Rz. 179

Insbesondere bei Lebensversicherungsverträgen, aber auch im Zusammenhang mit Sparguthaben wird häufig zwischen Erblasser und Versicherung bzw. Bank vereinbart, dass im Fall des Todes die Versicherungsleistung bzw. das Sparguthaben an einen begünstigten Dritten ausgezahlt werden soll. In derartigen Fällen vollzieht sich der Erwerb häufig nicht erbrechtlich, sondern am Nachlass vorbei.

 

Rz. 180

Im Verhältnis zwischen Bank/Lebensversicherung und dem Kunden (Erblasser) (sog. Deckungsverhältnis) liegt ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 328, 331 BGB) vor. Aufgrund dieses Vertrages zugunsten Dritter erwirbt der Dritte mit dem Tod des Erblassers gegen die Bank/Lebensversicherung das Recht, die Leistung zu fordern. Dabei vollzieht sich der Rechtserwerb des Dritten nicht erbrechtlich, sondern auf der rein schuldrechtlichen Ebene.[146] Der Vertrag nach § 331 BGB ist, obwohl er den Erwerb vom Tod des Versprechensempfängers abhängig macht, keine Verfügung von Todes wegen, sondern ein Rechtsgeschäft unter Lebenden.[147]

 

Rz. 181

Neben dem Verhältnis zwischen dem Erblasser und der Bank besteht noch ein Rechtsverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Empfänger der Zuwendung (dem Dritten) (sog. Valutaverhältnis). In diesem Verhältnis liegt regelmäßig ein Schenkungsvertrag vor. Nach h.M. ist auf einen derartigen Schenkungsvertrag, bezogen auf Vertragsansprüche zugunsten Dritter, nicht § 2301 Abs. 1 S. 1 BGB anwendbar.[148] Häufig wird der Schenkungsvertrag dabei in der Weise abgeschlossen, dass die Bank/Lebensversicherung dem Dritten, der bisher von der Zuwendung keine Kenntnis hatte, nach dem Tod des Erblassers das Schenkungsangebot überbringt. Mit Annahme der Zuwendung nimmt der Dritte konkludent auch das Schenkungsangebot an, womit der für das Valutaverhältnis notwendige Rechtsgrund zustande kommt. Die Überbringung des postmortalen Angebots durch die Bank/Lebensversicherung geht auf einen vom Erblasser erteilten Auftrag zurück. Diesen Auftrag können die Erben, sofern er von der Bank bzw. Lebensversicherung noch nicht ausgeführt wurde, widerrufen. Sofern ein solcher Widerruf wirksam erfolgt, erlangt der Dritte kein Recht zum Behaltendürfen und muss die Leistung an die Erben wieder herausgeben. Es kommt insofern zum "Wettlauf zwischen Erben und Begünstigtem".

[146] BGHZ 41, 95; BGHZ 66, 8; BGH NJW 2004, 767; Palandt/Grüneberg, § 331 BGB Rn 1; Staudinger/Kanzleiter, § 2301 BGB Rn 42.
[147] Staudinger/Kanzleiter, § 2301 BGB Rn 42.
[148] BGHZ 41, 95; BGHZ 66, 68 = DNotZ 1976, 55; BGH WM 1976, 1130; OLG Köln FamRZ 1996, 380; a.A. Walter, NJW 1971, 2311.

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