Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
1. Allgemeines
Rz. 90
Seit 1977 sieht das Gesetz die Durchführung des Versorgungsausgleichs vor. Er dient wie der Zugewinnausgleich (siehe Rdn 68 ff.) der Aufteilung des gemeinsam erwirtschafteten Vermögens der Ehegatten, welches nur wegen der in der Ehe gewählten Aufgabenverteilung (Erwerbstätigkeit und Haushaltsführung/Kinderbetreuung) einem Ehegatten allein rechtlich zugeordnet war. Der Versorgungsausgleich erweitert das Prinzip der Zugewinngemeinschaft auf Versorgungsanrechte (§ 1587 BGB i.V.m. dem VersAusglG). Für solche Versorgungsanrechte gelten ausschließlich die Vorschriften über den Versorgungsausgleich (§ 2 Abs. 4 VersAusglG). Ein Vermögenswert kann also nur dem Zugewinnausgleich oder dem Versorgungsausgleich, nicht aber beiden Ausgleichsarten unterliegen. Der Versorgungsausgleich ist vom Güterstand der Ehegatten unabhängig und daher auch bei Gütertrennung durchzuführen. Da es um einen Vermögensausgleich geht, ist die Durchführung des Versorgungsausgleichs auch nicht wie der nacheheliche Unterhalt an die Bedürftigkeit oder Leistungsfähigkeit geknüpft.
2. Auszugleichende Versorgungsrechte
Rz. 91
Im Einzelnen unterliegen dem Versorgungsausgleich im In- und Ausland bestehende Anwartschaften auf Versorgungen und Ansprüche auf laufende Versorgungen, insbesondere aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aus anderen Regelsicherungssystemen wie z.B. der Beamtenversorgung oder der berufsständischen Versorgung, aus der betrieblichen Altersversorgung oder aus der privaten Alters- oder Invaliditätsvorsorge (§ 2 Abs. 1 VersAusglG). Abgrenzungsschwierigkeiten bestehen bei Lebensversicherungen auf Rentenbasis mit Kapitalwahlrecht. Wird das Kapitalwahlrecht (auch nach Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags) ausgeübt, ist die Versicherung im Zugewinnausgleich zu berücksichtigen, da der Versorgungsausgleich keinen Ausgleich von Kapitalforderungen vorsieht.
3. Durchführung des Versorgungsausgleichs
Rz. 92
Auszugleichen sind die in der Ehezeit erworbenen Anteile von Anrechten (§ 1 Abs. 1 VersAusglG). Sämtliche Anrechte werden seit der Reform des Versorgungsausgleichs 2009 jeweils hälftig zwischen den Eheleuten geteilt. Dem jeweils ausgleichsberechtigten Ehegatten steht die Hälfte des Wertes des jeweiligen Ehezeitanteiles (Ausgleichswert) zu.
Rz. 93
Sind Versorgungsanrechte auszugleichen, geschieht dies in erster Linie durch eine sog. interne Teilung, indem das Gericht für den ausgleichsberechtigten Ehegatten zu Lasten des Anrechts des ausgleichspflichtigen Ehegatten ein Anrecht bei dem Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehegatten überträgt (§ 10 VersAusglG).
Rz. 94
Statt der internen Teilung kann das Gericht unter bestimmten Voraussetzungen für den ausgleichsberechtigten Ehegatten auch bei einem anderen Versorgungsträger ein Anrecht durch eine sog. externe Teilung begründen (§ 14 VersAusglG).
Rz. 95
Das Familiengericht soll beiderseitige Anrechte gleicher Art nicht ausgleichen, wenn die Differenz ihrer Ausgleichswerte gering ist (§ 18 VersAusglG). Bei kurzer Ehedauer (bis zu drei Jahren) wird der Versorgungsausgleich nur durchgeführt, wenn ein Ehegatte dies beantragt.