Dr. iur. Stefan Lammel, Dr. Jan Henning Martens
Leitsatz
Tritt der Gesellschafter oder eine diesem gleich gestellte Person eine gegen die Gesellschaft gerichtete Darlehensforderung binnen eines Jahres vor Stellung des Insolvenzantrags an einen Dritten ab und tilgt die Gesellschaft anschließend das Darlehen gegenüber dem Dritten, kann der Insolvenzverwalter sowohl vom dem Dritten als auch dem Gesellschafter aufgrund Insolvenzanfechtung gemäß § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO die Rückzahlung des getilgten Darlehensbetrags verlangen..
Sachverhalt
Im November 2010 wurde das Insolvenzverfahren über die A-GmbH eröffnet. Dieser war von der Beklagten - die an der A-GmbH nur mittelbar über zwischengeschaltete Gesellschaften beteiligt war - ein Darlehen gewährt worden. Im März 2010 hatte die Beklagte bei gleichzeitiger Abtretung diese Darlehensforderung an einen Dritten verkauft. Die A-GmbH beglich danach aber noch vor dem Insolvenzantrag das Darlehen gegenüber diesem Dritten. Die Frage war, ob in dieser Gestaltung eine Insolvenzanfechtung wegen Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen bzw. diesem gleichgestellten Finanzierungsformen möglich war, und wenn ja, von wem der Insolvenzverwalter die Rückzahlung des getilgten Darlehensbetrags verlangen konnte.
Entscheidung
Der BGH hat einen Rückzahlungsanspruch des Insolvenzverwalters (auch) gegenüber der Beklagten bejaht. Ursprünglich stellte die Darlehensforderung ein Gesellschafterdarlehen an die A-GmbH dar. Denn auch auf Darlehen von mittelbaren Gesellschaftern seien die Anfechtungs- und Nachrangregeln nach § 39 Abs. 1 Nr. 5, § 135 Abs. 1 InsO anwendbar. Durch die mittelbare Beteiligung der Beklagten an der A-GmbH und die entsprechend starke Einflussnahme auf diese stehe die Beklagte wirtschaftlich einem Gesellschafter gleich.
Auch die Abtretung des Darlehens an einen Nichtgesellschafter stehe dem Charakter des Darlehens als Gesellschafterdarlehen nicht entgegen, wenn die Forderung innerhalb der Jahresfrist nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO übertragen wurde.
Hinweis
Bei Darlehen verbundener Unternehmen sind die insolvenzrechtlichen Regelungen der §§ 39 Abs. 1 Nr. 5, 135 InsO immer zu berücksichtigen. Wenig überraschend bestätigt der BGH, dass auch Darlehen nur mittelbarer Gesellschafter diesen Einschränkungen unterfallen. Auch Darlehen von Schwestergesellschaften werden daher als Gesellschafterdarlehen behandelt, jedenfalls wenn eine Einflussnahme des Gesellschafters nicht ausgeschlossen werden kann. Zahlungen auf Gesellschafterdarlehen können im Falle der Insolvenz der Gesellschaft angefochten und der entsprechende Betrag zurückverlangt werden. Der BGH bleibt damit auf der Linie der Rechtsprechung, wonach der Umfang der Gesellschafterdarlehen im Sinne des Anfechtungsrechts eher weit auszulegen ist.
Interessant ist, dass auch der Erwerber der Darlehensforderung von einer Anfechtung betroffen sein kann. Das Urteil sollte daher bei der Sicherungsabtretung von Gesellschafterdarlehen beachtet werden, da der Wert der Sicherheit durch die Möglichkeit der Insolvenzanfechtung innerhalb eines Jahres nach Abtretung erheblich beeinträchtigt wird. Eine Rolle spielen kann die Rechtsprechung auch bei Unternehmenskäufen, wenn Gesellschafterdarlehen an Nicht-Gesellschafter / nicht den Erwerber der Beteiligung übergehen oder beim Veräußerer zurückbleiben.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 21.02.2013, IX ZR 32/12