Dipl.-Biol. Bettina Huck, Dr. Josef Sauer
§ 2 Abs. 1 Arbeitsschutzgesetz verlangt u. a. vom Arbeitgeber, die Arbeit menschengerecht zu gestalten. Speziell im Hinblick auf einseitige Belastungen am Arbeitsplatz wird diese Forderung besonders oft missachtet.
Nur dort wo die Kenntnisse und Fähigkeiten der Beschäftigten bei ihren Tätigkeiten umfassend über einen längeren Zeitraum eingefordert werden, können diese auch im fortgeschrittenen Erwerbsalter noch flexibel eingesetzt werden. Die fordernde und fördernde Arbeitsaufgabe entscheidet maßgeblich über den Grad der Arbeitszufriedenheit und -motivation nicht nur von älteren Beschäftigten.
Eine unausgewogene Belastung kann entstehen durch länger andauernde Anforderungen, wie
- monotone Arbeitsabläufe,
- Daueraufmerksamkeit,
- Zwangshaltungen,
- Nachtschichten,
- körperlich anstrengende Arbeiten,
- taktgebundene Arbeit,
- Hitze, Kälte, Lärm, Stäube,
- hoher Zeitdruck,
- Heben und Tragen von Lasten.
Das kann sich mit zunehmendem Alter negativ auf die Arbeitsfähigkeit auswirken.
Tab. 3 enthält Kriterien für eine gut gestaltete Arbeit, die die Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Jung und Alt fördert und verbessert.
Kriterien der Arbeitsaufgabe |
Auswirkungen auf den Beschäftigten |
Benutzerorientierung |
Die Arbeitsaufgabe berücksichtigt die Erfahrung und die Fähigkeit des Beschäftigten. |
Vielseitigkeit |
Die Arbeitsaufgabe ist nicht einseitig und monoton. Sie fordert gleichzeitig viele Fertigkeiten und Fähigkeiten des Beschäftigten. |
Ganzheitlichkeit |
Die Arbeitsaufgabe enthält planende, ausführende, steuernde und kontrollierende Elemente. |
Bedeutsamkeit |
Der Beschäftigte kann seine Arbeitsaufgabe als wichtigen Beitrag zum Ganzen erkennen. |
Handlungsspielraum |
Die Arbeitsaufgabe lässt entsprechende Freiräume hinsichtlich Reihenfolge, Arbeitstempo und Vorgehensweise. |
Rückmeldung |
Die Vorgesetzten und Kollegen geben dem Beschäftigten Rückmeldung über das Ergebnis seiner Arbeit. |
Entwicklungsmöglichkeiten |
Der Beschäftigte kann bei seiner Arbeit dazulernen, neue Kenntnisse erwerben und vorhandene weiterentwickeln, ohne dabei überfordert zu sein. |
Tab. 3: Was macht gut gestaltete Arbeit aus?
Die Arbeitsplatzgestaltung muss sich immer nach dem entsprechenden Beschäftigten richten. Die Arbeit muss auch alternsgerecht gestaltet werden! Lässt die Arbeitsfähigkeit nach, sollte der Arbeitsplatz der Arbeitsfähigkeit des älteren Beschäftigten angepasst werden. Als negativ für Selbstwertgefühl und Arbeitsfähigkeit hat sich das Versetzen des älteren Mitarbeiters auf einen Schonarbeitsplatz erwiesen.
Altersbezogene Veränderungen, die eine Anpassung von Arbeitsplatz und -umgebung erfordern (Auswahl)
- Eingeschränkte Beweglichkeit der Gelenke, verminderte Elastizität von Sehnen und Bändern,
- Nachlassen der Kraft,
- verminderte Wahrnehmung und Entscheidungsfähigkeit,
- Sehschwächen,
- Hitze- und Kälteunverträglichkeit,
- Hörminderung,
- höhere Häufigkeit von Lendenwirbelsäulenbeschwerden,
- erhöhtes Risiko für Ausrutschen und Fallen.
Möglichkeiten der Anpassung von Arbeitsplatz und Arbeitsumgebung für diese Veränderungen finden Sie in der Broschüre "Mit Erfahrung die Zukunft meistern! Altern und Ältere in der Arbeitswelt" der BAuA.
Zur alternsgerechten Arbeitsorganisation zählt auch eine alternsgerechte Arbeitszeit- und Pausengestaltung. Untersuchungen zeigen, dass im Alter zwischen 50 und 60 Jahren die Arbeitskraft je nach Individuum nicht mehr für einen Achtstundentag ausreicht. Außerdem benötigen Ältere eine längere Pause als Jüngere, um sich von Belastungen zu erholen. Der Pausenbedarf ist mit steigendem Alter besonders groß bei physischer Kraftanstrengung. Hierbei sind schon Kurzpausen von 1 bis 3 Minuten – jedoch unmittelbar nach dem Körpereinsatz – ausreichend.
Chancen und Risiken einer 4-Tage-Woche werden aktuell diskutiert. Erfahrungen aus der betrieblichen Praxis werden zeigen, ob verkürzte Arbeitszeiten und verlängerte Erholungszeiten die Arbeitsfähigkeit jüngerer und älterer Beschäftigter langfristig verbessert.