Gerhard Ring, Line Olsen-Ring
1. Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft
Rz. 32
Nach der Generalklausel des § 1353 Abs. 1 S. 2 BGB sind die Ehegatten einander zur ehelichen Lebensgemeinschaft verpflichtet und tragen füreinander Verantwortung. Diese allgemeine Verpflichtung konkretisiert das Gesetz nicht, sondern stellt es den Ehegatten anheim, ihre Ehe nach den eigenen Vorstellungen auszugestalten. So macht das Gesetz keine Vorgaben für die Haushaltsführung oder die Erwerbstätigkeit, sondern überlässt diese Fragen dem Einvernehmen der Ehegatten (§ 1356 BGB). Als Grundelemente der ehelichen Lebensgemeinschaft werden jedoch herkömmlicherweise angesehen: das Zusammenleben in häuslicher Gemeinschaft, je nach Alter, Gesundheit und psychischer Disposition die Pflicht zur Geschlechtsgemeinschaft, die Pflicht zu ehelicher Treue, die Achtung und Rücksichtnahme aufeinander und allgemein die Sorge um die gemeinsamen Angelegenheiten.
Rz. 33
Die persönliche Verpflichtung zur Herstellung und Wahrung der ehelichen Lebensgemeinschaft kann nicht zwangsweise durchgesetzt werden. Betrifft jedoch eine außereheliche Beziehung eines Ehegatten den räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe ("die Geliebte im Ehebett"), bejaht die Rspr. vollstreckbare Unterlassungsansprüche.
2. "Schlüsselgewalt"
Rz. 34
Jeder Ehegatte ist berechtigt, Geschäfte zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Durch solche Rechtsgeschäfte werden beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet, es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt (§ 1357 Abs. 1 BGB). Diese sog. Schlüsselgewalt gilt in allen Güterständen und hat den Zweck, jeden Ehegatten, vor allem den haushaltsführenden, der normalerweise nicht über ein eigenes Einkommen verfügt, in die Lage zu versetzen, seine Aufgaben eigenverantwortlich erfüllen zu können, und soll darüber hinaus den Rechtsverkehr schützen. Die "Schlüsselgewalt" umfasst nicht nur Geschäfte zur unmittelbaren Bedarfsdeckung (etwa den Kauf von Lebensmitteln und Kleidung), sondern alle Geschäfte, mit denen der persönliche Bedarf der Ehegatten und der gemeinsamen unterhaltsberechtigten Kinder befriedigt werden soll (etwa Kauf von Kosmetika, Ausgaben für Bildung und Unterhaltung). Angemessen i.S.d. § 1357 Abs. 1 BGB sind nur solche Geschäfte, die von einem Ehegatten nach dem äußerlich erkennbaren Zuschnitt der ehelichen Lebensverhältnisse selbstständig erledigt werden können. Geschäfte größeren Umfangs, die ohne Schwierigkeiten zurückgestellt werden können, fallen nicht darunter.
Rz. 35
Geschäfte, die im Rahmen der "Schlüsselgewalt" besorgt werden, verpflichten beide Ehegatten als Gesamtschuldner (§ 421 BGB), so dass der Gläubiger nach seiner Wahl von jedem Ehegatten die ganze Leistung verlangen kann. Die aus § 1357 Abs. 1 S. 2 BGB folgende Berechtigung beider Ehegatten bezieht sich nach h.M. nur auf das schuldrechtliche Geschäft, nicht aber auf die dingliche Rechtslage. Wer Eigentümer einer nach § 1357 Abs. 1 BGB angeschafften Sache wird, beurteilt sich vielmehr nach den allgemeinen sachenrechtlichen Regeln.
3. Eigentumsvermutung
Rz. 36
Zugunsten der Gläubiger eines Ehegatten wird vermutet, dass die im Besitz eines oder beider Ehegatten befindlichen beweglichen Sachen dem Schuldner gehören (§ 1362 Abs. 1 S. 1 BGB). Für ausschließlich den persönlichen Gebrauch eines Ehegatten bestimmte Sachen wird dessen Eigentum vermutet (§ 1362 Abs. 2 BGB). Diese Vorschriften sollen die Gläubiger eines Ehegatten vor einer Verschleierung der Eigentumsverhältnisse bewahren. Die Eigentumsvermutung ist widerlegbar. Sie wird für die Zwangsvollstreckung um eine entsprechende Gewahrsams- und Besitzvermutung ergänzt (§ 739 ZPO).