Rz. 434

In der Literatur wird das Recht des Verwalters gelegentlich auf "Abwicklungsgeschäfte"[319] beschränkt, während er andere Geschäfte, die jetzt Sache des Erstehers wären, nicht oder nicht ohne dessen Auftrag vornehmen dürfe. Diese Auffassung wird nicht geteilt.

 

Rz. 435

Erkennt man die oben (siehe § 1 Rn 429 ff.) geschilderte Voraussetzung als richtig an, so hat sich durch den Zuschlag an der Verwaltungs- und Benutzungsbefugnis des Verwalters nichts geändert. Er hat insoweit die gleichen Rechte, die er bereits vor dem Zuschlag besaß. Somit ist er im Außenverhältnis legitimiert, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, welche er auch vor dem Zuschlag vornehmen konnte. Er bleibt auch gegenüber dem Ersteher zum Besitz berechtigt.

Hier zeigt sich die Richtigkeit der im Vordringen begriffenen, auch hier vertretenen Neutralitätstheorie,[320] welche den Verwalter unabhängig vom Eigentümer als objektbezogen Handelnder sieht, solange sein Mandat besteht.

 

Rz. 436

Allerdings erlangt er durch den Zuschlag auch keine zusätzlichen Rechte, die er vorher nicht hatte. Ein Sonderkündigungsrecht, wie es § 57a ZVG dem Ersteher zubilligt, hat der Verwalter nie gehabt. Deshalb wird auch – zutreffend – allgemein angenommen, dass er nicht befugt sei, dieses Sonderkündigungsrecht auszuüben. Es steht nur dem Ersteher zu, der zur Ausübung keiner Zustimmung durch den Verwalter bedarf. Dieser muss ihm lediglich auf Verlangen aus seinen Unterlagen und Erkenntnissen die hierfür erforderlichen Informationen liefern. Rechtslehre und Rechtsprechung verwehren ihm allerdings auch die Befugnis, Ansprüche prozessual geltend zu machen, die dem Ersteher zustehen.[321] Nach der hier vertretenen Auffassung müsste das differenziert gesehen werden. Ansprüche, die vom fortdauernden Verwaltungsrecht umfasst werden, müsste er bis zur Aufhebung des Verfahrens auch einziehen dürfen.[322] Ansprüche des Erstehers, die erst nach dem Zuschlag begründet wurden, darf er allerdings nicht verfolgen.

 

Rz. 437

Der Verwalter untersteht auch in der Zeit zwischen Zuschlag und Aufhebung der Aufsicht des Gerichts, das ihm in gleicher Weise Weisungen erteilen kann, wie es dies vor dem Zuschlag konnte. Der Ersteher dagegen kann dem Verwalter keine verbindlichen Weisungen für die Führung der Verwaltung erteilen (aber siehe dazu § 1 Rn 442).

 

Rz. 438

Wenn aber die vorgenannten Befugnisse dem Verwalter noch bis zur Mitteilung der Aufhebung[323] zustehen, ist nicht einzusehen, dass insoweit die Aufhebung "auf den Zuschlag zurückwirke".[324] Damit hätte der Verwalter rückwirkend als "Nichtberechtigter" mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen gehandelt. Welche Folgerung aus dieser angeblichen Rückwirkung für die vom Verwalter vorgenommenen Rechtshandlungen zu ziehen ist, hat bisher noch niemand erklärt. Es handelt sich um eine "Leerformel", die bereits Streuer[325] als nicht ernst gemeint bezeichnet hat und welche Eickmann[326] als solche treffend entlarvt hat: "Dort, wo Aufhebung möglich und nötig ist, gilt diese Formel gerade nicht; dort, wo die Zuschlagswirkung entscheidet, ist eine Aufhebung nicht nötig …". Nur wer nicht einsehen will, dass die Beschlagnahme kein einheitliches Rechtsverhältnis ist und somit ihre Wirkungen durch getrennte Beschlüsse verlieren kann ("Befriedigungsrecht" endet mit Zuschlag; "Verwaltungsrecht" endet mit Aufhebung), benötigt diesen hier inhaltslosen aber leicht misszuverstehenden Begriff "Rückwirkung".

[319] Die Beschränkung auf Abwicklungsgeschäfte hat der BGH (BGHZ 39, 235) als abstrakte Überlegung bezeichnet, welche den Bedürfnissen des Verkehrs nicht gerecht würde. Dabei wurde die Befugnis des Verwalters ausdrücklich nicht auf "nur unaufschiebbare Geschäfte" beschränkt.
[320] Dazu HWFH, § 150a ZVG Rn 18.
[321] Eickmann, ZfIR 2003, 1021, 1025 m.w.N.
[322] Folgende Überlegung: Es ist Rechtsbeschwerde gegen die Zuschlagsentscheidung eingelegt. Mit einer Entscheidung ist erst in Monaten zu rechnen. Nun zahlen die Mieter keine Miete mehr; der Ersteher (dessen Verwandte im Haus wohnen) widerspricht der Mietklage. Hier müsste dem Verwalter die Rechtsverfolgung gestattet werden.
[323] So LG Rostock Rpfleger 2001, 40, für eine Aufhebung aus einem anderen Grund.
[324] Diese Auffassung wird – gestützt auf die wenig aussagekräftige Entscheidung des LG Berlin (NJW 1958, 1544) häufig vertreten; z.B. Stöber, ZVG, § 161 Rn 3.11; Böttcher, § 161 Rn 40; Dassler-Engels, § 161 Rn 45.
[325] Rpfleger 2000, 357.
[326] ZfIR 2003, 1021, 1026 mit Bezug auf Mayer, Rpfleger 1994, 101.

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