Nadine Rumland-Gelzhäuser
Zusammenfassung
Die gesetzliche Erbfolge ist in den §§ 1924 ff. BGB normiert. Sie verfolgt das Ziel der gerechten Verteilung des Nachlasses unter den Verwandten des Erblassers. Wer Erbe wird, bestimmt sich, wenn der Erblasser die Verteilung seines Nachlasses nicht durch Verfügung von Todes wegen geregelt hat, nach den Regeln der gesetzlichen Erbfolge.
Sowohl bei der gewillkürten als auch bei der hier behandelten gesetzlichen Erbfolge gelten die in §§ 1922, 1923 BGB getroffenen grundsätzlichen Regelungen. § 1922 BGB enthält die Legaldefinitionen der Begriffe Erbfall, Erbschaft, Erben und Erbteil sowie die Aussage, dass das Vermögen einer Person mit deren Tod als Ganzes, d. h. im Wege der Gesamtrechtsnachfolge bzw. Universalsukzession, unmittelbar auf eine oder mehrere Personen übergeht. Dies bedeutet, dass die Rechtsnachfolger kraft Gesetzes unmittelbar und von selbst in die Rechtsstellung des Erblassers eintreten. Sie erwerben die dem Erblasser zustehenden Rechte und Verbindlichkeiten unverändert. Sämtliche Rechte und Verbindlichkeiten gehen ungeteilt auf den oder die Erben über.
Eine Ausnahme von der Gesamtrechtsnachfolge stellt die sog. Sondererbfolge (Singularsukzession) beispielsweise im Personengesellschaftsrecht dar. Da es hier nicht sachgerecht wäre, eine Erbengemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft in die Gesellschafterstellung nachrücken zu lassen, wird der Gesellschaftsanteil aus dem Nachlass ausgegliedert und geht im Verhältnis der jeweiligen Erbquote auf den oder die nachfolgeberechtigten Erben über.
Wer Gesamtrechtsnachfolger wird, richtet sich danach, ob eine Verfügung von Todes wegen vorhanden ist, die den oder die Erben bestimmt (gewillkürte Erbfolge), oder, ob gesetzliche Erbfolge nach §§ 1924 ff. BGB eintritt.
§ 1923 BGB statuiert die Erbfähigkeit. Die Erbfähigkeit ergibt sich aus der Rechtsfähigkeit (§ 1 BGB) und muss im Zeitpunkt des Erbfalls gegeben sein. Gem. § 1923 Abs. 1 BGB endet die Erbfähigkeit mit dem Tod. Daher kann nicht Erbe werden, wer vor oder gleichzeitig mit dem Erblasser verstirbt.
Bei juristischen Personen folgt die Erbfähigkeit aus der in Sondervorschriften angeordneten Rechtsfähigkeit.
Auch der Nasciturus, der zum Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht geboren, aber bereits gezeugt ist, ist gem. § 1923 Abs. 2 BGB erbfähig, wenn er nach dem Erbfall lebend geboren wird.
Die Bestimmung der gesetzlichen Erbfolge richtet sich nach dem gesetzlich vorgesehenen Parentelsystem (Erbfolge nach Ordnungen) sowie dem Repräsentationsprinzip (Erbfolge nach Stämmen).
Das gesetzliche Erbrecht gewinnt auch bei gewillkürter Erbfolge Bedeutung. Denn es ist maßgeblich für die Ermittlung der Höhe des Pflichtteilsanspruchs, wenn der Erblasser einen nach § 2303 BGB Pflichtteilsberechtigten nicht in seiner letztwilligen Verfügung bedacht hat und ihm das gesetzliche Erbrecht entzogen hat.
1 Das Verwandtenerbrecht
1.1 Allgemeines
Nach dem BGB sind in erster Linie der Ehegatte bzw. der eingetragene Lebenspartner und die nächsten Verwandten des Erblassers (vor allem Abkömmlinge, Eltern, Geschwister) zu gesetzlichen Erben berufen.
Beim Ehegatten bzw. Lebenspartner handelt es sich nicht um Erben einer bestimmten Ordnung, wie das beispielsweise bei den Abkömmlingen des Erblassers, den gesetzlichen Erben erster Ordnung, der Fall ist. Der Ehegatte bzw. Lebenspartner erbt vielmehr aufgrund eines Sondererbrechts neben den Verwandten, Dieses Sondererbrecht des Ehegatten bzw. Lebenspartners ist dabei umso größer je entfernter die übrigen gesetzlichen Erben mit dem Erblasser verwandt sind.
Der gesetzliche Erbteil des Ehegatten bzw. Lebenspartners hängt auch davon ab, in welchem Güterstand der Erblasser verheiratet war.
Da das Verwandtenerbrecht die gesetzliche Erbfolge nach Ordnungen (Parentelen) bestimmt, gelangt ein Verwandter nicht zur Erbfolge, solange ein Verwandter einer vorhergehenden Ordnung vorhanden ist. Dies bedeutet, dass vorrangige Erbenordnungen nachrangige ausschließen. Vom Vorhandensein eines Verwandten ist dann auszugehen, wenn er im Zeitpunkt des Erbfalls lebt oder bereits gezeugt ist und später lebend geboren wird.
Nach dem ebenfalls maßgeblichen Repräsentationsprinzip. schließt der dem Erblasser am nächsten stehende Verwandte durch ihn mit dem Erblasser verwandte eigene Abkömmlinge von der Erbfolge aus. Das Repräsentationsprinzip führt also dazu, dass Kindeskinder durch Kinder von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind.
Der Erblasser hat einen Sohn, der selbst zwei Kinder hat. Diese zwei Enkelkinder des Erblassers werden durch ihren Vater von der Erbfolge ausgeschlossen. Der Vater beerbt seinen Vater, die zwei Enkelkinder werden nicht Erben ihres Großvaters.
Ist jedoch ein gesetzlicher Erbe zum Zeitpunkt ...