Peter Depré, Günter Mayer
a) Grundsatz
Rz. 628
Die vom Verwalter eingezogenen Miet-Nebenkosten sind nach der hier vertretenen Auffassung (siehe § 1 Rn 137,138) nicht beschlagnahmt, da sie nicht zur Befriedigung des Gläubigers dienen (also nicht nach § 155 ZVG verwendet werden dürfen). Das Inkassorecht des Zwangsverwalters beruht – weder für die Miete noch für die Nebenkosten – auf deren Beschlagnahme, sondern auf seiner von der Beschlagnahme des Grundstücks (!) abgeleiteten Verwaltungsbefugnis. Diese Befugnis erlaubt ihm, die Gesamtzahlung beim Mieter aufgrund des einheitlichen Mietvertrages einzufordern und zwar ohne Rücksicht auf die Frage der Beschlagnahme, an welcher der Mieter ohnehin nicht beteiligt ist.
Rz. 629
Der Zwangsverwalter nimmt also aufgrund seines Verwaltungsrechtes gegenüber dem Mieter die Rechtsposition des Vermieters ein. Wegen § 152 Abs. 2 ZVG ist es hierbei gleichgültig, ob er den Mietvertrag vorgefunden oder selbst abgeschlossen hat. Er wird zunächst einmal die Zähler für Wasser, Gas und Strom ablesen. Soweit die Mietwohnung mit eigenen Zählern ausgestattet ist, soll dort auch eine Zwischenablesung vorgenommen werden. Nach der hier vertretenen Auffassung ist der Mieter verpflichtet, dies zu dulden. Dies kann jedoch (siehe § 2 Rn 628) nicht mit dem Anordnungsbeschluss vollstreckt werden. Klage, evtl. einstweilige Verfügung, ist bei Weigerung erforderlich.
b) Nebenkosten während der Dauer der Verwaltung
Rz. 630
Ist das Mietverhältnis zum Zeitpunkt der Beschlagnahme bereits beendet, trifft den Verwalter keine Pflicht, die vom Schuldner versäumte Abrechnung der Nebenkosten nachzuholen. Der Mieter muss sich deshalb an den bisherigen Eigentümer wenden.
Rz. 631
Abschläge auf die Nebenkosten kann der Zwangsverwalter nur verlangen, wenn dies im Mietvertrag vereinbart ist. Anderenfalls erfolgt deren Abrechnung nach Ablauf der Periode des § 556 Abs. 3 BGB. Ist keine Zahlung der Nebenkosten vereinbart (Warmmiete), kann auch der Verwalter ein künftiges Verlangen nicht durchsetzen (wegen der Nebenkosten der Schuldnerwohnung siehe § 2 Rn 573).
Rz. 632
Normalerweise erfolgt die Anordnung der Zwangsverwaltung während der jährlichen Abrechnungsperiode, die sich aus dem Mietvertrag ergibt (556 Abs. 3 BGB). Dies ist oft, aber nicht zwingend, das Kalenderjahr. Der Verwalter hat diese Abrechnung vorzunehmen. Er wird versuchen, vom Schuldner Unterlagen zu erhalten, aus denen sich ergibt, was dieser bereits aus den von ihm eingenommenen Abschlägen bezahlt hat. Zwangsweise Wegnahme mit dem Anordnungsbeschluss als Titel wäre möglich (siehe § 2 Rn 561). Evtl. kommt der Verwalter aber schneller zu den von ihm benötigten Zahlen, wenn er sich bei Gemeinden (Grundsteuer) und Versorgern (Gas, Wasser, Strom) erkundigt, wie hoch die das Objekt betreffenden Abschläge sind und ob sie bezahlt wurden. Der Verwalter handelt "unverschuldet" im Sinne des § 556 Abs. 3 BGB, wenn er statt gegen den Schuldner vorzugehen, unverzüglich bei den "Lieferanten" anfragt und deren Antwort abwartet. Das Verschulden des Eigentümers muss er sich nicht nach § 166 BGB anrechnen lassen, weshalb die Mieter kein Zurückbehaltungsrecht auf die Vorauszahlungen haben, wenn der Verwalter deshalb zu spät abrechnet. Ein bereits vorher gegenüber dem Schuldner entstandenes Zurückbehaltungsrecht muss der Verwalter aber gegen sich gelten lassen, wenn es jetzt gegen ihn geltend gemacht wird. Der Versuch, beim Schuldner die Herausgabe eines Überschusses zu erreichen, ist zulässig, aber meist aussichtslos.
Rz. 633
Ergibt dieser erste Überblick, dass der zwischen Schuldner und Mieter angesetzte Abschlag zu niedrig ist, kann der Verwalter auch innerhalb der laufenden Abrechnungsperiode eine Erhöhung verlangen, sogar dann, wenn eine zurückliegende, bereits abgelaufene, Abrechnungsperiode noch nicht abgerechnet und jetzt von Verwalter abzurechnen ist. Entscheidend ist, dass überhaupt eine abgerechnete Periode als Grundlage für das Begehren vorhanden ist. Eine rückwirkende Erhöhung der Abschläge ist nicht zulässig. Wendet der Mieter mangelnde Wirtschaftlichkeit (§ 556 Abs. 3 BGB) ein, trägt er hierfür die Darlegungs- und Beweislast.
Rz. 634
Nach Ablauf des Rechnungsjahres erstellt der Verwalter dem Mieter eine Abrechnung über die Nebenkosten, welche der BetrKV und der HeizkostenVO in der jeweilig...