Peter Depré, Günter Mayer
I. Grundsatz
Rz. 415
Das ZVG enthält keine ausdrückliche Regelung für die Beendigung der Zwangsverwaltung nach erfolgtem Zuschlag. Nach der hier vertretenen Auffassung sah man im Gesamtsystem eine genügende Rechtsgrundlage, besonders mit Rücksicht auf die Vorschriften über die Wirkung des Zuschlags (für die "materiellen" Fragen) und § 161 Abs. 4 ZVG (für die "Verstrickung"). Der andauernde Streit, der offenbar auch schon sehr früh begonnen hat, beruht nach der hier vertretenen Auffassung auf einer nicht konsequenten Anwendung der vom Gesetzgeber zur Verfügung gestellten Regelungen.
Rz. 416
Weitgehende Einigkeit besteht wohl darüber, dass
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für die Aufhebung neben dem Zuschlag eine besondere gerichtliche Entscheidung mit konstitutiver Wirkung erforderlich ist und |
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dass diese Entscheidung erst nach Rechtskraft des Zuschlagsbeschlusses ergehen darf (siehe dazu auch § 1 Rn 419). |
Rz. 417
Umstritten oder zumindest ungeklärt sind aber insbesondere:
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Hat der Zuschlag vor Aufhebung des Verfahrens Einfluss auf das Besitzrecht des Zwangsverwalters? |
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der Wirkungszeitpunkt der Aufhebung bezüglich des Versteigerungsobjektes; |
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die Rechtsstellung des Verwalters zwischen Zuschlag und Aufhebung; |
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die Wirkung der Aufhebung auf die bisher beschlagnahmten, aber nicht versteigerten Gegenstände. |
Für diese Fragen soll nun eine Antwort gefunden werden.
II. Die Tätigkeit des Gerichts
1. Die Ausgangslage
Rz. 418
Mit dem Zuschlag wird der Ersteher Eigentümer des Grundstücks und der mitversteigerten Gegenstände (§ 90 ZVG), falls der Zuschlag nicht im Beschwerdeweg aufgehoben wird. Sein Eigentum ist also zwischen Zuschlag und Rechtskraft "temporär in der Schwebe" (Eickmann) und dieses Eigentum gilt als nie erworben, wenn der Beschluss rechtskräftig aufgehoben wird. Insoweit wirkt die Rechtskraft "auf den Zuschlag zurück".
Aus Sicht der Beteiligten der Zwangsverwaltung hat somit der Zuschlagsbeschluss nur eine einzige Wirkung. Er beseitigt das Befriedigungsrecht des Gläubigers an den Erträgen der Zwangsverwaltung, die auf die Zeit nach dem Zuschlag fallen. Da aber das Besitz- und Verwaltungsrecht des Zwangsverwalters vom Fortbestand der materiellrechtlichen Beschlagnahme (= Befriedigungsrecht des Gläubigers) unabhängig weiter besteht, wird es vom Zuschlag nicht berührt und kann nur durch eine Entscheidung, welche im Zwangsverwaltungsverfahren zu ergehen hat, beseitigt werden.
Rz. 419
Von dieser Überlegung ausgehend bestimmt – zutreffend – die allgemeine Meinung, dass das Gericht die Zwangsverwaltung erst aufheben darf, wenn der Zuschlagsbeschluss rechtskräftig geworden ist. Diese Zeit der Ungewissheit wird kaum mehr als drei bis vier Wochen betragen, wenn kein Rechtsbehelf eingelegt wird. Sie kann sich aber sehr verlängern, wenn einer der Beteiligten den Zuschlag anficht und das Landgericht nicht unverzüglich über den Rechtsbehelf entscheidet. Wird gegen diese Entscheidung des Landgerichts die Rechtsbeschwerde neuer Fassung zugelassen, können Monate vergehen, bis der Ersteher sicherer Eigentümer geworden ist.
Rz. 420
Gelegentlich wird zur Rechtfertigung einer sofortigen Aufhebung auf den Schutz des § 94 ZVG verwiesen und vorgeschlagen, diese Regelung häufiger anzuwenden. Dabei wird übersehen, dass diese Vorschrift keinen der Zwangsverwaltung entsprechenden Schutz gewährt. Sie schützt nur vor den Folgen der Nichtzahlung des Meistgebotes, nicht aber vor den Folgen einer Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses durch das Beschwerdegericht. Außerdem ist das Verfahren nach § 94 ZVG bezüglich der Vergütung des Zwangsverwalters ein eigenes Verfahren. Er erhält also meist die Mindestgebühr, welche nach allgemeiner Meinung vom Ersteher zu tragen ist, während er nach überwiegender Auffassung die anteilige Vergütung des Verwalters zwischen Zuschlag und Aufhebung nicht zu tragen hat (siehe dazu § 1 Rn 455); wegen des Verfahrens zu § 94 ZVG allgemein siehe unten (vgl. § 4 Rn 1044 ff.).
Rz. 421
Ein böswilliger Ersteher könnte also das Meistgebot hinterlegen (und damit den Schutz des § 94 ZVG beenden), sodann den Besitz ergreifen, die Wohnung verwüsten, mitversteigertes Zubehör entfernen oder "Mietnomaden" in die Wohnung setzen und sich nach Aufhebung des Zuschlagsbeschlusses das hinterlegte Meistgebot wieder auszahlen lassen.
Auch könnte die aufgehobene Zwangsverwaltung mit Rückwirkung nicht wieder hergestellt werden, sondern müsste mit allen Konsequenzen neu angeordnet werden.
Rz. 422
Auch das Argument, dass bei einer Zwangsversteigerung ohne Zwangsverwaltung ein solcher Schutz nicht bestünde, geht fehl. In diesem Fall hat der Schuldner auch noch nac...