1. Es ist bereits ein Titel vorhanden

 

Rz. 712

Hat der Schuldner bereits einen Vollstreckungstitel gegen einen Dritten erstritten und handelt es sich bei der titulierten Forderung um eine solche, die jetzt der Zwangsverwaltung unterliegt, kann der Verwalter sich eine auf seinen Namen lautende Vollstreckungsklausel (§ 727 ZPO) verschaffen und die Vollstreckung einleiten und durchführen.

 

Rz. 713

Umgekehrt kann ein Titel gegen den Verwalter umgeschrieben und zum Zwecke der Zwangsvollstreckung in die Verwaltungsmasse verwendet werden, wenn die Forderung des Dritten auf einem Rechtsverhältnis beruht, welches jetzt der Verwalter zu wahren hat; z.B. ein Urteil auf Vornahme einer Reparatur der Mietsache.[173] Mit einem nur gegen den Schuldner lautenden Titel kann in die Verwaltungsmasse nicht vollstreckt werden, auch wenn sich die titulierte Forderung sachlich auf die Verwaltungsmasse bezieht. Allerdings kann wegen einer solchen Forderung weiterhin gegen den Schuldner in dessen "sonstiges" Vermögen vollstreckt werden. Somit können beide Klauseln nebeneinander bestehen.[174]

Eine persönliche Haftung des Verwalters für die Kosten eines verlorenen Rechtsstreits kommt nur in Betracht, wenn er diesen Prozess "ins Blaue" – also grob fahrlässig – geführt hat.[175] Nach der hier vertretenen Auffassung kommt eine solche Haftung aber auch in Betracht, wenn er ohne kostendeckende Rücklage und ohne Rücksprache mit dem Gläubiger den Prozess führt und der Antrag auf Zwangsverwaltung zurück genommen wird.

 

Rz. 714

Eine erfolgreiche Zwangsvollstreckung in die Masse setzt voraus, dass Masse vorhanden ist. Der Anspruch des Zwangsverwalters gegen den Gläubiger auf Leistung eines Vorschusses kann nach der hier vertretenen Auffassung nicht gepfändet werden. Soweit allerdings der Verwalter verpflichtet ist (siehe § 2 Rn 648), die Forderung zu erfüllen (z.B. die Reparatur vornehmen zu lassen), kann er vom Vollstreckungsgericht auf Anregung des Mieters dazu angehalten werden, beim Gläubiger den erforderlichen Vorschuss einzufordern.

 

Rz. 715

Der Schuldner als Zwangsverwalter (siehe § 1 Rn 124 ff.) kann durch seine Berufung keine besseren Rechte erlangen, als er bisher hatte. Somit ist auch nach der Anordnung der Zwangsverwaltung ein für oder gegen ihn lautender Titel grundsätzlich vollstreckbar. Allerdings kann er der Vollstreckung eines Titels für eine nicht gegen die Masse gerichtete Schuld (persönliche Forderung) in einen beschlagnahmten Gegenstand gemäß § 771 ZPO widersprechen. Umgekehrt muss er eine beschlagnahmte – bereits titulierte – Forderung zugunsten der Masse einziehen und darf sie nicht für sich behalten.

[173] Nach der hier vertretenen Auffassung (missverständlich: Dassler-Engels, § 152 Rn 236) kann mit einem Titel gegen den Zwangsverwalter in die Verwaltungsmasse vollstreckt werden, da die Kosten eines verlorenen Rechtsstreits "Aufwand" i.S.d. § 155 Abs. 1 ZVG sind. Allerdings wird einer solchen Vollstreckung wohl das Rechtsschutzbedürfnis fehlen, wenn der Kostengläubiger nicht vorher versucht, eine Anweisung des Vollstreckungsgerichts auf Begleichung der Schuld (aus der Masse oder einem Gläubiger-Vorschuss) zu erlangen.
[174] Es handelt sich also bei der Klausel gegen den Verwalter um eine "titelerweiternde" und nicht um eine "titelübertragende" Klausel.
[175] BGH ZinsO 2003, 657.

2. Klage ist anhängig

 

Rz. 716

Ist bezüglich eines der Verwaltung unterliegenden Anspruchs zwischen dem Schuldner und einem Dritten bereits eine Klage anhängig, wurde früher in der Literatur die Auffassung vertreten, der Prozess werde in analoger Anwendung von § 239 oder § 240 ZPO unterbrochen. Diese Auffassung hat sich angesichts der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht durchgesetzt.

 

Rz. 717

Die Rechtsprechung des BGH[176] geht von einer analogen[177] Anwendung des § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO aus, da ein Wegfall der "Sachbefugnis" die "Prozessführungsbefugnis" nicht berühre. Die Instanzgerichte[178] sind dieser Spruchpraxis des BGH gefolgt und auch die neuere Literatur[179] vertritt nun diese Auffassung.

 

Rz. 718

Da also keine Unterbrechung des Rechtstreits erfolgt, der Schuldner aber (siehe § 2 Rn 705) die Prozessführungsbefugnis verliert, müsste eigentlich die Klage als unzulässig abgewiesen werden. Nach derzeitigem Rechtstand lässt sich das Problem nur über die gewillkürte Prozess-Standschaft lösen, was zu drei verschiedenen Folgen führen kann.

 

Rz. 719

Stimmt der Prozessgegner dem Eintritt des Zwangsverwalters als Partei zu (§ 265 Abs. 2 ZPO), kann der Rechtstreit weitergeführt werden. Erfolgt keine Zustimmung, kann das Gericht den Eintritt als "sachdienlich" dennoch zulassen (§ 263 ZPO). Auf Rüge der Gegenseite kann die Klage auf Leistung oder Herausgabe an den Zwangsverwalter umgestellt werden, wenn das Gericht den Eintritt nach § 263 ZPO nicht zulässt.[180]

Mit Rücksicht auf diese Unsicherheit kann sich der Erlass eines Zahlungsverbotes (§§ 22 Abs. 2, 151 Abs. 3 ZVG) empfehlen.[181]

 

Rz. 720

Scheidet der Zwangsverwalter aus dem Amt aus, hat dies keine prozessuale Folge, da das Gericht sofort einen neuen Verwalter bestell...

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