1 Der Güterstand der Gütergemeinschaft
Rz. 1
Ein weiterer Wahlgüterstand für Eheleute ist die Gütergemeinschaft. Dabei handelt es sich um einen höchst seltenen und auch komplizierten Güterstand, der in der heutigen Zeit so gut wie nicht mehr vereinbart wird. Der Güterstand der Gütergemeinschaft spielt dementsprechend in der Praxis keine große Rolle. Wenn, dann ist er überwiegend noch vereinzelt in ländlich geprägten Regionen zu finden. Dies liegt insbesondere an den hohen Risiken und Nachteilen, die mit der Gütergemeinschaft verbunden sind. Während der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft und der Güterstand der Gütertrennung darauf ausgelegt sind, dass die Vermögensmassen der Eheleute getrennt bleiben und dementsprechend keine wechselseitige Haftung der Ehegatten untereinander kraft Gesetzes entsteht, haftet bei der Gütergemeinschaft das Gesamtgut für die Schulden beider Ehegatten. Ferner ist die Gütergemeinschaft in der Regel aus erbrechtlicher Sicht nachteilig für den überlebenden Ehegatten, da die Erhöhung des gesetzlichen Erbteils nach § 1371 Abs. 1 BGB nur für den Fall der Zugewinngemeinschaft gilt und § 1931 Abs. 4 BGB eine Besserstellung des überlebenden Ehegatten nur für den Fall der Gütertrennung vorsieht. Insgesamt lässt sich sagen, dass die rechtliche Konstruktion der Gütergemeinschaft sehr schwierig ist, weshalb sich dieser Güterstand nur unter großen Schwierigkeiten streitig auflösen lässt.
Rz. 2
Die Gütergemeinschaft ist gesetzlich geregelt in §§ 1415–1518 BGB und beruht auf dem Gedanken der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft im vermögensrechtlichen Bereich. Sie ist neben der Personengesellschaft (§§ 705 ff. BGB) und der Miterbengemeinschaft (§ 2033 BGB) die dritte Gesamthandsgemeinschaft, die im BGB vorgesehen ist, § 1416 BGB.
Wesentliches Merkmal des Güterstandes der Gütergemeinschaft ist die Bildung des Gesamtgutes. Mit Entstehung der Gütergemeinschaft werden das Vermögen des Ehemannes und der Ehefrau per Gesetz grundsätzlich zu gemeinschaftlichem Vermögen beider Ehegatten, dem Gesamtgut. Neben dem Gesamtgut existieren vier weitere Vermögensmassen, nämlich das Sondergut beider Ehegatten und das Vorbehaltsgut beider Ehegatten.
2 Entstehen der Gütergemeinschaft
Rz. 3
Die Gütergemeinschaft ist ein Wahlgüterstand und kann ausschließlich durch Ehevertrag begründet werden. Dieses ergibt sich aus § 1415 BGB. Durch die Vereinbarung der Gütergemeinschaft wird zugleich der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft ausgeschlossen (§ 1361 Abs. 1 BGB). Es gelten die allgemeinen Bestimmungen der §§ 1408 ff. BGB. Der Vertrag, mit dem die Gütergemeinschaft begründet oder auch geändert wird, bedarf dementsprechend der notariellen Form gemäß § 1410 BGB. Damit Wirkungen gegenüber Dritten entfaltet werden, ist wegen § 1412 BGB die Eintragung der Gütergemeinschaft in das Güterrechtsregister (§§ 1558 ff. BGB) erforderlich.
3 Die Vermögensmassen der Gütergemeinschaft
Rz. 4
In der Gütergemeinschaft sind verschiedene Vermögensmassen zu unterscheiden:
3.1 Das Gesamtgut
Rz. 5
Das Gesamtgut ist das wesentliche Merkmal der Gütergemeinschaft. Gemäß § 1416 Abs. 1 Satz 1 BGB wird das Vermögen der Ehegatten (durch das "Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" vom 18.12.2019 wurde der Wortlaut der Vorschriften insofern angepasst, als er statt den Begriffen "Mann" und "Frau" nunmehr ausschließlich den geschlechtsneutralen Begriff "Ehegatten" beinhaltet, so dass die Regelungen auch bei gleichgeschlechtlichen Ehegatten anwendbar sind) durch die Gütergemeinschaft gemeinschaftliches Vermögen beider Ehegatten. Zu dem Gesamtgut gehört nach Satz 2 dieser Vorschrift auch das Vermögen, welches einer der Ehegatten während der Gütergemeinschaft jeweils erwirbt. Zusammenfassend lässt sich also festhalten: Was den Ehegatten bei Eingehung der Gütergemeinschaft gehört und was sie später erwerben, wird grundsätzlich zum Gesamtgut, sofern es nicht ausnahmsweise zum Sonder- oder Vorbehaltsgut gehört.
Das Gesamtgut entsteht ohne besondere Rechtsübertragung, § 1416 Abs. 2 BGB, die Vermögen verschmelzen ipso iure.
Beispiel
Während der Ehe entschließen sich die Eheleute, die den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart haben, zum Kauf eines Einfamilienhauses. Zum Notartermin erscheint nur der Ehemann, der als Käufer in der notariellen Urkunde aufgenommen wird. Der Ehemann erklärt, dass er mit seiner Ehefrau in Gütergemeinschaft lebe. Obwohl der Kaufvertrag nur von ihm alleine unterzeichnet wird, ist Rechtsfolge, dass er und seine Ehefrau gemeinsam Eigentümer des Hausgrundstücks und als solche im Grundbuch eingetragen werden. Im Grundbuch werden die Eheleute als Gesamthandseigentümer eingetragen.
Rz. 6
Da grundsätzlich alle Vermögensgegenstände der Ehegatten zum Gesamtgut gehören, trägt im Zweifel derjenige Ehegatte die Beweislast dafür, dass es sich ausnahmsweise bei einem einzelnen Vermögensgegenstand um Sonder- oder Vorbehaltsgut hand...