Leitsatz
In einem Scheidungsverfahren mit einem einstweiligen Anordnungsverfahren zum Unterhalt war dem Antragsgegner auf seinen Antrag Prozesskostenhilfe mit der Maßgabe bewilligt worden, dass die Beiordnung des auswärtigen Rechtsanwalts lediglich "zu den Bedingungen eines Rechtsanwalts mit Sitz am Ort des Prozessgerichts" für das Scheidungsverfahren und das einstweilige Anordnungsverfahren erfolgte. Gegen diesen Beschluss hat der Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt, die erfolgreich war.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hält die von dem erstinstanzlichen Gericht vorgenommene Auslegung des § 121 Abs. 3 ZPO für zu eng, da bei der Frage, ob durch die Beiordnung eines auswärtigen Rechtsanwalts Mehrkosten i.S.v. § 121 Abs. 3 ZPO entstehen, auch im Wege einer Gesamtbetrachtung zu prüfen ist, ob neben einem Prozessbevollmächtigten am Ort des Prozessgerichts zusätzlich ein Verkehrsanwalt gem. § 121 Abs. 4 ZPO am Wohnort des Antragsgegners beizuordnen wäre (BGH v. 23.6.2004 -XII ZB 61/04, MDR 2004, 1373 = BGHReport 2004, 1371 m. Anm. Schneider = NJW 2004, 2749 [2750]; OLG Hamm - 5 WF 66/05, OLGReport Hamm 2005, 565 = NJW 2005, 1724 f.; v. 25.11.2004 - 6 WF 269/04, OLGReport Hamm 2005, 179 = MDR 2005, 538, OLG Nürnberg MDR 2005, 539 f.; OLG Naumburg v. 21.12.2004 - 14 WF 227/04, OLGReport Naumburg 2005, 567; OLG Karlsruhe NJW 2005, 2718 f.).
Nur wenn ein Verkehrsanwalt gem. § 121 Abs. 4 ZPO am Wohnort des Antragsgegners nicht beizuordnen wäre, kann ein auswärtiger Anwalt "zu den Bedingungen eines an dem Sitz des Prozessgerichts ansässigen Rechtsanwalts" beigeordnet werden. Bei einer Beauftragung im Rahmen eines Scheidungsverfahrens, dessen Umfang und Schwierigkeit im Hinblick auf etwaige Folgesachen zu Beginn der Beauftragung noch nicht abzusehen ist, vorliegend aber bereits ein einstweiliges Anordnungsverfahren über Unterhalt nach sich gezogen hat und bezüglich Sorgerecht und Versorgungsausgleich Zwischenverfügungen erforderlich geworden sind, sind die besonderen Voraussetzungen, die bei größerer Entfernung einen Verkehrsanwalt erfordern, regelmäßig anzunehmen.
Der Gleichheitssatz erfordert, die nicht bemittelten Parteien insoweit nicht schlechter zu stellen (vgl. zuletzt BVerfG. V. 4.2.2004 - 1 BvR 596/03, NJW 2004, 1789).
Bei weiterer Entfernung zum Gerichtsort kann allenfalls in einfach gelagerten Fällen auf die Heranziehung eines Korrespondenzanwalts verzichtet werden. Bei einer Entfernung von ca. 125 km zum Gerichtsort wäre der Antragsgegner vorliegend berechtigt, zusätzlich zu einem etwa beigeordneten Hauptbevollmächtigten aus Gießen seinen derzeitigen Bevollmächtigten als Korrespondenzanwalt beiordnen zu lassen, was letztendlich sogar höhere Kosten auslösen würde.
Link zur Entscheidung
OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 17.10.2005, 5 WF 190/05