Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 1 Abs. 5 WEG, § 21 Abs. 1 WEG, § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG, § 93 BGB, § 94 BGB, § 249 BGB, § 1004 BGB
Kommentar
Der Bundesgerichtshof hat entschieden:
Ohne einen ermächtigenden Eigentümerbeschluss ist ein einzelner Wohnungseigentümer grundsätzlich nicht berechtigt, einen den Wohnungseigentümern gemeinsam zustehenden Schadenersatzanspruch wegen der Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums gegen einen Dritten geltend zu machen (Bestätigung der bisherigen Senatsrechtsprechung, BGHZ 106, 222; 116, 392).
1. Im vorliegenden Fall hatte der Mieter einer Wohnungseigentümerin eine ca. 30 Jahre alte und etwa 15 m hohe Sandbirke bis auf einen geringen Stumpf fällen lassen. Der klagende Wohnungseigentümer versuchte zunächst - vergeblich - die Gemeinschaft zur Klageführung zu veranlassen, was jedoch mehrheitlich in Eigentümerversammlungen abgelehnt wurde. Daraufhin klagte er direkt gegen den Mieter auf Anpflanzung einer gleichartigen Birke, hilfsweise auf Schadenersatzzahlung von DM 21.443,- an die Wohnungseigentümer, hilfsweise auf Zahlung von DM 5.360,75 anteilig an sich selbst.
Der BGH als Revisionsgericht bestätigte die Berufungsentscheidung des OLG Köln und erachtete die klägerische Revision kostenpflichtig als nicht begründet.
2. Ein Anspruch auf Ersatz eines allen Wohnungseigentümern angeblich entstandenen Schadens kann von einem einzelnen Wohnungseigentümer nicht ohne Ermächtigung durch die Gemeinschaft gerichtlich geltend gemacht werden, sodass die Klage des einzelnen Eigentümers mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen werden musste.
Die gefällte Birke war wesentlicher Bestandteil des Grundstücks und stand im gemeinschaftlichen Eigentum aller Wohnungseigentümer (vgl. § 1 Abs. 5 WEG i.V.m. §§ 93, 94 Abs. 1 S. 2 BGB). Nur allen Miteigentümern als Mitgläubigern kann hier ein gemeinschaftlicher Schadenersatzanspruch gegen den Beklagten (hier den Mieter) zustehen.
Die Rechtslage im Wohnungseigentumsrecht ist spezieller geregelt als im Bruchteilsgemeinschaftsrecht nach den §§ 741ff. BGB und den Miteigentümergemeinschaftsrechten nach §§ 1008ff. BGB. Nach dortigem Gemeinschaftsrecht bestehen Sonderrechte der einzelnen Miteigentümer und die Klagemöglichkeit durch den einzelnen Miteigentümer auch mit Leistung an alle Gemeinschafter (vgl. § 1011 BGB).
Im Bereich des Wohnungseigentums geht jedoch die Sonderregelung des § 21 Abs. 1 WEG der Regelung des § 1011, 2. Halbsatz BGB vor. Vorrang des § 21 WEG besteht auch gegenüber den Regelungen im Bruchteilsgemeinschaftsrecht ( § 432 BGB i.V.m. §§ 744 und 745 BGB). Das Wohnungseigentum unterscheidet sich wesentlich von der bloßen Bruchteilsgemeinschaft und auch der Miteigentümergemeinschaft nach BGB, da diese Gemeinschaften gesetzlich jederzeit lösbare Bindungen aufweisen, während im Wohnungseigentumsgesetz die Gemeinschaftsbezogenheit besonders durch die gesetzliche Unauflöslichkeit ( § 11 WEG) konzipiert ist. § 21 Abs. 1 WEG ordnet die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums allen Wohnungseigentümern gemeinschaftlich zu, sodass diese Bestimmung als Sonderregelung (vgl. § 10 Abs. 1 S. 1 WEG) Vorrang vor der allgemeinen Bestimmung des § 1011 BGB besitzt (ebenso Bärmann/Pick/Merle; anderer Ansicht Weitnauer und Ehmann).
Zur Verwaltung im Sinne des § 21 Abs. 1 WEG gehören neben den in Abs. 5 genannten Maßnahmen auch alle die, die in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht auf eine Änderung des bestehenden Zustands abzielen oder sich als Geschäftsführung zugunsten der Wohnungseigentümer in Bezug auf das gemeinschaftliche Eigentum darstellen. Somit gehört auch die vom Kläger mit seinem Hauptantrag erhobene Forderung auf Naturalrestitution ( § 249 Satz 1 BGB) zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums; Gleiches gilt für einen ersatzweisen Schadenersatzanspruch und auch den hier hilfsweise geltend gemachten Zahlungsanspruch. Die Wahl der Ansprüche obliegt ebenfalls der Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums und führt dazu, dass nur gemeinschaftliche Verfolgung dieser Rechte zulässig ist. In ähnlicher Weise hat dies der BGH zum baumängelgewährleistungsrechtlichen Schadenersatzanspruch entschieden (vgl. BGHZ 74, 258, 266; vergleichbare Interessenlage).
Auch aus § 27 Abs. 2 Nr. 5 WEG folgt die Entscheidungskompetenz allein durch die Gesamtgemeinschaft.
Im vorliegenden Fall war auch für den Kläger die Entscheidung der Gemeinschaft (keine Klage gegen den "Störer" zu führen) verbindlich; er hätte allenfalls auf wohnungseigentumsgerichtlichem Wege die restlichen Miteigentümer zur Klageführung bzw. Beschlussbeseitigung veranlassen können.
3. Vorstehendem Ergebnis steht auch nicht entgegen, dass der einzelne Eigentümer einen Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums ( § 1004 BGB) gegen einen Miteigentümer auch ohne Ermächtigung durch die Wohnungseigentümergemeinschaft geltend machen könne, weil in einem solchen Fall der Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums im Vordergrund stehe und sich die Interessenlage der Gesamtheit der Eigentü...