Rz. 14

Bei der Zugewinngemeinschaft wird das jeweilige Vermögen der Ehegatten nicht deren gemeinschaftliches Vermögen (§ 1363 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 BGB). Dies gilt auch für Vermögen, das ein Ehegatte nach der Eheschließung erwirbt (§ 1363 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BGB). Kraft Gesetzes entsteht also kein gemeinschaftliches Vermögen. Ebenso wenig entstehen kraft Gesetzes gemeinschaftliche Schulden. Vielmehr haftet jeder Ehegatte für seine vor und während der Ehe entstandenen Verbindlichkeiten allein und nur mit seinem Vermögen.[12] Selbstverständlich können die Ehegatten aber gemeinschaftliches Vermögen (z.B. Mit- oder Gesamthandseigentum) und gemeinschaftliche Verbindlichkeiten (z.B. Gesamtschuld) nach den allgemeinen Regeln des Sachen- bzw. Schuldrechts begründen, etwa indem sie eine Immobilie zu Miteigentum von je ein halb erwerben oder ein Ehegatte vertraglich die Mithaftung für eine Verbindlichkeit des anderen Ehegatten übernimmt. Zu einem Vermögensausgleich kommt es erst, wenn die Zugewinngemeinschaft endet, und zwar bei einer Ehescheidung durch konkrete Berechnung des Zugewinnausgleichs (siehe hierzu Rdn 68 ff.), beim Tod eines Ehegatten grds. durch Erhöhung des gesetzlichen Erbteils des überlebenden Ehegatten um ein Viertel der Erbschaft (§ 1371 Abs. 1 Hs. 1 BGB).

 

Rz. 15

Während der Ehe verwaltet jeder Ehegatte sein Vermögen selbstständig (§ 1364 Hs. 1 BGB). Es bestehen allerdings zwei Verfügungsbeschränkungen: Ein Ehegatte kann sich nur mit Zustimmung des anderen Ehegatten verpflichten, über sein Vermögen im Ganzen zu verfügen (§ 1365 Abs. 1 S. 1 BGB). Hat er sich ohne Zustimmung des anderen verpflichtet, so kann er die Verpflichtung nur erfüllen, wenn der andere Ehegatte einwilligt (§ 1365 Abs. 1 S. 2 BGB). Diese Regelung verfolgt zum einen das Ziel, den Zugewinnausgleich zu sichern, zum anderen, das Interesse des anderen Ehegatten an der Erhaltung des Familienvermögens zu schützen.[13] Dabei greift § 1365 Abs. 1 BGB nicht nur dann ein, wenn Verfügungsgegenstand tatsächlich das gesamte Vermögen als solches ist (was in der Praxis kaum vorkommt), sondern nach h.M. auch bei einer Verfügung über einen Einzelgegenstand, wenn dieser – wirtschaftlich betrachtet – das ganze oder nahezu ganze Vermögen ausmacht.[14] Hierbei wird die Grenze des verbleibenden Restvermögens bei ca. 15 % des ursprünglichen Gesamtvermögens gezogen,[15] bei größeren Vermögen bei ca. 10 %.[16] Bei einer Verfügung über einen Einzelgegenstand muss der Vertragspartner ferner wissen, dass es sich um (nahezu) das ganze Vermögen des Ehegatten handelt, oder zumindest die Verhältnisse kennen, aus denen er diesen Schluss ziehen kann.[17] Die zweite Verfügungsbeschränkung betrifft Gegenstände des ehelichen Haushalts. Über solche Gegenstände kann der Ehegatte, dem sie gehören, nur verfügen und sich zu einer solchen Verfügung auch nur verpflichten, wenn der andere Ehegatte einwilligt (§ 1369 Abs. 1 BGB). §§ 1365, 1369 BGB enthalten absolute Veräußerungsverbote.[18] Eine entgegen diesen Vorschriften vorgenommene Verfügung (z.B. Übereignung) ist unwirksam. Auch ein gutgläubiger Erwerb scheidet aus.

[12] Ausnahme: die güterstandsunabhängige gesetzliche Mitverpflichtung und Mitberechtigung bei Geschäften zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie gem. § 1357 BGB, sog. Schlüsselgewalt (siehe hierzu Rdn 34 f.).
[13] BGHZ 77, 293, 297; 101, 225, 228; BGH NJW 2000, 1947, 1948.
[14] BGHZ 35, 135; 132, 218, 220 f.; MüKoBGB/Koch, § 1365 Rn 16 ff.
[15] BGHZ 77, 293, 298; BGH NJW 1991, 1739, 1740.
[16] BGH NJW 1991, 1739, 1740.
[17] Sog. subjektive Theorie; BGHZ 43, 177; 77, 293, 295; 132, 218, 221.
[18] BGHZ 40, 218; Palandt/Brudermüller, § 1365 BGB Rn 14.

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