Peter Depré, Günter Mayer
Rz. 143
Die Beschlagnahme erfolgt:
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durch Zustellung des Anordnungsbeschlusses an den Schuldner, § 22 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 146 ZVG. Richtet sich die Anordnung gegen mehrere Schuldner, wird sie erst wirksam mit der Zustellung an den letzten von ihnen, wenn die Schuldner in Gesamthandsgemeinschaft eingetragen sind. Bei einer Bruchteilsgemeinschaft kann jeder Bruchteil zu verschiedenen Zeiten beschlagnahmt werden, wenn der Anordnungsbeschluss den Bruchteilern an verschiedenen Tagen zugestellt worden ist und keine frühere einheitliche Beschlagnahme auf eine der beiden nachstehend genannten Weisen erfolgt ist. Diese Frage hat in der Zwangsverwaltung nur selten rechtliche Konsequenzen; |
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durch Eingang des Ersuchens auf Eintragung des Zwangsverwaltungsvermerks beim Grundbuchamt (§ 22 Abs. 1 S. 2 ZVG), wenn die Eintragung des Vermerks "demnächst" erfolgt; |
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auch dadurch, dass der Verwalter den Besitz des Grundstücks erlangt (§ 151 Abs. 1 ZVG), wobei es gleichgültig ist, ob er in den Besitz eingewiesen wurde oder diesen sich selbst verschafft hat (zur Besitzergreifung durch den Verwalter siehe § 2 Rn 555 ff.). |
Rz. 144
Entscheidend ist die zeitlich erste Beschlagnahme, die auf eine der vorgenannten Arten stattgefunden hat.
Beispiel
Grundstückseigentümer sind Anton, Bruno und Cäsar in Erbengemeinschaft. Die Zustellung des Anordnungsbeschlusses erfolgte am 15., 22. und 24.10. Das Ersuchen auf Eintragung des Zwangsverwaltungsvermerks ging am 17.10. beim Grundbuchamt ein und der Vermerk wurde am 19.10. im Grundbuch eingetragen.
Da bei einer Gesamthandsgemeinschaft die Beschlagnahme durch Zustellung des Anordnungsbeschlusses erst ab der Zustellung an den letzten Miteigentümer wirksam wird, wäre sie auf diese Weise erst am 24.10. wirksam geworden. Da aber der Eingang des Eintragungsersuchens am 17.10. gegenüber allen wirkt, ist das Grundstück ab 17.10. beschlagnahmt.
Rz. 145
Hieraus ergibt sich, dass das Datum der Eintragung des Zwangsverwaltungsvermerks den Zeitpunkt der Beschlagnahme nicht verlauten kann und nur zufällig mit diesem identisch ist.
Rz. 146
Grundsätzlich erfolgt für jeden Gläubiger eine individuelle Beschlagnahme, die sein Rechtsverhältnis und evtl. auch seinen Rang im Verfahren bestimmt. Für Verfahrensfragen, insbesondere aber für die wichtige Unterscheidung zwischen laufenden und rückständigen Leistungen (siehe § 1 Rn 319 ff.) entscheidet die zeitlich erste Beschlagnahme im Verfahren – und zwar auch dann, wenn der Gläubiger, zu dessen Gunsten sie erfolgte, bereits aus dem Verfahren ausgeschieden ist, welches ein anderer Gläubiger mit späterer Beschlagnahme weiterführt.
Rz. 147
Im Falle eines Beitritts erfolgt kein neues Ersuchen auf Eintragung eines Zwangsverwaltungsvermerks. Somit scheidet diese Möglichkeit aus. Die Beschlagnahme für den Beitrittsgläubiger erfolgt also zunächst einmal durch Zustellung an den/die Schuldner. Hat der Verwalter bereits den Besitz des Grundstücks erlangt, wird die Beschlagnahme auch durch Zustellung des Beitrittsbeschlusses an den Verwalter wirksam (§ 151 Abs. 2 ZVG). Erfolgen Anordnung und Beitritt so zeitnah, dass der Verwalter noch keinen Besitz erlangt hat, bewirkt seine Besitzergreifung auch die Beschlagnahme zugunsten des Beitrittsgläubigers.
Rz. 148
Ist bereits ein vorläufiges Insolvenzverfahren angeordnet und ein vorläufiger Verwalter nach § 21 Abs. 2 Nr. 1 InsO ("schwacher Verwalter") bestellt und eine Postsperre gegen den künftigen Insolvenzschuldner angeordnet, muss der Anordnungsbeschluss dennoch diesem Schuldner selbst zugestellt werden, wozu das Vollstreckungsgericht anzuordnen hat, dass die Zustellung trotz der Postsperre an den Schuldner zu erfolgen hat.
Zur Zwangsverwaltung gegen den Insolvenzverwalter siehe § 3 Rn 978 ff. Zur Weiterwirkung der Beschlagnahme bei späterer Anordnung der Zwangsversteigerung siehe § 3 Rn 949.