Dr. Jens Tersteegen, Prof. Dr. Thomas Reich
Rz. 41
Das gemeinschaftliche Testament (§§ 2265 ff. BGB) kann entweder als öffentliches Testament durch Beurkundung vor einem Notar oder als eigenhändiges Testament errichtet werden. Für das eigenhändige Testament reicht es gem. § 2267 BGB aus, dass das Testament von einem der Ehegatten eigenhändig verfasst wird und dass beide Ehegatten das Testament unterzeichnen. Für die notarielle Beurkundung des öffentlichen Testaments gilt dasselbe wie für ein einseitiges Testament. Der Notar errichtet über das gemeinschaftliche Testament eine Niederschrift nach den Vorgaben der Beteiligten.
Rz. 42
Das gemeinschaftliche Testament kann nur von Ehegatten (§ 2265 BGB) oder von eingetragenen Lebenspartnern (§ 10 Abs. 4 LPartG) errichtet werden. Gemeinschaftliche Testamente, die von Lebenspartnern errichtet wurden, gelten auch nach Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe fort. Die Auflösung der Ehe insbesondere durch Scheidung führt gem. § 2268 BGB im Zweifel dazu, dass das gemeinschaftliche Testament grundsätzlich seinem ganzen Inhalt nach unwirksam wird. Dies gilt nur dann nicht, wenn ein abweichender Wille der Erblasser festgestellt werden kann.
Rz. 43
Ein gemeinschaftliches Testament kann die gleichen Verfügungen enthalten wie ein Einzeltestament. Eine Besonderheit des gemeinschaftlichen Testaments liegt allerdings in der Möglichkeit sog. wechselbezüglicher Verfügungen. Als wechselbezüglich sind Verfügungen anzusehen, die nach dem Willen der Erblasser so eng miteinander verbunden sind, dass die eine Verfügung nicht ohne die andere Verfügung getroffen worden wäre (§ 2270 Abs. 1 BGB). Wechselbezüglich können gem. § 2270 Abs. 3 BGB nur die Erbeinsetzung, die Anordnung eines Vermächtnisses oder einer Auflage sein. Beispielsweise handelt es sich typischerweise um wechselbezügliche Verfügungen, wenn Ehegatten sich gegenseitig zu Erben einsetzen oder wenn ein Ehegatte den anderen einsetzt und dieser für den Fall, dass er der Letztversterbende ist, die gemeinsamen Kinder als sog. Schlusserben einsetzt. Die Wechselbezüglichkeit kann dabei entweder ausdrücklich angeordnet sein oder sich durch Auslegung ergeben (vgl. § 2270 Abs. 2 BGB).
Rz. 44
Soweit Verfügungen im Verhältnis der Wechselbezüglichkeit zueinanderstehen, ist die wichtigste Rechtsfolge gem. § 2270 Abs. 1 S. 1 BGB, dass die Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung die Unwirksamkeit der anderen Verfügung zur Folge hat. Der Widerruf wechselbezüglicher Verfügungen ist darüber hinaus zu Lebzeiten der Ehegatten gem. §§ 2271, 2296 BGB nur durch notariell beurkundete Erklärung, die dem anderen Ehegatten zugehen muss, möglich. Verstirbt einer der beiden Ehegatten, so erlischt das Recht zum Widerruf der Verfügung gem. § 2271 Abs. 2 S. 1 BGB. Der überlebende Ehegatte ist dann in seiner Testierfreiheit beschränkt. Er kann seine eigene Verfügung grundsätzlich nur aufheben, wenn er das ihm Zugewendete ausschlägt. Soweit es sich um wechselbezügliche Verfügungen handelt, sind später errichtete Verfügungen von Todes wegen gem. § 2289 Abs. 1 S. 2 BGB analog unwirksam, wenn und soweit sie das Recht des Begünstigten aus der wechselbezüglichen Verfügung beeinträchtigen würden. Die Wirkungen wechselbezüglicher Verfügungen beschränken sich allerdings allein auf die Testierfreiheit. Die Befugnis, Rechtsgeschäfte unter Lebenden vorzunehmen, bleibt unberührt. Allerdings kann der wechselbezüglich Bedachte vom Beschenkten gem. § 2287 BGB analog die Herausgabe des Geschenks fordern, wenn der Erblasser eine Schenkung in der Absicht gemacht hat, den wechselbezüglich Bedachten zu beeinträchtigen. Die Anordnung wechselbezüglicher Verfügungen führt also zu einer Einschränkung hinsichtlich der Testierfreiheit. Dem kann durch die Aufnahme eines sog. Änderungsvorbehalts in das Testament vorgebeugt werden.