Dr. Jens Tersteegen, Prof. Dr. Thomas Reich
Rz. 4
Das deutsche Erbrecht wird beherrscht vom Grundsatz der Universalsukzession (Gesamtrechtsnachfolge). Gemäß § 1922 BGB geht mit dem Erbfall das Vermögen als Ganzes mit unmittelbarer dinglicher Wirkung auf den oder die Erben über. Die Gesamtrechtsnachfolge erfasst dabei grundsätzlich alle vererblichen Rechte und Verbindlichkeiten. Diese gehen insgesamt und ungeteilt auf den oder die Erben über.
Rz. 5
Als wichtiger Ausnahmefall, in dem eine Sonderrechtsnachfolge zugelassen wird, ist die Rechtsnachfolge im Hinblick auf Beteiligungen an Personengesellschaften zu nennen. Bei der OHG und KG scheidet der persönlich haftende Gesellschafter mit seinem Ableben der Gesellschaft aus (§§ 131 Abs. 2, 161 Abs. 2 HGB). Diese Regelung sieht das Gesetz nunmehr in Abweichung von der bisherigen Rechtslage auch für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) vor: Stirbt ein Gesellschafter einer GbR, führt dies anders als nach altem Recht (§ 727 BGB a.F.) nicht mehr zu Auflösung der GbR, sondern lediglich noch zum Ausscheiden aus der Gesellschaft (§ 723 Abs. 1 Nr. 1 BGB – sofern nicht im Gesellschaftsvertrag anders vereinbart, § 730 BGB). Insofern kann nunmehr allgemein gesagt werden, dass der Tod eines Gesellschafters bei den Personengesellschaften zum Ausscheiden des betroffenen Gesellschafters führt. Nur beim Versterben eines Kommanditisten wird die Gesellschaft regelmäßig mit dessen Erben fortgeführt (§ 177 HGB). Sieht das Gesetz oder der Gesellschaftsvertrag die Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben vor, so erfolgt der Erwerb des Gesellschaftsanteils auf erbrechtlicher Grundlage, allerdings in der Form einer Sonderrechtsnachfolge. Insbesondere wird bei mehreren Erben die Gesellschaft nicht mit der Erbengemeinschaft fortgesetzt. Vielmehr vollzieht sich die Nachfolge in der Weise, dass die Miterben den Anteil entsprechend ihrer erbrechtlichen Beteiligung am Nachlass unmittelbar geteilt erwerben (Vorrang des Gesellschaftsrechts). Diesen bisher von der herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur angenommenen Vorrang des Gesellschaftsrechts hat der Gesetzgeber nunmehr in § 711 BGB kodifiziert. So regelt § 711 Abs. 2 S. 2 BGB ausdrücklich, dass der Gesellschaftsanteil den Erben entsprechend ihrer Erbquoten zufällt. Ebenso regelt § 711 Abs. 2 S. 3 BGB, dass die Vorschriften über die Erbengemeinschaften keine Anwendung finden. Hier hat die jüngste Reform durch das MoPeG dazu geführt, dass bisheriges Richterrecht nunmehr in das Gesetz übernommen wurde. Über § 105 Abs. 2 HGB findet diese Regelung auch für die OHG und KG Anwendung. Im Gesellschaftsvertrag sollte geregelt werden, ob die Gesellschaft mit den Erben fortgesetzt wird und ob alle oder nur bestimmte Erben zur Nachfolge berechtigt sind (sog. Nachfolge- und Eintrittsklauseln, siehe Rdn 182 ff.).
Rz. 6
Eine Sonderrechtsnachfolge kann sich auch bei der Vererbung landwirtschaftlicher Besitzungen ergeben, soweit in einzelnen Bundesländern besondere höferechtliche Vorschriften anwendbar sind (vgl. Rdn 189). So bestimmen Sonderregelungen für landwirtschaftliche Betriebe (z.B. § 4 HöfeO), dass ein Hof mit dem Erbfall im Wege einer Sondererbfolge unmittelbar einem der Miterben als Hoferben zufällt.