Leitsatz

Das Grundbuchamt kann keine Zustimmung der Grundpfandrechtsinhaber zur Eintragung einer nachträglich vereinbarten Öffnungsklausel verlangen!

 

Normenkette

§§ 10, 23 WEG; §§ 877, 876 Satz 1 BGB

 

Kommentar

  1. Alle Eigentümer einer Gemeinschaft hatten in Änderung der Gemeinschaftsordnung die Eintragung einer Öffnungsklausel mit folgendem Wortlaut beantragt:

    "Änderung der Gemeinschaftsordnung: Die Eigentümerversammlung kann durch Beschluss mit ¾-Mehrheit der Stimmen aller Sondereigentümer Änderungen der Gemeinschaftsordnung (Teil II der Teilungserklärung) beschließen. Sonderrechte oder Vorzugsrechte eines Eigentümers dürfen durch einen solchen Beschluss nur mit dessen Zustimmung entzogen oder beeinträchtigt werden. Die Sondereigentümer, auch diejenigen, die an der Beschlussfassung nicht teilgenommen oder dem Beschluss widersprochen haben, sind verpflichtet, Änderungsvereinbarungen, die beschlussmäßig getroffen worden sind, zur Eintragung in das Grundbuch zu bewilligen. Die Kosten hierfür trägt die Eigentümergemeinschaft."

    Das Amtsgericht und das Landgericht forderten für diese Änderungseintragung die Zustimmung der Grundpfandrechtsgläubiger (ggf. unter Vorlage der Grundpfandrechtsbriefe). Der Senat hat demgegenüber entschieden, dass eine Zustimmung dinglicher berechtigter Dritter zur Einführung (Eintragung einer Öffnungsklausel) vom Grundbuchamt nicht verlangt werden könne, da durch eine solche Öffnungsklausel die dingliche Rechtsposition der Pfandgläubiger noch nicht betroffen werde.

  2. Zunächst ist festzuhalten, dass die Zulässigkeit von Vereinbarungen über die (nachträgliche) Einführung von Öffnungsklauseln heute allgemein anerkannt ist (h.R.M.). Um gegenüber Sondernachfolgern Wirkung zu entfalten, müssen solche Öffnungsklauseln im Grundbuch eingetragen werden (§ 10 Abs. 2 WEG). Dabei stellt sich die Frage, ob die Öffnungsklausel eine beeinträchtigende Inhaltsänderung des jeweiligen Sondereigentums im Sinne der §§ 877, 876 Satz 1 BGB darstellt; wenn nämlich das Wohnungseigentum mit dem Recht eines Dritten belastet ist, ist sachenrechtlich dessen Zustimmung zu einer Inhaltsänderung erforderlich, es sei denn, seine dingliche Rechtsstellung wird durch die Änderung nicht berührt; es muss jede rechtliche, nicht bloß eine wirtschaftliche Beeinträchtigung ausgeschlossen sein (BGH v. 14.6.1984, V ZB 32/82, BGHZ 91, 343).

    Die Zustimmungsnotwendigkeit dinglich berechtigter Dritter bei der Eintragung einer Öffnungsklausel wird im Anschluss an die grundlegende Entscheidung des BGH v. 20.9.2000, V ZB 58/99 (NJW 2000, 3500, ZMR 2000, 771), überwiegend verneint oder zumindest bezweifelt (u.a. von Lüke, Müller, Ott, Wenzel, Schneider, Hügel, Schöner/Stöber). Dieser Meinung folgt auch der Senat, da die dingliche Rechtsposition der Grundpfandrechtgläubiger durch eine solche Öffnungsklausel noch nicht beeinträchtigt wird.

 

Link zur Entscheidung

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.01.2004, I-3 Wx 329/03, ZMR 4/2004, 284 mit beachtenswerter Anmerkung von Schneider

Anmerkung

Im Anschluss an die Jahrhundertentscheidung des BGH v. 20.9.2000 entsteht insoweit ein weiteres Rechtsproblem zur Eintragungsbedürftigkeit gemeinschaftsordnungsändernder Beschlüsse aufgrund nachträglich zur Grundbucheintragung bewilligter allgemeiner und umfassender Öffnungsklauseln. Die anstehende Problematik behandelt Schneider sehr ausführlich in seiner Anmerkung unter Hinweis auf die aktuelle Fachliteratur. Die entscheidende Frage wird auch in Zukunft noch zu heftigen Diskussionen führen, ob Pfandgläubiger im Falle beschlussweiser Änderungen ursprünglich getroffener Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung (über eingetragene Öffnungsklausel) in ihren Rechten verletzt sein können, ohne dass solche späteren Beschlüsse auch für Dritte aus dem Grundbuch erkennbar sind. Die Tendenz dürfte in die Richtung eintragungsbedürftiger Änderungsbeschlüsse gehen, will man konsequent den einmal eingeschlagenen Weg aus der Jahrhundertentscheidung des BGH auch in Blickrichtung auf Pfandgläubiger fortsetzen. In diese Richtung weist auch die Vortragsveröffentlichung von Wenzel im November 2003 (5. Fachveranstaltung des vhw für die Verwalterpraxis in München). Es macht sicher einen Unterschied, ob eine Öffnungsklausel bereits von Anfang an in einer Gemeinschaftsordnung vereinbart war, von der Beleihungsgläubiger vor Darlehenszusagen auch Kenntnis hatten bzw. haben konnten; insoweit mussten sie auch mit Änderungen des Verhältnisses der Miteigentümer untereinander rechnen, ohne sich auf rechtliche Wertbeeinträchtigungen der Beleihungsobjekte berufen zu können. Ob demgegenüber von Pfandgläubigerbeeinträchtigungen gesprochen werden kann, wenn hier nachträglich über zustimmungsfreie Eintragung von Öffnungsklauseln beschlussweise Veränderungen im Satzungsbereich von Eigentümern vorgenommen werden, erscheint tatsächlich noch nicht abschließend geklärt. Immerhin kann es bei solchen nachträglichen Änderungen nur um solche des Rechtsverhältnisses unter Miteigentümern im Sinne des § 10 Abs. 2 WEG ge...

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