1. Grundlagen
Rz. 84
Das gesetzlich vorgeschriebene Mindestkapital (vgl. § 5 GmbHG) ist einer der Kernpunkte des deutschen GmbH-Rechts und sicherlich ein Garant für den Erfolg dieser Rechtsform im In- wie im Ausland. Das Mindestkapital sichert zum einen ab, dass die Gesellschaft über ein Minimum an Werten verfügt, um die Geschäftstätigkeit aufzunehmen. Zum anderen stellt es den Gläubigern der Gesellschaft eine garantierte Haftsumme zur Verfügung und trägt so zur Seriosität der Gesellschaft bei. Aus Sicht der Gesellschafter hat das Stammkapital – ordnungsgemäße Aufbringung vorausgesetzt – den großen und entscheidenden Vorteil, dass es die Haftung auf das Gesellschaftsvermögen sichert. Die ordnungsgemäße Aufbringung des Stammkapitals ist daher bildlich gesprochen die Eintrittskarte für die Haftungsbeschränkung im Rechtsverkehr. Soweit der Gesetzgeber diese Grundsätze nunmehr für die Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) faktisch (wegen der freien Wahl des Haftkapitals) aufgegeben hat, wird man die weitere Entwicklung in der Praxis aufmerksam verfolgen müssen. Die Anzahl der neugegründeten GmbH hat jedoch, trotz ebenfalls zahlreicher UG-Neugründungen, in den letzten Jahren nicht abgenommen.
Rz. 85
Die Aufbringung des Stammkapitals wird in § 19 GmbHG geregelt. Das Stammkapital wäre jedoch ein Muster ohne Wert, wenn allein seine Aufbringung, nicht aber auch seine Erhaltung gesetzlich vorgeschrieben wäre. Aus diesem Grunde sehen die §§ 30 und 31 GmbHG ein Rückzahlungsverbot für Stammkapital vor und statuieren Erstattungsansprüche.
2. Kapitalschutz
Rz. 86
Die §§ 30 und 31 GmbHG schützen den Teil des Reinvermögens der Gesellschaft, der rechnerisch zur Deckung des satzungsmäßigen Stammkapitals erforderlich ist. Dabei schützen diese Vorschriften zum einen nur das Vermögen der Gesellschaft seinem Wert nach. Auf eine konkrete Zusammensetzung des Vermögens kommt es hingegen nicht an. Zum anderen schützen die vorgenannten Kapitalerhaltungsvorschriften lediglich vor einer Rückzahlung von benötigtem Vermögen an die Gesellschafter. Keinen Schutz entfalten diese Vorschriften also vor Aufzehrung des Stammkapitals auf andere Weise als durch unerlaubte Rückzahlung an die Gesellschafter, also insbesondere durch eingetretene Verluste aus dem laufenden Geschäftsbetrieb.
Rz. 87
§ 30 Abs. 1 GmbHG verbietet die Auszahlung des zur Erhaltung des Stammkapitals erforderlichen Vermögens der Gesellschaft an die Gesellschafter. Für die Frage, ob das Stammkapital nicht mehr durch vorhandenes Vermögen gedeckt ist, wird darauf abgestellt, ob zum Zeitpunkt der maßgeblichen Auszahlungshandlung an die Gesellschafter eine Unterbilanz bereits besteht, ob sie durch die Auszahlung hervorgerufen oder gar vertieft wird. Unter Auszahlung ist nach allgemeiner Ansicht jede Verringerung des Gesellschaftsvermögens – gleichgültig auf welche Art – zu verstehen.
Rz. 88
Liegt eine Verletzung von § 30 GmbHG vor, so steht der Gesellschaft bei vorgenommenen Auszahlungen ein Erstattungsanspruch zunächst gegen den Leistungsempfänger nach § 31 GmbHG bzw. eventueller weiterer Vorschriften (z.B. §§ 812 ff. BGB) zu. Darüber hinaus kommt eine Inanspruchnahme der übrigen Gesellschafter (§ 31 Abs. 3 Satz 1 GmbHG) und der Geschäftsführer (§ 43 Abs. 3 GmbHG) in Betracht. Ist eine Auszahlung entgegen den Grundsätzen des § 30 GmbHG beschlossen, aber noch nicht vollzogen worden, so ist die Geschäftsführung berechtigt, die Vollziehung dieses Beschlusses zu verweigern.
Rz. 89
Der sich aus einer verbotenen Auszahlung ergebende Rückzahlungsanspruch aus § 31 Abs. 1 GmbHG richtet sich auf die wertmäßige Wiederherstellung des das Stammkapital deckenden Vermögens. Somit ist der Erstattungsanspruch auf Wertausgleich in der Höhe der verbotenen Auszahlung gerichtet. Wird nach einer verbotenen Rückzahlung das Gesellschaftsvermögen anderweitig bis zur Höhe des Stammkapitals wiederhergestellt, so entfällt der einmal entstandene Rückerstattungsanspruch gegen den betreffenden Gesellschafter nicht.
Rz. 90
Ist eine Rückzahlung nach § 31 Abs. 1 GmbHG vom Empfänger der Leistung nicht zu erlangen, so haften die Gesellschafter gem. § 31 Abs. 3 GmbHG subsidiär.
Rz. 91
Die Geschäftsführer der Gesellschaften haften verschuldensabhängig bei Verletzung des Auszahlungsverbotes (§§ 43 Abs. 3, 31 Abs. 1 GmbHG). Daneben besteht gegenüber den Gesellschaftern eine Haftung der Geschäftsführer nach § 31 Abs. 6 GmbHG. Weitere Anspruchsgrundlagen, insbesondere §§ 812 ff. BGB, werden durch § 31 GmbHG nicht ausgeschlossen.
3. Eigenkapitalersetzende Darlehen
Rz. 92
Das GmbH-Gesetz sah in den §§ 32a, 32b eine rechtliche Sonderbehandlung desjenigen Rückzahlungsanspruchs vor, der einem Gesellschafter aus...