Wenn die Eheleute (oder Lebenspartner) möchten, dass der Nachlass nach dem Tod des zuletzt Versterbenden von ihnen an einen Dritten fällt, so kommen im Wesentlichen zwei Regelungsmodelle in Betracht. Entweder der Dritte beerbt bei jedem Todesfall den Verstorbenen gesondert (sog. Trennungslösung) oder er erbt nur einmal, und zwar von dem zuletzt Versterbenden, bei dem sich das eigene Vermögen und jenes des zuerst Verstorbenen vereinigt haben (sog. Einheitslösung[1]).

Der überlebende Ehegatte wird bei der Einheitslösung voller und unbeschränkter Eigentümer des Nachlasses mit voller Verfügungsbefugnis unter Lebenden. Er vererbt dasjenige, was von dem kumulierten Vermögen übrig bleibt als sein eigenes Vermögen an den oder die Schlusserben; dies sind regelmäßig die Abkömmlinge.[2]

Häufigste Form des Ehegattentestaments und Haupttyp der Einheitslösung ist das sog. Berliner Testament (§ 2269 BGB).[3] Es stellt die Versorgung des überlebenden Ehegatten an die erste Stelle und bietet sich an für kleinere und mittlere Vermögen, welche die erbschaftsteuerlichen Freibeträge nicht übersteigen, und für Eheleute, die lediglich gemeinsame Kinder haben.[4] Nicht zu empfehlen ist das Berliner Testament dagegen für große Vermögen, und zwar insbesondere dann, wenn der überlebende Ehegatte durch eigenes Vermögen ausreichend versorgt ist. Schon bei mittleren Vermögen kann es unzweckmäßig sein, die Freibeträge des Abkömmlings im Falle des Todes des zuerst versterbenden Elternteils nicht auszunutzen.

Wünschen die Ehegatten dennoch ein Berliner Testament, können die steuerlichen Freibeträge durch das von Siegfried Schmidt vorgeschlagene "Super-Vermächtnis" (vgl. hierzu auch oben Ziffer 2.2.3.) durch den Überlebenden soweit ausgenutzt werden, wie sein eigenes Versorgungsinteresse dies zulässt.

 

Formulierungsbeispiel nach S. Schmidt:

Der Zuerstversterbende wendet den auf seinen Tod von der Erbfolge ausgeschlossenen Kindern A, B, C und D ein Vermächtnis zu, dessen Zweck es ist, ihnen als Ersatz eine Abfindung einzuräumen und es ermöglichen ihre Erbschaftsteuerfreibeträge auf den Tod des Zuerstversterbenden ganz oder teilweise auszuschöpfen. Der überlebende Ehegatte als Beschwerter hat die Befugnis, unter den Benannten den bzw. die Bedachten gem. § 2151 BGB und unter den Ausgewählten zu bestimmen, was jeder hieran gem. § 2153 BGB erhält. Er kann gem. § 2156 BGB die Leistung nach billigem Ermessen bestimmen und die Zeit der Erfüllung nach freiem Belieben gem. § 2181 BGB festlegen. Er kann nach billigem Ermessen den Bedachten einzelne Gegenstände zuweisen, diese bewerten und Ausgleichs- bzw. Gleichstellungszahlungen festlegen.

Angesichts der Entscheidung des BFH v. 27.6.2007, II R 30/05, sollte die Klausel sicherheitshalber um einen Zeitpunkt ergänzt werden, zu dem der Überlebende das Vermächtnis ausgesetzt und auch wirtschaftlich realisiert haben muss[5]. Die Auffangfrist sollte dem Alter des Beschwerten angemessen sein.

Haupttyp der Trennungslösung ist das Vor- und Nacherbentestament (§§ 2100 ff. BGB).[6]

Treffen die Eheleute oder Lebenspartner keine ausdrückliche testamentarische Regelung, so wird gesetzlich vermutet (§ 2269 Abs. 1 BGB), dass die Einheitslösung gewollt war. Die gemeinsam testierenden Eheleute müssen sich also darüber klar werden, ob ihnen eher die Belange des überlebenden Ehegatten oder diejenigen der oder des Dritten wichtig sind. Die Einheitslösung stärkt die Stellung des Ehegatten, wohingegen die Trennungslösung eher den Interessen der Dritten – das sind im Regelfall die Abkömmlinge – Rechnung trägt[7], weil der überlebende Ehegatte hinsichtlich des gesonderten, ererbten Vermögens nur Nutzungsrechte und keine oder nur beschränkte Verfügungsrechte hat. Regelmäßig geht es den Ehegatten wohl vor allem darum, die Versorgung des überlebenden Ehegatten zu sichern, wohingegen die Erhaltung des Vermögens für die Abkömmlinge nachrangig ist.[8]

Wenn sich kinderlose junge Eheleute nicht zunächst nur gegenseitig als Erben einsetzen, sondern bereits ein Berliner Testament errichten wollen, dann sollte der Überlebende berechtigt sein andere[9] bzw. überhaupt Schlusserben einzusetzen.

Die Einheitslösung eignet sich vor allem für Eheleute, die einander vertrauen und die der sicheren Versorgung des überlebenden Ehegatten einen hohen Stellenwert zusprechen. Daher passen Wiederverheiratungsklauseln, welche die Erbenstellung des Überlebenden mit dessen erneuter Heirat automatisch zugunsten Dritter entfallen lassen und somit ein gehöriges Misstrauen gegenüber dem Ehegatten zum Ausdruck bringen, nicht zu jener Gestaltungsweise. Vielmehr sollten Eheleute, welche die Einheitslösung gewählt haben, dem Überlebenden, der im Alter auf die Unterstützung eines neuen Partners angewiesen sein kann, das Erbe auch bei Wiederverheiratung belassen und darauf vertrauen, dass die neuen Partner eine der jeweiligen Sachlage und den Interessen der Schlusserben angemessene Lösung finden.

 

Formulierungsbeispiel

Änderungsvorbehalt für Schlusserbeneinsetzung beim gemeins...

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