Leitsatz

Verlangt der Konkursverwalter von einem Gesellschafter die Rückzahlung einer Leistung nach den Grundsätzen des Eigenkapitalersatzes, muss er darlegen und beweisen, dass die Gesellschaft zum maßgeblichen Zeitpunkt in einer Krise war. Hierzu ist ein Überschuldungsstatus unabdingbar.

 

Sachverhalt

Der Beklagte ist zu 25 % an der B-GmbH beteiligt und Eigentümer des an diese vermieteten Betriebsgrundstücks. Am 2.6.1999 wurde das Konkursverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet und der Kläger zum Verwalter bestellt. Mit der Klage verlangt er Rückzahlung der von dem Beklagten im Jahre 1998 vereinnahmten Mieten. Dazu behauptet er, die GmbH sei schon seit 1994 überschuldet gewesen. Der BGH hob die verurteilende Entscheidung des OLG auf und verwies die Sache zurück.

 

Entscheidung

Die Klage auf Rückgewähr der Mieten ist nur dann begründet[1], wenn die GmbH in den Vorjahren in eine Krise[2] geraten ist und der Beklagte das erkennen konnte. Eine Krise lag dann vor, wenn die GmbH insolvenzreif war. Da die GmbH 1998 noch zahlungsfähig war, konnte sich eine Insolvenzreife nur aus einer Überschuldung ergeben. Nach der hier noch anwendbaren Konkursordnung sind dazu eine rechnerische Überschuldung und eine negative Fortbestehensprognose erforderlich[3]. Eine rechnerische Überschuldung liegt vor, wenn die im Insolvenzfall verwertbaren Vermögensgegenstände zu ihren Veräußerungswerten nicht mehr ausreichen, um die Schulden zu decken. Die Überschuldung ist grundsätzlich durch Vorlage eines Überschuldungsstatus darzulegen. Darin sind die stillen Reserven aufzudecken und die Vermögensgegenstände zu Veräußerungswerten anzusetzen. Es genügt nicht, lediglich die Handelsbilanz vorzulegen, weil diese nach anderen Kriterien als ein Überschuldungsstatus aufzustellen ist. So sagt sie nichts über stille Reserven aus. Die Handelsbilanz kann deshalb nur indizielle Bedeutung für die insolvenzrechtliche Überschuldung haben[4]. Dies gilt vor allem dann, wenn der Beklagte substantiiert auf angeblich vorhandene und nicht aus der Handelsbilanz ersichtliche Vermögenswerte hinweist. Das OLG muss erneut Beweis erheben und gegebenenfalls einen Sachverständigen einschalten, der Bewertungsfragen prüft. Dabei trägt der klagende Konkursverwalter auf jeden Fall die Beweislast. Gelingt ihm der Nachweis einer Unternehmenskrise nicht, ist seine Klage abzuweisen.

 

Praxishinweis

Nach der seit dem 1.1.1999 geltenden InsO liegt eine Überschuldung dann vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt, wobei von Fortführungswerten auszugehen ist, wenn eine positive Fortführungsprognose besteht[5]. Auch nach neuem Recht ist für die hier zu entscheidende Frage ein Überschuldungsstatus unverzichtbar, da nur so die "wahren Werte" eines Unternehmens ermittelt werden können.

 

Link zur Entscheidung

BGH-Urteil vom 7.3.2005, II ZR 138/03

[1] Vgl. §§ 30, 31 Abs. 1 GmbHG sowie zu den Eigenkapitalersatzregeln grundlegend BGH-Urteil vom 14.12.1992, II ZR 298/91, NJW 1993, S. 392
[3] Dazu Weyand, Insolvenzdelikte, 6. Aufl., Berlin 2003, Rn. 31ff.
[5] Vgl. § 19 Abs. 1 InsO; Weyand, a.a.O. (Fn. 3), Rn. 33ff.

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