Leitsatz
Kernproblem dieser Entscheidung war die Frage, wie lange sich der Unterhaltspflichtige an einem fiktiven Verdienst festhalten lassen muss und ob er Abänderung eines auf der Grundlage fiktiver Einkünfte ergangenen Urteils verlangen kann, wenn er später eine geringer bezahlte Stellte findet.
Sachverhalt
Der Kläger begehrte Abänderung eines Unterhaltstitels zugunsten seiner Tochter und begehrte hierfür Prozesskostenhilfe. In einem Vorprozess war ihm aufgrund der eigenen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses im Februar 2004 durch das OLG Frankfurt in dessen Urteil vom 16.3.2005 ein fiktives Einkommen i.H.v. 1.285,27 EUR zugerechnet worden. Zur Begründung hatten sowohl das erstinstanzliche Gericht als auch das OLG angeführt, bei diesen Einkünften habe es zu verbleiben, da der Kläger nicht dargetan habe, dass er seinen früheren Arbeitsplatz ohne die von ihm selbst ausgesprochene Kündigung in der Zwischenzeit aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen verloren hätte. Der Kläger begehrte Abänderung des Urteils des OLG Frankfurt aus dem Monat März 2005 unter Hinweis darauf, dass er seit Mai 2006 nur noch Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß SGB II beziehe und ihm zwischenzeitlich auch ein Grad der Behinderung von 80 % gemäß § 69 SGB IX bescheinigt worden sei.
Sein für die von ihm beabsichtigte Abänderungsklage gestellter Prozesskostenhilfe-Antrag wurde von dem erstinstanzlichen Gericht zurückgewiesen.
Die hiergegen von dem Kläger eingelegte sofortige Beschwerde war erfolgreich.
Entscheidung
Nach Auffassung des OLG war dem Kläger das Einkommen, das er vor seiner Eigenkündigung im Februar 2004 erzielt hatte, nicht mehr zuzurechnen, weil er zwischenzeitlich bei einer anderen Firma längere Zeit als Monteur gearbeitet hatte und dieses Arbeitsverhältnis durch betriebsbedingte Kündigung am 26.2.2006 durch seinen Arbeitgeber beendet worden war.
Die Zurechnung fiktiven Einkommens erfolge nur solange, wie sich der Unterhaltsschuldner nicht hinreichend um einen neuen Arbeitsplatz bemühe. Aus den von ihm eingereichten Unterlagen sei ersichtlich, dass er bei seinem letzten Arbeitgeber etwa gleich hohes Einkommen erzielt habe wie vor seiner Eigenkündigung. Wenn er diese Arbeitsstelle durch betriebsbedingte Kündigung des Arbeitgebers verloren habe, so könne dies eine fiktive Zurechnung von Einkünften aus dem Arbeitsverhältnis nicht erneut auslösen. Spätestens durch die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses im Umfang des selbst gekündigten mit ähnlich hohen Einkünften sei die Kausalkette für eine fiktive Zurechnung unterbrochen (vergleiche dazu Palandt/Diederichsen, BGB, 66. Aufl., § 1603, Rz. 55).
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 19.07.2007, 5 WF 131/07