I. Voraussetzung und Zweck

 

Rz. 1044

Mit Wirksamkeit (regelmäßig also mit Verkündung) des Zuschlagsbeschlusses erwirbt der Ersteher nicht nur das Eigentum am Grundstück (das Grundbuch wird unrichtig), sondern auch an den Gegenständen, auf welche sich die Versteigerung erstreckte (§ 90 ZVG). Es kommt also für den Eigentumserwerb nicht auf die Bezahlung des Meistgebotes an. Somit wäre er in der Lage, als Berechtigter zu verfügen; zwar nicht über das Grundstück, da § 130 ZVG die Eintragung seiner Verfügung verhindern würde, aber über die mitversteigerten Gegenstände. Außerdem könnte er legal und mit staatlichem Zwang (§ 93 ZVG) den Besitz des Grundstücks ergreifen und durch tatsächliche (ernten, Bäume abholzen, Gebäude abreißen etc.) und rechtliche Maßnahmen (Kündigung günstiger Mietverträge) Schaden anrichten. Dieser Schaden würde nicht ihn, sondern die Beteiligten des Verfahrens treffen, wenn er

überhaupt nicht (Zuschlagsbeschluss wird aufgehoben) oder
nur für eine Übergangszeit (Wiederversteigerung wegen Nichtzahlung des Meistgebotes)

Eigentümer würde.

 

Rz. 1045

Deshalb ist vorgesehen, dass bis zur Beendigung des vorgenannten Risikos eine gegen den Ersteher gerichtete Verwaltung nach (einigen) Regeln der Zwangsverwaltung (§ 94 ZVG) angeordnet werden kann. Die Vorschrift wirft aber eine Reihe noch nicht befriedigend gelöster Fragen auf.

II. Antrag und Entscheidung

 

Rz. 1046

Den Antrag kann jeder Beteiligte (§ 9 ZVG, also nicht nur ein Gläubiger) stellen, der aus dem baren Meistgebot eine Zuteilung im Verteilungstermin zu erwarten hat, weil diese durch Zeitablauf und ein geringeres Meistgebot bei Wiederversteigerung gefährdet ­wäre.

Daraus ergibt sich, dass folgende Beteiligte kein Antragsrecht haben:

Beteiligte, welche nur ein bestehen bleibendes Recht ohne Zuteilung aus dem Bargebot haben;
Beteiligte, deren Anspruch an das Bargebot von der Sicherheitsleistung des Erstehers voll gedeckt ist und
Beteiligte, welche aufgrund ihres Nachranges auch bei planmäßiger Zahlung des Meistgebotes nichts zu erwarten haben (was der Rechtspfleger notfalls sofort überschlägig berechnen muss).
 

Rz. 1047

Dem Schuldner wird allgemein kein Antragsrecht zugesprochen, wenn er nicht ausnahmsweise einen Anspruch auf Zahlung aus dem Bargebot hat. Dies mag dem Wortlaut des § 94 ZVG entsprechen; sachgemäß ist es nicht. Der Schuldner ist durch das Missverhalten des Erstehers in doppelter Weise gefährdet. Für den Fall, dass der Zuschlag vom Rechtsmittelgericht versagt und das Verfahren anschließend aufgehoben wird, bleibt ihm gegebenenfalls ein stark beschädigtes Eigentum zurück. Im Falle der Nichtzahlung und Wiederversteigerung wird er von geringeren Verbindlichkeiten frei, als dies bei planmäßiger Zahlung der Fall gewesen wäre. Der von der Verfassung garantierte Schutz des Eigentums gebietet es nach der hier vertretenen Auffassung, § 94 ZVG verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass auch der Schuldner den Antrag stellen kann.

 

Rz. 1048

Den Antrag können mehrere Beteiligte stellen, wenn sie die vorgenannten Voraussetzungen erfüllen. Dies kann von Bedeutung sein, wenn der Ersteher nur einen Teil des Meistgebotes hinterlegt.

 

Rz. 1049

Der Antrag kann und sollte im Versteigerungstermin gestellt werden; am besten in der Verhandlung über den Zuschlag. Zugelassen wird er frühestens zusammen mit dem Zuschlagsbeschluss (oder im unmittelbaren Anschluss an dessen Verkündung). Das Gericht ordnet die Zwangsverwaltung an und bestellt einen Verwalter. Diesen kann es auch später bestellen; im Termin wird dies nur möglich sein, wenn der Antrag angekündigt war oder der Rechtspfleger Leute (insbesondere Rechtsanwälte) kennt, die jederzeit bereit sind, Zwangsverwaltungen zu übernehmen.

 

Rz. 1050

Ist bereits eine "echte" Zwangsverwaltung anhängig oder eine Sicherungsverwaltung nach § 25 ZVG, ersetzt dies wegen anderer Zielrichtung die Anordnung nicht. Allerdings sollte der gleiche Verwalter bestellt werden (zur Konkurrenz zwischen § 25 und § 94 ZVG siehe § 4 Rn 1042).

III. Aufgaben des Verwalters

 

Rz. 1051

Es sind alle Vorschriften über die Zwangsverwaltung anwendbar, welche mit dem Sicherungszweck zu vereinbaren sind, also nicht die Vorschriften über die Befriedigung des Gläubigers. Somit muss der Verwalter – notfalls mit Hilfe eines Gerichtsvollziehers – das Grundstück in Besitz nehmen und die Mieter etc. – wie auch sonst üblich – verständigen. Er zieht alle Zahlungen ein und bestreitet hieraus die Aufwendungen, welche auch ein Zwangsverwalter nach § 155 Abs. 1 ZVG bestreiten müsste; also insbesondere Prämien der Sachversicherungen. Auch zahlt er die laufenden wiederkehrenden Leistungen nach § 156 Abs. 1 ZVG. Diese Zahlung erfolgt zunächst aus den Einnahmen. Sind solche nicht vorhanden, zahlt er sie aus dem Gläubiger-Vorschuss.

 

Rz. 1052

Reichen die Einnahmen zur Begleichung der Aufwendungen (§ 155 Abs. 1 und § 156 Abs. 1 ZVG) nicht aus, hat er einen Anspruch auf Vorschuss des Antragstellers, deren Verweigerung Aufhebungsgrund nach § 161 Abs. 3 ZVG wäre.

 

Rz. 1053

Überschüsse soll er nach allgemeiner Meinung gemäß einem aufzustellenden Teil...

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