Dr. Jens Tersteegen, Prof. Dr. Thomas Reich
Rz. 259
Abhängig von der Steuerklasse (§ 15 ErbStG) gibt es unterschiedliche Freibeträge. Bei unbeschränkter Erbschaftsteuerpflicht stehen folgende Freibeträge zur Verfügung (§ 16 Abs. 1 ErbStG).
Steuerklasse I |
Steuerklasse II |
Steuerklasse III |
Ehegatten/eingetragene Lebenspartner: 500.000 EUR Kinder und Kinder verstorbener Kinder: 400.000 EUR (Enkel-)Kinder lebender Kinder: 200.000 EUR Übrige Personen: 100.000 EUR |
20.000 EUR |
20.000 EUR |
Rz. 260
§ 16 Abs. 1 ErbStG unterscheidet also bei der Steuerklasse I nochmals nach dem Verwandtschaftsverhältnis: Bei unbeschränkter Steuerpflicht stehen dem überlebenden Ehegatten oder einem eingetragenen Lebenspartner danach Freibeträge in Höhe von 500.000 EUR und Kindern in Höhe von jeweils 400.000 EUR zur Verfügung.
Rz. 261
Falls die Beteiligten nur beschränkt erbschaftsteuerpflichtig sind und daher nur das Inlandsvermögen der Besteuerung unterliegt, gilt § 16 Abs. 2 ErbStG.
Rz. 262
Für Erwerbe bei lediglich beschränkter Steuerpflicht stand früher – unabhängig vom Verwandtschaftsverhältnis – unionsrechtswidrig nur ein Freibetrag von 2.000 EUR zur Verfügung; Ende 2011 wurde dann als Reaktion auf eine Entscheidung des EuGH vom 22.4.2010 (in Sachen Mattern), allerdings wiederum nicht unionskonform, die Möglichkeit der Wahl (Option) für beschränkt Steuerpflichtige zur unbeschränkten Steuerpflicht (unter bestimmten Voraussetzungen) eingeführt (§ 2 Abs. 3 S. 1 ErbStG a.F.), die aufgrund von Übergangsvorschriften noch Bedeutung haben kann. Für Erwerbe, für die die Steuer ab dem 24.6.2017 entsteht, gelten nunmehr gem. § 16 Abs. 2 ErbStG die Freibeträge nach § 16 Abs. 1 ErbStG entsprechend, gemindert allerdings um einen Teilbetrag, der das Vermögen berücksichtigt, das nicht der (deutschen) beschränkten Steuerpflicht unterliegt. Der EuGH hat die Vereinbarkeit dieser Regelung mit Unionsrecht wegen der Notwendigkeit die Kohärenz eines Steuersystems zu wahren angenommen, hat jedoch die Nichtabzugsfähigkeit von Pflichtteilen im Falle der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 10 Abs. 6 ErbStG als unionsrechtswidrig beurteilt; dazu oben Rdn 235.
Rz. 263
In Fällen, in denen die Auswanderung geplant wird, sollte im Einzelfall (immer noch) geprüft werden, ob die Gesamtbelastung nach dem ErbStG niedriger ist, wenn noch zu Lebzeiten Vermögensübertragungen im Rahmen der unbeschränkten Schenkungsteuerpflicht ausgeführt werden oder ob ein Wohnsitz in Deutschland beibehalten wird, um die beschränkte Erbschaftsteuerpflicht zu vermeiden. Ertragsteuerliche Nachteile werden meist durch ein Doppelbesteuerungsabkommen vermieden, so dass der Zuwendende zwar auch unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist, aber das deutsche Besteuerungsrecht auf die inländischen Einkünfte beschränkt ist.