist § 2054 BGB, wonach die Zuwendung aus dem Gesamtgut als durch beide Ehegatten je zur Hälfte erfolgt anzusehen ist. Damit wird für den berechtigten Abkömmling grds. nur die Hälfte des Vorempfangs ausgleichspflichtig.

 

Beispiel

Die Eheleute E und F vereinbaren die Fortsetzung der Gütergemeinschaft mit ihren beiden Kindern A und B zu gleichen Teilen. B hat zu Lebzeiten bereits 200.000 EUR aus dem Gesamtgut erhalten. Als F stirbt, beträgt der Wert des Gesamtgutes insgesamt 1.000.000 EUR. Der auf A und B zu gleichen Teilen übergehenden Anteil am Gesamtgut beträgt insgesam...

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