Leitsatz
Mit Urteil v. 5.5.2008 (II ZR 108/07) hat der BGH entschieden, dass dem von einer Aktiengesellschaft an ihre Schwestergesellschaft gewährte Darlehen keine Eigenkapital ersetzende Funktion gemäß § 32a Abs. 3 GmbHG zukommt. Im Fall einer Insolvenz der Schwestergesellschaft ist dieses Darlehen daher nicht nachrangig.
Eine Aktiengesellschaft gewährte einer GmbH ein Darlehen über rund 3,5 Mio EUR. Die beiden Gesellschaften wurden mehrheitlich von einer Aktiengesellschaft (Muttergesellschaft) beherrscht und waren daher Schwestergesellschaften. Über das Vermögen der Schwester-GmbH wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter stellte sich auf den Standpunkt, das Darlehen der AG sei als Eigenkapitalersatz anzusehen und damit nur nachrangig aus der Insolvenzmasse zu bedienen (§ 32a GmbHG).
Dagegen wehrte sich die AG mit Erfolg. In seiner Entscheidung führte der BGH aus, dass nicht nur ein Darlehen des Gesellschafters, sondern auch Darlehen im Konzern, d.h. der Muttergesellschaft für eine Enkelgesellschaft oder ein Darlehen einer Schwestergesellschaft, den Eigenkapitalersatzregeln unterfallen können. Dies setzt voraus, dass der Dritte bei wirtschaftlicher Betrachtung einem Gesellschafter gleichsteht (§ 32a Abs. 3 GmbHG): Dies wiederum ist der Fall, wenn der Dritte aufgrund seiner Anteile oder Stimmrechte einen bestimmenden Einfluss auf den Gesellschafter ausüben kann.
Dies ist bei zwei Schwester-GmbHs regelmäßig der Fall, wenn die gemeinsame Muttergesellschaft jeweils eine Beteiligung von mehr als 50% hält; denn die Gesellschafterversammlung der GmbH darf den Geschäftsführern Weisungen erteilen. Die Mutter kann daher über die Geschäftsführung der zwei Schwester-GmbHs bestimmen. Im Unterschied dazu leitet der Vorstand einer AG diese unter eigener Verantwortung (§ 76 Abs. 1 AktG), d.h. die Aktionäre können nicht durch einen Hauptversammlungsbeschluss Weisungen erteilen. Da der Vorstand der Schwester-AG somit in seiner Entscheidung frei war, ob er der Schwester-GmbH ein Darlehen gewährt, ist diese Schwester-AG nicht wie eine Gesellschafterin der GmbH zu behandeln.
Hinweis
Im Konzern hat daher eine AG einen Vorteil gegenüber einer GmbH, solange die AG nicht durch einen Beherrschungsvertrag gebunden und der Vorstand damit Weisungen unterworfen ist. Wird einer Schwestergesellschaft ein Darlehen gewährt, so wird nur die AG bei der Verteilung der Insolvenzmasse den anderen Gläubigern gleichgestellt. In manchen Fällen kann es daher ratsam sein, eine GmbH in eine AG umzuwandeln oder aber das Darlehen von einer Konzern-AG und nicht einer Konzern-GmbH gewähren zu lassen. Letztlich hat dieser Vorteil in der Praxis jedoch häufig nur eine geringe Auswirkung, da die Insolvenzquoten, mit denen die Forderungen aus der Insolvenzmasse bedient werden, üblicherweise nur zwischen 1% und 10% liegen.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 05.05.2008, II ZR 108/07