Dipl.-Volksw. Fritz Schmidt
1.1 Mitgliederliste
Nach § 30 GenG hat der Vorstand eine Mitgliederliste zu führen. Das Gesetz schreibt für die Führung der Mitgliederliste keine besondere Form vor.
Die Mitgliederliste muss folgende Angaben zu jedem Mitglied enthalten:
- Familienname, Vornamen und Anschrift bei natürlichen Personen,
- die Zahl der übernommenen weiteren Geschäftsanteile,
- das Ausscheiden aus der Genossenschaft.
Da in der Mitgliederliste auch der Zeitpunkt des Ausscheidens des Mitglieds zu vermerken ist, kann ein ausgeschiedenes Mitglied aus der Mitgliederliste nicht gelöscht werden. Davon zu unterscheiden sind die Unterlagen, aufgrund deren die Eintragung in der Mitgliederliste erfolgt (z. B. Beitrittserklärung, Schreiben zur Kündigung der Mitgliedschaft). Diese Unterlagen sind 3 Jahre aufzubewahren. Da diese Unterlagen auch Handelsbriefe sind, sind zusätzlich auch die längeren handelsrechtlichen Aufbewahrungsfristen (§ 257 HGB) zu beachten.
In den Informationspflichten bei Begründung der Mitgliedschaft ist deshalb darauf hinzuweisen, dass eine Löschung in der Mitgliederliste auch bei Austritt nicht erfolgen kann.
1.1.1 Einsicht in die Mitgliederliste durch Mitglieder
Nach § 31 GenG kann die Mitgliederliste von jedem Mitglied sowie von einem Dritten, der ein berechtigtes Interesse darlegt, am Sitz der Genossenschaft eingesehen werden. Das Mitglied darf sein Einsichtsrecht auch durch einen Beauftragten (z. B. einen Rechtsanwalt) ausüben und auch Abschriften von Einträgen, die es selbst betreffen, verlangen. Begehrt ein Mitglied Einsicht in die Mitgliederliste, hat die Genossenschaft zunächst die Identität und Mitgliedschaft zu prüfen. Hinter dem uneingeschränkten Einsichtsrecht des Mitglieds steht nach einem Urteil des OLG München die Wertung, dass ähnlich wie bei Personengesellschaften jeder Gesellschafter Anspruch auf Kenntnis seiner Mitgesellschafter hat, nicht zuletzt, um sich mit ihnen abzustimmen. Dazu ist die Kenntnis der Anschrift der anderen Mitglieder notwendig.
Das Mitglied darf die Daten aus der Mitgliederliste nur für die Zwecke verwenden, für die es die Abschrift der Mitgliederliste angefordert hat, z. B. um die anderen Mitglieder über seine Auffassung zu einer geplanten Satzungsänderung oder Fusion zu informieren. Die Mitgliederliste kann nach § 45 Abs. 1 GenG benötigt werden, um eine außerordentliche Generalversammlung einzuberufen. Eine solche Versammlung ist einzuberufen, wenn mindestens ein Zehntel der Mitglieder oder der in der Satzung hierfür bezeichnete geringere Teil in Textform unter Anführung des Zwecks und der Gründe die Einberufung verlangt. Mitglieder, auf deren Verlangen eine Vertreterversammlung einberufen wird, können an dieser Versammlung mit Rede- und Antragsrecht teilnehmen. Hat ein Mitglied zum Zwecke der Einberufung einer außerordentlichen Generalversammlung die Mitgliederliste angefordert und erfolgt in angemessener Frist keine Information der anderen Mitglieder, kann die Genossenschaft vom Mitglied die Löschung der übermittelten personenbezogenen Daten verlangen. Die angemessene Frist hängt von der Anzahl der Mitglieder der Genossenschaft und dem Medium bzw. Dateiformat ab, in dem die Mitgliederliste übermittelt wurde (vergleiche Tätigkeitsberichtsbericht der hessischen Aufsichtsbehörde 2020).
1.1.2 Einsicht in die Mitgliederliste durch Nichtmitglieder
Problematisch ist das Einsichtsbegehren eines Dritten, der zunächst sein berechtigtes Interesse an der Einsichtnahme nachweisen muss. Hier ist vom Genossenschaftsvorstand unter dem Aspekt des Datenschutzes sorgfältig abzuwägen, ob ein berechtigtes Interesse besteht. Ein berechtigtes Interesse ist insbesondere dann gegeben, wenn der Dritte das Auseinandersetzungsguthaben eines Mitglieds pfänden und sich überweisen lassen (§ 829 ZPO) oder das Kündigungsrecht nach § 66 GenG wahrnehmen möchte. Der Dritte hat im Gegensatz zum Mitglied nur ein Einsichtsrecht und kein Recht auf Abschriften.
Die ihm übermittelten Daten darf der Dritte nur für den Zweck verarbeiten und nutzen, zu dessen Erfüllung sie ihm übermittelt wurden. Eine Verarbeitung und Nutzung für andere Zwecke ist bei Dritten – im Gegensatz zu den Mitgliedern – nur zulässig, soweit die Daten auch dafür hätten übermittelt werden dürfen. Ist der Dritte eine nichtöffentliche Stelle, hat die Genossenschaft ihn darauf hinzuweisen; eine Verarbeitung und Nutzung für andere Zwecke bedarf in diesem Fall der Zustimmung der Genossenschaft.
1.2 Übermittlung von Daten der Mitglieder an das Bundeszentralamt für Steuern
1.2.1 Übermittlung der Daten für Zwecke des Kirchensteuerabzugs bei der Dividendenausschüttung
Bei Dividendenzahlungen an kirchensteuerpflichtige natürliche Personen sind Genossenschaften gesetzlich verpflichtet, den Abzug der Kirchensteuer als Zuschlagsteuer zur Kapitalertragsteuer vorzunehmen (§ 51a EStG). Da der Genossenschaft die Religionszugehörigkeit des Mitglieds nicht bekannt ist, hat sie jährlich im Zeitraum vom 1.9. bis 31.10. eine Regelabfrage beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) über die Religionszugehörigkeit der Ausschüttungsempfänger durchzuführen (§ 51a Abs. 2c Nr. 3 Satz 1 EStG). Die Genossenschaft kann die Abfrage selbst vornehmen oder einen Dienstleister (Steuerberater, IT-Dienstleister) damit beauftragen. Damit liegt in dies...