Peter Depré, Günter Mayer
I. Grundsätze
Rz. 307
Die nach Begleichung der "Aufwendungen" (siehe § 1 Rn 237 ff.) und der "öffentlichen Lasten" (siehe § 1 Rn 303) verbleibenden Einkünfte versteht das ZVG als "Überschüsse", welche nach § 155 Abs. 2 ZVG zu verteilen sind. Diese Vorschrift begrenzt die Berechtigung, während § 156 ZVG den Auszahlungsmodus bestimmt. Es ist nun erforderlich, die in Betracht kommenden Positionen einzeln darzustellen.
II. Die Rangklasse 1
Rz. 308
In diese Rangklasse (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG) gehören folgende Forderungen:
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Vorschüsse, welche ein Gläubiger zur Erhaltung und Verbesserung des Grundstücks gegeben hat und die auch für diesen Zweck tatsächlich verwendet worden sind. Es ist für die Rangklasse ohne Bedeutung, ob der Vorschuss direkt an den Verwalter (siehe aber § 1 Rn 292) oder aufgrund einer gerichtlichen Anordnung gezahlt wurde. Diese Regelung ist sinnvoll (siehe § 1 Rn 312), obwohl der Verwalter die fraglichen Kosten kennt. Wegen des Vorrechtes bei gleichzeitiger Zwangsversteigerung siehe in § 2 (vgl. § 2 Rn 792); bei Wohnungseigentum siehe im Folgenden (vgl. § 1 Rn 489). |
Rz. 309
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Zinsen im Umfang des § 155 Abs. 3 ZVG für einen Gläubiger, der einen solchen Vorschuss gegeben hat. Die dort gegebene Umschreibung des begünstigten Zwecks deckt sich mit der Regelung in § 10 Abs. 1 Nr. 1 ZVG. |
Rz. 310
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Anschaffung von Düngemittel, Saatgut, Futtermittel, welche
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vom Zwangsverwalter oder vom Schuldner-Verwalter mit Zustimmung der Aufsichtsperson |
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im Rahmen der bisherigen Wirtschaftsweise |
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zur ordnungsgemäßen Aufrechterhaltung des Betriebs |
vorgenommen wurde (§ 155 Abs. 4 ZVG), sowie die Kredite, welche zu diesem Zweck in üblicher Weise aufgenommen werden mussten. |
Rz. 311
Die Vergütung des Zwangsverwalters kann nur ausnahmsweise zu den bevorrechtigten Aufwendungen des § 10 Abs. 1 Ziff. 1 ZVG gehören, wenn die Zwangsverwaltung notwendig war, um das Grundstück für die Zwangsversteigerung zu erhalten oder wiederherzustellen.
Rz. 312
Nach der hier vertretenen Auffassung gehören diese Vorschüsse deshalb nicht zu den "Aufwendungen", welche der Verwalter ohne weiteres (= vor der Bildung von "Überschüssen") aus den Einnahmen begleichen darf. Es besteht Anmeldepflicht für das Verteilungsverfahren, da diese Kosten der gerichtlichen Prüfung im Verteilungstermin und der Möglichkeit eines Widerspruchs seitens der Beteiligten unterstellt werden sollen.
Rz. 313
Die Rangklasse 1a kann in der Zwangsverwaltung nicht vorkommen (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a ZVG).
III. Die Rangklasse 2
Rz. 314
Falls es sich bei dem verwalteten Objekt um Wohnungseigentum etc. handelt, auf welches das WEG anzuwenden ist, werden an dieser Rangstelle gewisse Forderungen der Eigentümergemeinschaft bedient (Einzeldarstellung aus Gründen des Sachzusammenhanges siehe § 1 Rn 489 ff.). Für andere Objekte kann an dieser Rangstelle nichts anfallen.
IV. Die Rangklasse 3
Rz. 315
In diese Rangklasse gehören die laufend wiederkehrenden öffentlichen Lasten, somit die letzte Fälligkeit vor der Beschlagnahme (§ 13 ZVG; siehe dazu § 1 Rn 318 ff.). Sie können auf Bundes- oder Landesrecht beruhen und haben unter sich gleichen Rang. Obwohl es sich also im Grundsatz um Rangklasseforderungen handelt, werden sie wegen § 156 ZVG ohne Aufnahme in den Teilungsplan gezahlt. Wegen der ZVG-widrigen Vermischung mit den Aufwendungen hat der Verwalter damit zumindest dann keine Probleme, wenn er die öffentlichen Lasten entweder generell als "Aufwand" (§ 155 Abs. 1 ZVG) sieht oder sie zumindest wegen § 156 ZVG "wie Aufwand" bezahlen will. Deshalb kann auf die früheren Darstellungen verwiesen werden:
Rz. 316
Eine wichtige Forderung der RK 3 ist die Grundsteuer. Sie wird (§ 28 GrStG) regelmäßig in der Quartalsmitte fällig. Für Kleinbeträge bis 15 EUR kann die Satzung jährliche Fälligkeit am 15.8. vorsehen; für solche bis 30 EUR halbjährliche Fälligkeit am 15.2. und 15. 8. Diese Fälligkeiten sind für den Zwangsverwalter bei der Feststellung nach § 13 ZVG verbindlich. Hat jedoch die Gemeinde dem Schuldner auf Antrag für andere Summen individuell Jahresfälligkeit zugestanden (§ 28 Abs. 3 GrStG), bedarf es zur Verbindlichkeit gegenüber dem Verwalter eines förmlichen Verwaltungsaktes (Bescheid) vor der Beschlagnahme gegenüber dem Schuldner. Eine mündliche Gestattung ist dem Verwalter gegenüber wirkungslos. Allerdings kann auch der Verwalter mit der Gemeinde eine solche Fälligkeit vereinbaren.