Dr. Jens Tersteegen, Prof. Dr. Thomas Reich
1. Erbeinsetzung
Rz. 67
Die Erbeinsetzung ist regelmäßig das zentrale Element einer letztwilligen Verfügung. Nach der Auslegungsregel des § 2087 Abs. 1 BGB handelt es sich dann um eine Erbeinsetzung, wenn der Erblasser sein Vermögen oder einen Bruchteil seines Vermögens dem Bedachten zuwendet, auch wenn er dafür nicht das Wort Erbeinsetzung verwendet. Setzt der Erblasser mehrere Personen zu Erben ein, so bilden diese eine Erbengemeinschaft nach den §§ 2032 ff. BGB (zur Erbengemeinschaft siehe Rdn 136 ff.).
2. Enterbung
Rz. 68
Gegenstück zur Erbeinsetzung ist die Enterbung. Diese kann entweder in einem sog. negativen Testament dadurch erfolgen, dass der Erblasser einen, mehrere oder alle gesetzlichen Erben von der Erbfolge ausschließt, ohne andere Erben einzusetzen (§ 1938 BGB). Eine Enterbung der gesetzlichen Erben liegt allerdings auch dann vor, wenn der Erblasser den Nachlass vollständig auf von ihm benannte gewillkürte Erben verteilt. Stellt sich allerdings die Einsetzung der gewillkürten Erben als unwirksam dar, so ist regelmäßig nicht davon auszugehen, dass auch für diesen Fall die gesetzlichen Erben enterbt sein sollen. Trotz Enterbung können Pflichtteilsansprüche bestehen (zum Pflichtteilsrecht siehe Rdn 94 ff.).
3. Vor- und Nacherbschaft
Rz. 69
Eine Erbeinsetzung kann auch in der Weise erfolgen, dass bis zu einem bestimmten Zeitpunkt zunächst der eine Erbe (sog. Vorerbe) und ab einem bestimmten Zeitpunkt ein anderer Erbe (sog. Nacherbe) ist (§§ 2100 ff. BGB). Die Besonderheit liegt darin, dass sowohl Vorerbe als auch Nacherbe beide Erben desselben Erblassers und derselben Erbschaft nur zeitlich nacheinander sind. Der Nachlass bildet in der Hand des Vorerben ein von seinem sonstigen Vermögen getrenntes Sondervermögen, das daher auch nicht gesetzlichen Erb- oder Pflichtteilsansprüchen der Verwandten des Vorerben unterliegt. Mit dem Eintritt des Nacherbfalls geht das Vermögen zwar faktisch vom Vorerben auf den Nacherben, erbrechtlich betrachtet aber vom ursprünglichen Erblasser direkt auf den Nacherben über. Die Vor- und Nacherbfolge ermöglicht die Erhaltung des Familienvermögens über den Wechsel der Generationen hinweg, die Ausschaltung von Erben und Pflichtteilsberechtigten des Vorerben, den Schutz des Nachlasses beim Vorerben vor seinen Gläubigern und auch die Beeinflussung des Verhaltens des Vorerben, indem etwa für den Fall der Wiederverheiratung die Nacherbfolge angeordnet wird.
Rz. 70
Um dem oder den Nacherben den Nachlass zu erhalten, regelt das Gesetz in § 2111 BGB die sog. dingliche Surrogation. Danach unterliegt all das, was der Vorerbe aufgrund eines zur Erbschaft gehörenden Rechts oder als Ersatz für die Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung eines Erbschaftsgegenstandes oder durch Rechtsgeschäft mit Mitteln der Erbschaft erwirbt, wiederum der Vor- und Nacherbfolge. Veräußert also beispielsweise der Vorerbe wirksam eine zum Nachlass gehörende Sache, so fällt der dafür erhaltene Veräußerungserlös wiederum in die Vorerbschaft.
Rz. 71
Gemäß § 2112 BGB kann der Vorerbe über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände verfügen. Die §§ 2113 ff. BGB enthalten hierfür aber Einschränkungen. So ist die entgeltliche Verfügung des Vorerben über ein zur Vorerbschaft gehörendes Grundstück im Zeitpunkt des Eintritts der Nacherbfolge insoweit unwirksam, als dadurch das Recht des Nacherben vereitelt oder beeinträchtigt wird (§ 2113 Abs. 1 BGB). Ebenso ist eine unentgeltliche Verfügung im Zeitpunkt des Eintritts der Nacherbfolge unwirksam, soweit sie das Recht des Nacherben beeinträchtigt (§ 2113 Abs. 2 BGB). Derartige Verfügungen sind nicht absolut, sondern nur relativ unwirksam. Ihre Unwirksamkeit tritt erst im Zeitpunkt des Nacherbfalls ein und besteht nur, wenn durch die Verfügung das Recht des Nacherben beeinträchtigt wurde. Dies ist freilich beispielsweise bei Schenkungen regelmäßig der Fall. Das vom Vorerben gehaltene Sondervermögen wird ferner durch § 2115 BGB sowie die ergänzenden Verfahrensvorschriften der § 773 ZPO, § 83 InsO vor Vollstreckungsmaßnahmen der Eigengläubiger des Vorerben und in der Insolvenz des Vorerben geschützt. Außerdem enthalten die §§ 2114 ff. BGB diverse Mitverwaltungs-, Kontroll- und Sicherungsrechte des Nacherben. Von vielen der Beschränkungen kann gem. § 2136 BGB Befreiung erteilt werden. Man spricht sodann vom "befreiten Vorerben". Befreit werden kann von den Beschränkungen des § 2113 Abs. 1 BGB (Verfügungen über Grundstücke), nicht aber von § 2113 Abs. 2 BGB (unentgeltliche Verfügungen) oder von § 2111 BGB (dingliche Surrogation). Auch § 2115 BGB ist zwingend.
Rz. 72
Der Nacherbfall tritt zu dem von dem Erblasser bestimmten Zeitpunkt oder Ereignis ein (§ 2103 BGB). Fehlt eine entsprechende Anordnung so tritt der Nacherbfall grundsätzlich mit dem Tod des Vorerben ein (§ 2106 BGB). Die Nacherbfolge kann auch mehrfach hintereinander geschaltet werden, indem der zuerst berufene Nacherbe wiederum Vorerbe eines folgenden Nacherben wird.
Rz. 73
Vo...