Peter Depré, Günter Mayer
Rz. 752
Ist das Grundstück ganz oder teilweise an einen umsatzsteuerpflichtigen Gewerbetreibenden oder umsatzsteuerpflichtigen Freiberufler ("Unternehmer") vermietet und wird es von diesem für sein Unternehmen benutzt, kann die Miete auf dem Wege der Option (§ 9 Abs. 2 UStG) umsatzsteuerpflichtig werden. Denkbar sind zwei Fälle:
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Der Schuldner hat bereits vor Anordnung der Zwangsverwaltung für die Besteuerung optiert. In diesem Fall ist der Verwalter an die Option gebunden. |
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Der Verwalter prüft und beschließt selbst, künftig zur Steuerpflicht zu optieren. Damit bindet er den Schuldner zehn Jahre lang (§ 15a Abs. 1 UStG) an die Option; d.h. der Schuldner müsste Vorsteuererträge zurückzahlen, wenn er vor Ablauf dieser zehn Jahre wieder zur Nichtbesteuerung zurückkehren würde. |
Rz. 753
Welchen Sinn hat die Option? Voraussetzung für eine sinnvolle Option ist, dass
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der gewerbliche Mieter laut Mietvertrag oder neuer Sondervereinbarung zusätzlich zur Miete die hierauf entfallende Umsatzsteuer zahlt |
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und für dieses Objekt mit Umsatzsteuer belastete Aufwendungen vorhanden sind. |
Je größer die Steueranteile in den Aufwendungen sind, umso mehr lohnt sich die Option. Eine solche Option ist nur noch möglich, wenn das gesamte Objekt an solche Mieter vermietet werden soll, die steuerbare Umsätze erzielen. Wird also z.B. eine Werkstatt und eine Wohnung im gleichen Objekt vermietet, kann insgesamt keine Option erfolgen. Dies kann anders sein, wenn im Rahmen einer Zwangsverwaltung getrennte Gebäude noch dazu auf verschiedenen Grundstücksflächen einmal nur als Wohnungen und einmal nur an Mieter mit steuerbaren Umsätzen vermietet wird (dazu aber siehe § 1 Rn 513, § 2 Rn 766).
Rz. 754
Der wirtschaftliche Sinn der Option sei an einem Beispiel erklärt:
Beispiel
Der Zwangsverwalter hat die zu vermietenden Gewerberäume mit einem Aufwand von netto 20.000 EUR zuzüglich 3.800 EUR Umsatzsteuer vor der Vermietung herrichten müssen. Nunmehr vermietet er sie an einen Rechtsanwalt zu einer monatlichen Miete von netto 1.000 EUR zuzüglich 19 % MwSt. = 190 EUR. Er optiert zur Umsatzsteuer. Das Beispiel geht davon aus, dass er zu monatlichen Voranmeldungen (siehe § 2 Rn 757) verpflichtet ist.
Im ersten Monat ergibt sich für ihn:
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Mieteinnahmen 1.000 EUR zzgl. 190 EUR Umsatzsteuer; Steuerpflicht: 190 EUR |
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anrechenbare Vorsteuer: 3.800 EUR |
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vom Finanzamt zurück: 3.610 EUR. |
In den nächsten Monaten muss er – falls keine neuen steuerbelasteten Aufwendungen angefallen sind – die jeweils eingenommenen 190 EUR an das Finanzamt weiterleiten. Auch der Mieter (Rechtsanwalt) hat durch die Option keinen Schaden, da die 190 EUR gegenüber seinen Umsätzen aus der Anwaltstätigkeit "Vorsteuer" sind.
Rz. 755
Die Einnahmen aus der Option sind beschlagnahmt und gehören zu den Einnahmen aus der Vermietung; sie werden also bei der Vergütung den Mieteinnahmen zugerechnet. Das Finanzamt ist nicht berechtigt, mit Steuerschulden des Schuldners aufzurechnen (siehe § 2 Rn 771). Gläubiger können den Anspruch gegenüber dem Finanzamt mit einem Titel gegen den Schuldner nicht pfänden. Für den Schuldner sind es "Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung", die er in seiner persönlichen Steuererklärung angeben und versteuern muss. Deshalb sollte der Verwalter diese Einnahme ausdrücklich als solche im Jahresbericht ausweisen.