Rz. 20

In welcher Höhe der Ehegatte Erbe wird, ergibt sich zunächst aus § 1931 BGB. Daneben ist aber zu berücksichtigen, in welchem Güterstand die Eheleute im Zeitpunkt des Todes des Ehegatten gelebt haben. Lediglich wenn weder Verwandte der ersten Ordnung (d.h. Abkömmlinge des Erblassers) oder der zweiten Ordnung (Eltern des Erblassers und deren Abkömmlinge) noch Großeltern vorhanden sind, spielt der Güterstand keine Rolle, da der überlebende Ehegatte in diesem Fall stets die ganze Erbschaft erhält (§ 1931 Abs. 2 BGB). In allen anderen Fällen ist der Güterstand zu berücksichtigen:

 

Rz. 21

Lebten die Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft,[17] so ist der Ehegatte des Erblassers neben Verwandten der ersten Ordnung (d.h. neben den Abkömmlingen) zu ½ und neben Verwandten der zweiten Ordnung (d.h. den Eltern des Erblassers und deren Abkömmlingen) oder neben Großeltern zu ¾ als gesetzlicher Erbe berufen. Diese Erbquote ergibt sich aus der Kombination der in § 1931 BGB angegebenen Erbquote mit dem pauschalierten Zugewinnausgleich nach §§ 1931 Abs. 3, 1371 Abs. 1 BGB. § 1931 Abs. 1 BGB regelt, dass der Ehegatte neben Verwandten der ersten Ordnung zu ¼ und neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern zu ½ als gesetzlicher Erbe berufen ist. Diese Quote wird gem. §§ 1931 Abs. 3, 1371 Abs. 1 BGB jeweils um ¼ erhöht, so dass sich die oben angegebenen Quoten ergeben. Durch die Regelung des § 1371 Abs. 1 BGB soll der während der Ehe erzielte Zugewinn (pauschaliert) ausgeglichen werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob dem überlebenden Ehegatten rechnerisch tatsächlich ein Zugewinnausgleich zustand. Es find vielmehr eine Pauschalierung ungeachtet der tatsächlichen Verhältnisse statt. Der Zugewinnausgleich erfolgt nicht durch die konkrete Berechnung des Zugewinns, sondern vielmehr pauschaliert (sog. erbrechtliche Lösung). Stattdessen hat der überlebende Ehegatte auch die Möglichkeit, seinen gesetzlichen Erbteil auszuschlagen und gem. § 1371 Abs. 2 und 3 BGB den dann konkret berechneten Zugewinn zu verlangen. Neben dem konkret berechneten Zugewinn erhält der überlebende Ehegatte dann den sog. kleinen Pflichtteil, der sich gem. § 1371 Abs. 2 Hs. 2 BGB nach dem nicht erhöhten gesetzlichen Erbteil (Erbteil nach § 1931 Abs. 1 BGB) bestimmt. Diese güterrechtliche Lösung wird der überlebende Ehegatte jedoch nur dann wählen, wenn während der Ehe ein außerordentlich hoher Zugewinn entstanden ist.[18]

 

Rz. 22

Lebten die Ehegatten im Wahlgüterstand der Gütertrennung (§ 1414 BGB), so wird die Regelung des § 1931 Abs. 1 BGB durch die Regelung des § 1931 Abs. 4 BGB ergänzt. Hinterlässt der Erblasser neben seinem Ehegatten ein oder zwei Kinder,[19] so erben der überlebende Ehegatte und jedes Kind zu gleichen Teilen gem. § 1931 Abs. 4 BGB. Hinterlässt der verstorbene Ehegatte drei oder mehr Kinder, so erbt der überlebende Ehegatte nach § 1931 Abs. 1 BGB ¼. Neben Verwandten der zweiten Ordnung oder neben Großeltern erbt der überlebende Ehegatte gem. § 1931 Abs. 1 S. 1 BGB ½.

 

Rz. 23

Haben die Eheleute gem. §§ 1415 ff. BGB vertraglich den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart, so verbleibt es für das gesetzliche Erbrecht des überlebenden Ehegatten ausschließlich bei der Vorschrift des § 1931 BGB. Der überlebende Ehegatte erbt neben Verwandten der ersten Ordnung ¼. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der überlebende Ehegatte am Gesamtgut ohnehin mit ½ beteiligt ist. Bei bestehender Gütergemeinschaft fällt die Beteiligung des verstorbenen Ehegatten am Gesamtgut gem. § 1482 S. 1 BGB in den Nachlass. Soweit der überlebende Ehegatte alleiniger Vollerbe des verstorbenen Ehegatten ist, führt dies dazu, dass die Gütergemeinschaft ohne weitere Auseinandersetzung erlischt. Ist der überlebende Ehegatte lediglich Miterbe (regelmäßig neben den Kindern), so geht der Anteil des verstorbenen Ehegatten an der Gesamthandsgemeinschaft auf die Miterbengemeinschaft über. Die Gütergemeinschaft ist sodann gem. § 1471 BGB auseinanderzusetzen. Eine Besonderheit stellt die fortgesetzte Gütergemeinschaft gem. §§ 1483 ff. BGB dar. Bei der fortgesetzten Gütergemeinschaft fällt der Anteil des verstorbenen Ehegatten an der Gesamthandsgemeinschaft nicht in den Nachlass. Der Anteil des verstorbenen Ehegatten geht also nicht auf die Erbengemeinschaft über. Vielmehr treten die Abkömmlinge des Erblassers neben dem Ehegatten in die Gesamthandsgemeinschaft ein. Zur fortgesetzten Gütergemeinschaft kommt es nur dann, wenn die Eheleute durch Ehevertrag dies ausdrücklich vereinbart haben (§ 1483 BGB).

 

Rz. 24

Als wiedervereinigungsbedingte Besonderheit gibt es in Einzelfällen auch noch den Güterstand der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft nach früherem DDR-Recht (§ 13 DDR-FGB von 1965). Mit der Wiedervereinigung ist grundsätzlich an die Stelle der Eigentums- und Vermögensgemeinschaft der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft getreten. Die Eigentums- und Vermögensgemeinschaft blieb nur bestehen, wenn die Eheleute für den Fortbestand dieses Güterstan...

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