Dr. Jens Tersteegen, Prof. Dr. Thomas Reich
1. Vorweggenommene Erbfolge
Rz. 176
Auch außerhalb des Erbrechts kommen Nachlassregelungen in Betracht. Zu nennen ist hier insbesondere die vorweggenommene Erbfolge. Die Rechtsprechung versteht darunter die Übertragung des Vermögens (oder eines wesentlichen Teils davon) durch den (künftigen) Erblasser auf einen oder mehrere als Erben in Aussicht genommene Empfänger, wobei derartige Verträge regelmäßig auch zugunsten der weichenden Erben Abfindungsregelungen und Regelungen zur Versorgung und Absicherung des künftigen Erblassers enthalten.
2. Schenkung auf den Todesfall
Rz. 177
Daneben kommt aber auch in Betracht, dass der Erblasser beispielsweise durch aufschiebend bedingte Schenkungen den Übergang von Einzelgegenständen nach dem Tod des Erblassers auf einen Dritten regelt. In diesem Zusammenhang ist die Schenkung auf den Todesfall zu nennen. Eine solche liegt vor, wenn der Erblasser einem Dritten einen Gegenstand aufschiebend bedingt durch seinen Tod schenkt. Steht in einem solchen Fall das Schenkungsversprechen unter der Bedingung, dass der Beschenkte den Schenker überlebt, finden auf ein derartiges Schenkungsversprechen gem. § 2301 BGB die Vorschriften über die Verfügung von Todes wegen Anwendung. Soll die Schenkung unabhängig davon, ob der Beschenkte den Erblasser überlebt, mit dem Tode des Erblassers anfallen, so handelt es sich um eine Schenkung unter Lebenden, auf die nur die Vorschriften des Schenkungsrechts anwendbar sind. In diesem Fall stünde der Anspruch aus dem Schenkungsvertrag auch den Erben des Beschenkten zu, wenn der Beschenkte vor dem Erblasser verstirbt.
Rz. 178
Wird ein Schenkungsversprechen unter der in § 2301 BGB genannten Überlebensbedingung abgegeben, so finden gem. § 2301 BGB die Vorschriften über die Verfügung von Todes wegen Anwendung. Durch eine derartige Schenkung von Todes wegen sollen nicht die erbrechtlichen Formvorschriften umgangen werden können. Dies bedeutet formell-rechtlich, dass die Formvorschriften für Verfügungen von Todes wegen beachtet werden müssen. Auch in materiell-rechtlicher Hinsicht ist das Schenkungsversprechen von Todes wegen in seiner Wirkung der Verfügung von Todes wegen gleichgestellt. Es handelt sich also letztlich nicht um eine lebzeitige Zuwendung, so dass für den Erwerber beispielsweise kein Anwartschaftsrecht, sondern lediglich eine ungesicherte Erwartung besteht. Allerdings finden gem. § 2301 Abs. 2 BGB die Vorschriften über die Schenkungen unter Lebenden Anwendung, wenn der Schenker die Schenkung durch Vollzug des zugewandten Gegenstandes vollzogen hat. Vollzug liegt dabei immer dann vor, wenn der Schenker alles getan hat, was von seiner Seite aus zum Erwerb des Schenkungsgegenstandes durch den Beschenkten erforderlich ist.
3. Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall
Rz. 179
Insbesondere bei Lebensversicherungsverträgen, aber auch im Zusammenhang mit Sparguthaben wird häufig zwischen Erblasser und Versicherung bzw. Bank vereinbart, dass im Fall des Todes die Versicherungsleistung bzw. das Sparguthaben an einen begünstigten Dritten ausgezahlt werden soll. In derartigen Fällen vollzieht sich der Erwerb häufig nicht erbrechtlich, sondern am Nachlass vorbei.
Rz. 180
Im Verhältnis zwischen Bank/Lebensversicherung und dem Kunden (Erblasser) (sog. Deckungsverhältnis) liegt ein Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall (§§ 328, 331 BGB) vor. Aufgrund dieses Vertrages zugunsten Dritter erwirbt der Dritte mit dem Tod des Erblassers gegen die Bank/Lebensversicherung das Recht, die Leistung zu fordern. Dabei vollzieht sich der Rechtserwerb des Dritten nicht erbrechtlich, sondern auf der rein schuldrechtlichen Ebene. Der Vertrag nach § 331 BGB ist, obwohl er den Erwerb vom Tod des Versprechensempfängers abhängig macht, keine Verfügung von Todes wegen, sondern ein Rechtsgeschäft unter Lebenden.
Rz. 181
Neben dem Verhältnis zwischen dem Erblasser und der Bank besteht noch ein Rechtsverhältnis zwischen dem Erblasser und dem Empfänger der Zuwendung (dem Dritten) (sog. Valutaverhältnis). In diesem Verhältnis liegt regelmäßig ein Schenkungsvertrag vor. Nach h.M. ist auf einen derartigen Schenkungsvertrag, bezogen auf Vertragsansprüche zugunsten Dritter, nicht § 2301 Abs. 1 S. 1 BGB anwendbar. Häufig wird der Schenkungsvertrag dabei in der Weise abgeschlossen, dass die Bank/Lebensversicherung dem Dritten, der bisher von der Zuwendung keine Kenntnis hatte, nach dem Tod des Erblassers das Schenkungsangebot überbringt. Mit Annahme der Zuwendung nimmt der Dritte konkludent auch das Schenku...