12.2.1 "Rheinische Tabelle" und "Möhring’sche Tabelle"
Rz. 77
Die früher in der Praxis vorwiegend angewandte "Rheinische Tabelle" ist unpopulär geworden. Die damaligen Richtsätze tragen weder der Veränderung der heutigen wirtschaftlichen Verhältnisse Rechnung noch erfasst die Tabelle anders gelagerte Testamentsvollstreckungen als nur "Normalfälle und glatte Abwicklungen". Im Schrifttum werden daher Zuschläge zu den Tabellensätzen von bis zu 50 % gefordert. Auch wurde die Tabelle nach der Abschaffung der Reichsmark 1:1 in Deutsche Mark umgerechnet; die Anpassung an den Euro darf ebenfalls bei der Anwendung nicht vergessen werden.
Demgegenüber führt die noch heute angewandte "Möhring’sche Tabelle", die eine Vergütung zwischen 7,5 % bei kleinen und 3 % bei größeren Nachlässen vorsieht, oftmals aufgrund der teilweise hohen Gebühren zum Streit mit den Erben.
Alle Tabellenwerte stellen die Bruttovergütung dar, von der der Testamentsvollstrecker die Umsatzsteuer abzuführen hat.
12.2.2 Empfehlungswerte des Deutschen Notarvereins
Rz. 78
Um etwaige Streitigkeiten um die Angemessenheit der Vergütung zwischen dem Testamentsvollstrecker und den Erben zu reduzieren, hat der Deutsche Notarverein die "Rheinische Tabelle" fortentwickelt und Empfehlungswerte zur Vergütung der Tätigkeit des Testamentsvollstreckers entwickelt (sog. "Neue Rheinische Tabelle"). Abweichende Vergütungsvereinbarungen sind aufgrund individueller Vereinbarung dennoch möglich.
Bei der "Neuen Rheinischen Tabelle" werden neben einem fixen Vergütungsgrundbetrag variable Zuschläge für die einzelnen Tätigkeiten vorgesehen, damit die Vergütung der individuellen Arbeit und Verantwortung auch dem konkreten Fall angepasst wird. Die Tabelle soll als Anhaltspunkt, nicht aber rein "schematisch" herangezogen werden.
In jüngerer Zeit fordert die Arbeitsgemeinschaft Testamentsvollstreckung und Vermögenssorge e. V. (AGT) alternative Vergütungsformen und grundsätzlich wieder eine intensivere Befassung mit der angemessenen Vergütung des Testamentsvollstreckers.
12.2.2.1 Einfache Testamentsvollstreckung (Abwicklungsvollstreckung)
Rz. 79
Liegt eine "einfache" Testamentsvollstreckung (= Nachlassverwaltung bis zur Abwicklung der erbschaftsteuerlichen Fragen einschließlich der Freigabe des Nachlasses an die Erben und sonstigen Bedachten) vor, deckt der Vergütungsgrundbetrag die Tätigkeit des Testamentsvollstreckers ab. Dieser sogenannte Vergütungsgrundbetrag richtet sich nach der Schwierigkeit der Verwaltung und Abwicklung.
Bemessungsgrundlage für den Vergütungsgrundbetrag ist der am Todestag des Erblassers bestehende Bruttowert des Nachlasses. Verbindlichkeiten sind nur dann vom Nachlassbruttowert abzuziehen, wenn der Testamentsvollstrecker nicht mit den Verbindlichkeiten befasst ist.
Da es in vielen Fällen zweckmäßig ist, die Arbeit des Testamentsvollstreckers mit einem entsprechenden Prozentsatz des betroffenen Vermögens zu vergüten, hat der Deutsche Notarverein hierzu eine Vergütungsregelung mit einem Prozentsatz von 1,5 bis 4 Prozent des Bruttonachlasswertes vorgeschlagen, die sich in der Praxis für den Testamentsvollstrecker einerseits und die Erben andererseits wie folgt bewährt hat:
- 4 % des Bruttonachlasswertes bis 250.000 EUR
- 3 % des Bruttonachlasswertes bis 500.000 EUR
- 2,5 % des Bruttonachlasswertes bis 2.500.000 EUR
- 2 % des Bruttonachlasswertes bis 5.000.000 EUR
1,5 % des Bruttonachlasswertes über 5.000.000 EUR
Quelle: https://www.dnotv.de/wp-content/uploads/2022/08/TVV_Neues-Layout-und-Logo-Gesamt.pdf
Vergütung bei Abwicklungsvollstreckung
Beläuft sich beispielsweise der Nachlasswert auf 260.000 EUR, dann beträgt der Grundbetrag 10.000 EUR (= 4 % aus 250.000 EUR) und nicht – wie man bei schematischer Anwendung vorstehender Aufzählung annehmen könnte 7.800 EUR (3 % aus 260.000 EUR). Denn nach den Vorgaben des Deutschen Notarvereins bemisst sich die Höhe des Vergütungsgrundbetrages mindestens nach dem höchsten Betrag der Vorstufe.
12.2.2.2 Dauertestamentsvollstreckung bzw. -verwaltung
Rz. 80
Für den Fall, dass über die Abwicklung des Nachlasses hinaus eine Dauertestamentsvollstreckung bzw. -verwaltung angeordnet ist, kann der Testamentsvollstrecker zunächst eine Gebühr für die Ermittlung und Bewertung des Nachlasses verlangen.
Verwaltet der Testamentsvollstrecker den Nachlass über längere Zeit, ist ein jährlicher Betrag in Höhe von 0,3 bis 0,5 % des Nachlassbruttowerts angemessen. Die Gebühr kann aber auch 2 bis 4 % des Bruttoertrags des Nachlasses betragen. Auch sie ist jährlich zu zahlen.